Bericht vom 27. Prozesstag (26.02.2009)

Der heutige Prozesstag begann erst um 14 Uhr, da die für 9 Uhr angesetzte Zeugenbefragung von KHK Damm auf den 04.03.09 verschoben wurde.

Durchsuchung ohne richterliche Anordnung
Der Zeuge KOK Roland Achilles, 49, BKA Meckenheim leitete die Durchsuchung und Asservierung von sichergestellten Gegenständen in der Wohnung und Arbeitsstelle eines Angeklagten. Er wurde in den frühen Morgenstunden des 31.07.07 von seinen Kollegen geweckt und nach Berlin beordert. Dort hat er gegen 10 Uhr die betroffene Wohnung von den Kollegen des Berliner LKA übernommen. Diese hatten die Wohnung bereits gegen 8.20 Uhr gewaltsam geöffnet und sich einen ersten Überblick verschafft. Mit der Durchsuchung aber auf das BKA gewartet. Der Zeuge und sein Kollege Nolte (BKA) haben dann mit drei LKA-Kollegen die Wohnung durchsucht. Er hat die Leute vor Ort eingeteilt und entschieden was mitgenommen wurde.
Es war eine 1-Zimmerwohnung mit Küche und Bad ca. 55 qm. Sein Kollege Nolte durchsuchte das Wohnzimmer, da dieser aufgrund seines Tätigkeitsfeldes Hintergrundwissen zu den Schriften der mg und Bekennerschreiben hat. Nolte wählte dann auch die Papiere aus, die mitgenommen wurden. Er habe aber von einem Papierstapel weniger mitgenommen, als er da gelassen habe.
Der Zeuge fertigte ein Durchsuchungs- und Asservatenprotokoll an. Eine Kopie davon verblieb in der Wohnung. Es wurden unter anderem ein Handy, Computer,Scanner, CDs, drei Bücher mit Unterstreichungen und diverse Papiere mitgenommen. Die weiteren in der Wohnung verbliebenen Bücher wurden nur fotografiert. Alle Asservate wurden in Plastiktüten gepackt und zur Dienststelle nach Treptow gebracht. Soweit er wisse, seien diese nicht mehr am selben Tag ausgewertet worden, sondern später Meckenheim ausgewertet worden. Es wurde in der Wohnung auch ein Opel-Autoschlüssel gefunden, der nicht zuordenbar war. Man sei die Straßen ringsum abgelaufen und habe keinen passenden PKW gefunden. Deshalb habe man den Schlüssel erstmal in der Wohnung gelassen. Erst in Meckenheim erkannte der Zeuge die mögliche Bedeutung des Schlüssels und beauftragte Berliner Kollegen ihn doch noch zu beschlagnahmen. Dies erfolgte durch KHKin Rademacher (LKA), siehe 6.Prozesstag.
Zur Auswertung der Asservate konnte er keine Angaben machen. Er sei sowieso nur für die Aufarbeitung der Daten zuständig gewesen. Zudem sei er mit anderen Verfahren beschäftigt gewesen und habe hier nur KHK Damm unterstützt hat.
Die Durchsuchung dauerte bis 13 Uhr. Danach habe er mit seinem Kollegen Nolte die Arbeitsstelle des Betroffenen aufgesucht, dort aber nichts durchsucht, sondern nur den Tagesablauf des Beschuldigten mit der Vorgesetzten besprochen.
Auf Nachfrage der Verteidiger, ob für die Durchsuchung der Wohnung ein richterlicher Beschluss vorlag, sagte der Zeuge, ihm sei nicht bekannt dass ein schriftlicher Beschluss vorlag. Die Durchsuchung habe mit „Gefahr im Verzug“ durch das LKA-Berlin begonnen, wurde dann unterbrochen und wieder fortgesetzt durch das eingetroffene BKA. Auf die Frage, ob der Zeuge, glaubte es bedürfe keiner richterlichen Anordnung für die Durchsuchung, sagte er, er sei davon ausgegangen, dass die Staatsanwaltschaft eine besorgen würde. Außerdem sei es keine neue Durchsuchung gewesen, die er übernommen hat, sondern nur die Fortsetzung einer Durchsuchung.
Für die Arbeitsstelle des Beschuldigten gab es eine richterliche Durchsuchungsanordnung.

