Bericht vom 33. Prozesstag (25.03.2009)
Der Prozesstag begann mit der Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen EKHK Rainer Joseph Binz, welcher zu einzelnen Anschlägen berichten sollte. Heute begann er mit einem Anschlag aus dem Jahr 2001.
Fehlende Akten
Bei dieser Vernehmung benutzte dieser plötzlich Informationen welche ihm aber nur durch das Studium von Unterlagen bekannt sein konnten, welche zumindest der Verteidigung und dem Senat nicht vorliegen. Diese enthielten kriminaltechnische Untersuchungsergebnisse, die in dem berichteten Fall sogar den vorliegenden Akten widersprechen, sowie z.B. Teile des Tatortbefundberichts. Der Zeuge versuchte dies zu rechtfertigen, in dem er ausführte, dass den aufnehmenden Polizeibeamten das Wissen für die Materie fehle.
Die fehlenden Akten stellen ein besonderes Problem dar, weil so die Aussagen des Zeugen nicht überprüfbar sind und sich die Verteidigung nicht auf eine effektive Vernehmung vorbereiten kann. Deshalb beantragte die Verteidigung eine halbe Stunde Pause, um einen Antrag auf Aushändigung der noch fehlenden Akten und Unterbrechung der Vernehmung des Zeugen zu formulieren.
Nach einer halbstündigen Pause trug die Verteidigung ihren Antrag vor. Sie beantragten die Vernehmung zu unterbrechen, bis alle Akten mit welchen sich der Zeuge EKHK Binz vorbereitet hat, herbeigezogen seien. Diese Akten liegen dem BKA schon lange vor. Die Verteidigung bemerkte, dass sich aus den fehlenden Akten Hinweise ergeben würden, die den vorliegenden Akten entgegenstehen. Der Zeuge dürfe nicht nur die Ergebnisse der Ermittlungen darstellen, sondern müsse auch deren Entstehung transparent machen. Außerdem stelle die mangelnde Akteneinsicht eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung dar.
Daraufhin beantragte die BAW eine halbstündige Pause, um eine Stellungnahme formulieren zu können.
Diese Pause verlängerte sich um ca. 15 Minuten, da das eingesetzte Wachpersonal einem Irrtum bezüglich der Uhrzeit der Fortsetzung des Prozesses unterlag und die ZuschauerInnen erst zu spät einließ.
Die BAW beantragte den Antrag der Verteidigung zurück zuweisen. Der Zeuge berichte aus seinem Wissen, ein Recht auf Kontrolle gäbe es laut Strafprozessordnung nicht. Des weiteren gäbe es keinen rechtlichen Grund für die Aussetzung. Nun fragte die Verteidigung, ob der BAW die betreffenden Akten vorlägen. Staatsanwalt Jochen Weingarten antwortete, dass ihnen generell als Körperschaft alle Akten zur Verfügung stünden, ob jedoch diese konkreten Akten ihnen vorliegen würden, werde er nicht sagen.
Die Verteidigung merkte an, dass für ein faires Verfahren diese Akten hinzugezogen werden müssten. Der Vorsitzende Richter Hoch verkündet seine Anordnung, dass die Entscheidung über die Beiziehung dieser Akten zurückgestellt werde und die Vernehmung des Zeugen nun weitergehe.
Dagegen beantragte die Verteidigung einen Gerichtsbeschluss.
Nach einer 10-minütigen Pause verkündet der Richter Hoch den Senatsbeschluss, welcher seine Anordnung bestätigt. Die Ergebnisse ergäben sich aus der Befragung des Zeugen und nicht aus den Akten. Landesweit gebiete der Grundsatz der Beschleunigung, den Zeugen weiter zu befragen.
RA Franke bat darum, dann wenigstens den Zeugen anzuhalten, die konkreten Quellen seines Wissens jeweils zu benennen, um es nachvollziehbar zu machen. Dies sei auch im Sinne des Senats, merkte der Vorsitzende Richter an.
Zeugenvernehmung
Somit wurde die Zeugenvernehmung fortgesetzt. Der Zeuge berichtete über weitere elf Brandanschläge, welche der mg zugeordnet werden im Zeitraum 2002 bis 2005. Einen interessanten Aspekt stellte dabei lediglich die Schilderung der plötzlich losfahrenden, brennenden Autos dar. Es handelt sich scheinbar um ein technisches Phänomen, welches Autos, sobald sie brennen, einige Meter ohne FahrzeugführerIn fahren lässt.
Des weiteren wurden häufig Reste von gelben Postnormpaketen, PET-Flaschen und Klebeband gefunden, woraus der Zeuge schlussfolgerte, dass es sich um einen Brandsatz der Marke "Nobelkarossentod" handele und somit um einen Anschlag der mg.
Zwischendurch gab es aufgrund einer Anschlagserklärung einen weiteren kleinen Exkurs des Zeugen. Da auf dem Computer eines Beschuldigten aus einem anderen mg-Verfahren ein Empfehlungsschreiben für ein Stipendium für einen §129a-Beschuldigten aus Magdeburg gefunden wurde und die mg in einer Anschlagserklärung Freiheit für die Magdeburger Gefangenen gefordert hatte, versuchte der Zeuge einen Zusammenhang zu konstruieren zwischen diesem Beschuldigten und dem Magdeburger und phantasierte somit die Zuordnung des Beschuldigten zur mg.
Von 12:15 Uhr bis 13:15 Uhr gab es eine Mittagspause und unterbrochen wurde die Vernehmung am Ende des Verhandlungstages um 15:23 Uhr.
Nächster Prozesstermin, Donnerstag, 26.03.2009, 9 Uhr, mit der Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen Damm, BKA.