Bericht vom 36. Prozesstag (20.04.2009)
Der 36. Prozesstag war kurz, er begann um 14 Uhr und endete bereits um 15.37 Uhr. Dennoch war er sehr ereignisreich.
Stellungnahme der BAW
Zu Beginn der Verhandlung stellte der Richter Hoch fest, dass die Bundesanwaltschaft nun von verschiedenen Urkunden Kenntnis genommen und eine Stellungnahme dazu abgegeben hat. Diese wurde verlesen. Sie bezieht sich auf die Einflussnahme durch das Bundeskriminalamt (BKA) in der so genannten Militanzdebatte. Das BKA hatte sich, wie nur durch einen behördeninternen Fehler in der Verhandlung vom 26.03.09.öffentlich wurde, mit mindestens zwei Beiträgen unter verschiedenen Pseudonymen an dieser Debatte beteiligt. (Texte Interim 611 und 639). Laut BAW-Stellungnahme habe der Generalbundesanwalt Dr. Diemer von dieser Einflussnahme Kenntnis gehabt und diese gebilligt. Das dies nicht in den Akten ersichtlich war und dem Gericht verschwiegen wurde, sei ein Versehen, und kein bewusstes Verschweigen gewesen, so Dr. Diemer.
Diese Veröffentlichungen waren kriminaltaktische Maßnahmen und sollten Reaktionen provozieren, um weitere Erkenntnisse über die Struktur und die personelle Zusammensetzung der mg zu erlangen. Im Anschluss wurde der Beitrag: “This is not a miltitanzdebattenbeitrag von elmg“ (Interim 639 ) der BKA-Autoren KHK Nolte und KHK Kröger durch einen der beisitzenden Richter verlesen.
Antrag Bundesanwalt Weingarten als Zeugen zu befragen
Die Verteidigung fragte die Staatsanwaltschaft, ob dieser zum Zeitpunkt der Zeugenvernehmung von KHK Damm (BKA) bekannt gewesen wäre, das die betreffenden Texte vom BKA stammten. Bundesanwalt Weingarten antwortete, dass er nur im Zeugenstand Auskunft auf diese Frage geben werde. Richter Hoch bewilligte zur Formulierung eines diesbezüglichen Antrages durch die Verteidigung eine Pause von 20 Minuten. Nach der Pause wurde der Antrag von RA Herzog verlesen. Er beantragte, dass die BAW-Vertreter eine Erklärung abgeben sollen, ob sie Kenntnis von den BKA-Texten hatten. Hilfsweise beantragte er, Bundesanwalt Weingarten und Staatsanwältin Greger als Zeugen zu vernehmen. Für den Fall, dass diese Kenntnis von den Texten hatten, überlege er die die Ablösung der beiden Sitzungsvertreter der BAW zu beantragen, da sonst der Eindruck auf eine bewusste Verschleierung der Sitzungsakten gegeben sei. Bundesanwalt Weingarten erklärte, dass er sich zu diesem Antrag nicht verhalten wird, da es keiner sei. Denn der Antrag sei unter einer doppelten Bedingung gestellt. Richter Hoch stellte seine Entscheidung darüber zurück.
Reaktionen der Verteidigung
Die Verteidigung nahm nun Stellung zur Aussage der Bundesanwaltschaft, dass das Verschweigen der Beiträge ein Versehen gewesen sei. Sie erinnerte daran, dass der Zeuge KHK Damm ausgesagt hatte, das der Nichtinformation des Gerichtes ein BKA-interner Entscheidungsprozess vorausgegangenen sei. Die vorliegenden Akten seien unvollständig und das sei nur zu beheben, indem unter anderem die Handakte des Zeugen KHK Damm (BKA) angefordert und beschlagnahmt wird. Denn KHK Damm sagte erst umfassend aus, als es sich nicht mehr vermeiden lies. Deshalb steht fest, dass das BKA Ermittlungsakten besitzt, welche dem Gericht nicht vorliegen. Es könne nicht sein, dass das BKA entscheidet was gerichtlich relevant sei. Rechtsanwältin Weyers ergänzte, dass in Akten über einen Vorgang ungewöhnliche Schritte immer festgehalten werden und es deshalb zwingend Vermerke aus den betreffenden Jahren geben müsse. Rechtsanwalt Hoffmann zeigte sich bestürzt über die fehlende Stellungnahme der BAW. Hier gehe es nicht um eine doppelte Bedingung, sondern darum, das Gericht bewusst in die Irre laufen zu lassen. Rechtsanwalt Franke ergänzte, dass die jetzige Desinformationskampagne gegen die mg Parallelen zur Desinformationskampagne gegen die RAF in den 70er Jahren aufzeige.
Antrag Handakte von KHK Damm zu beschlagnahmen
RA Franke beantragte die Handakte des Zeugen KHK Damm (BKA) anzufordern und zu beschlagnahmen. Es stehe fest, dass sich beim BKA weitere Unterlagen befinden, die als Handakten bezeichnet werden und die dem Gericht verheimlicht werden. Nicht das BKA, sondern das Gericht habe zu entscheiden, welche Akten für das Verfahren relevant seien. Eine Entscheidung zu diesem Antrag gab es nicht.
Behördenzeugnis über den Informationsgeber
Anschließend wurde ein Schreiben des Kammergerichts an den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) Heinz Fromm verlesen. Dieser sollte offene Fragen der Vernehmung des Zeugen Remberg (Vizepräsident des BfV) vom 25.02.09 beantworten. Das BfV war aufgefordert worden einer Vernehmung des Informationsgebers, hilfsweise die Vernehmung des betreuenden BfV-Mitarbeiter, zu ermöglichen. Sollte keine der Vernehmungen möglich sein, wurden vom Gericht 17 Fragen eingereicht, die in einem qualifizierten Behördenzeugnis zu beantworten seien.
Eine Offenbarung des Informationsgebers bzw. auch dessen Führungsoffizieres verweigerte das BfV. Das Behördenzeugnis sagt unter anderem aus, das dieser nicht benannt werde um ihn zu schützen. Der Informationsgeber war kein Mitglied der mg. Angaben über seine Nähe zu den Angeklagten können nicht gemacht werden. Keiner der Angeklagten habe mit dem BfV zusammengearbeitet. Die Erkenntnisse des Informationsgebers stammen vom Hörensagen. Anschläge der mg nach dem 31.07.07 seien dem BfV nicht bekannt.
Damit endete dieser Prozesstag.
Die nächste Verhandlung beginnt am Mittwoch dem 22.4.09. 9 Uhr Zeugenvernehmung R. Weidlich (zum mg-Anschlag in Petershagen) und um 10 Uhr Fortsetzung der Vernehmung EKHK Binz vom 33. Prozesstag.