Transport nach Karlsruhe
Er war auch mit beim Transport der Beschuldigten nach Karlsruhe dabei und da zuständig für die Aufteilung der Sitzplätze. Ihm sei nur aufgefallen, dass alle Beschuldigten weiße Overalls an hatten. Auf mehrfache Nachfrage der Verteidiger gab der Zeuge an Verletzungen eines Verhafteten seien ihm nicht aufgefallen. Er habe nur gesehen, dass der Overall eines Beschuldigten in einem schlechten Zustand war.

Weitere Durchsuchung
Er habe am Nachmittag die Wohnungsdurchsuchung eines weiteren Beschuldigten übernommen und geleitet. Dort habe er mit dem Anwalt des Betroffenen gesprochen. Zu gefundenen Papieren aus dieser Wohnung befragt, konnte er keine näheren Angaben machen, da er sonst in ganz anderen Bereichen arbeiten würde.

Heiligendamm
Der Zeuge wurde befragt, ob er im Zusammenhang mit Heiligendamm/G8 Ermittlungen zur mg gemacht habe. Dazu sagte er zuerst, dass dies ja nicht Teil des jetzigen Verfahrens sei, sondern ein anderes und zu laufenden Ermittlungen könne er nichts sagen. Dann meinte er, er habe keine Ermittlungen dazu angestellt und es seien dazu auch keine Ermittlungen gelaufen. Auch als RA Herzog ihm eine interne BKA-Mail bezüglich eines Gipfelsoli-Newsletters in dem die Unterstützung mit der mg gefordert wird vorhält, konnte er dazu nichts sagen.

Widerspruch gegen die Verwertung
Nachdem der Zeuge um 15.10 Uhr bereits wieder entlassen wurde, widersprachen die Verteidiger der Verwertung der Durchsuchung, da kein richterlicher Beschluss dafür vorlag. Es sei genügend Zeit gewesen einen entsprechenden Antrag zu stellen. Richter Hoch ließ an dieser Stelle einen Vermerk von Fr. Vanoni dazu verlesen, der den Ablauf ihrer Anordnung beschreibt. Sie sei gegen 2 Uhr telefonisch von Fr. Alles (BKA) unterrichtet worden. Diese regte auch die Wohnungsdurchsuchungen an. Um 3.18 Uhr wurden die Durchsuchungen von Fr. Vanoni angeordnet. Fr. Vanoni gibt in dem Schreiben weiter an, dass sie mehrmals erfolglos versuchte Richter Hebenstreit (BGH) vor der Durchsuchung telefonisch zu erreichen. Ihr letzter Versuch, so dieser Vermerk, fand gegen 8.10 Uhr statt.
Die Anwälte konnten nicht nachvollziehen, warum nach 8.10 Uhr keine weiteren Versuche unternommen wurden, den Richter zu erreichen. In Berlin gibt es einen 24-Stunden-Dienst. Dies sei ein organisatorisches Verschulden des Gerichts. Zudem wäre nach dem Öffnen der Wohnung durch das LKA die Wohnung gesichert gewesen und somit hätte keine „Gefahr im Verzug“ mehr bestanden.
Staatsanwältin Greger entgegnete, dass für die Durchsuchung kein Beschluss eingeholt werden musste. Diese sei unter „Gefahr im Verzug“ erfolgt. Man habe den zuständigen Richter bis 8 Uhr nicht erreichen können und ein weiteres Warten sei nicht angebracht gewesen. Nach dem Zutritt zur Wohnung habe man dann eine Pause der Durchsuchung gemacht. Die Durchsuchung selbst wurde erst am Nachmittag abgeschlossen. Bundesanwalt Weingarten ergänzte zum Abschluss noch:“Selbst wenn die Durchsuchung rechtswidrig gewesen wäre, stehe dies der Verwertung der Beweismittel nicht entgegen.“ Richter Hoch stellte die Entscheidung über diesen Antrag, wie immer, zurück und beendete die Verhandlung.

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