Bericht vom elften Prozesstag (12.11.2008)

Der elfte Prozesstag begann damit, dass bekannt gegeben wurde, dass der Zeuge KOK Weiß, LKA Berlin im Urlaub sei und stattdessen PK Schoetzau, LKA Berlin geladen sei.

Vor der Befragung des Zeugen KKzA Dorian Trzcinski, BKA, ST 14 fragte die Verteidigung, was mit den Anträgen bzgl. Aussagegenehmigung (siehe achter Prozesstag) sei. Der Vorsitzende Richter Hoch antwortete, dass diese noch nicht entschieden seien. Auf den Einwand von RA Lindemann, dass dies doch ein wenig ungünstig sei, weil es ja gerade um ZeugInnenvernehmungen gehe, entgegnete der Vorsitzende, dass es Sache des Gerichts sei, wann diese entschieden würden. Der Antrag von RA Lindemann, die Anträge zu entscheiden, lehnte der Vorsitzende Richter Hoch ab.

Im Anschluss startete die Zeugenvernehmung von KKzA Dorian Trzcinski, 24 Jahre. Er hat ein Personagramm zu Oliver R. erstellt und dabei verschiedene Nachfragen gestartet, so z.B. bei der Rentenversicherung. Des weiteren hat er einen E-Mail-Account überprüft der nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) Oliver R. zuzuordnen sei. Er konnte dies aber nicht bestätigen. Ansonsten hat er an einem Lehrgang: "Der Polizeibeamte als Zeuge vor Gericht" teilgenommen, ebenso an der schon bekannten Versammlung aller vom BKA als potentielle Zeugen eingestuften Personen bei dem BKA. Dort wurden aber nur Erfahrungsberichte wiedergegeben und Formalia besprochen. Inhaltliche Absprachen wurden seiner Aussage nach nicht getroffen. Aber es wurde gesagt, "man müsse schon aufpassen, was man sagt". Dem stimmte der Zeuge auch zu, er meint, dass es hieß, das jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werde. Auf eine Belehrung des Zeugen durch RA Lindemann reagiert der Vorsitzende Richter Hoch ein wenig ungehalten mit der Bemerkung, dass wenn hier jemand den Zeugen belehre, dann er das sei und nicht RA Lindemann. Im Zuge dessen ordnete der Vorsitzende fünf Minuten Beruhigungspause an.

Im Laufe der weiteren Befragung zieht sich der Zeuge Dorian Trzcinski auf seine Aussagegenehmigung zurück und möchte zu anderen Verfahren keine Aussage machen. RAin Weyers beantragt, dies zu protokollieren. RA Hoffmann beantragt, dass der Zeuge dazu aussagen muss. Der Vorsitzende Richter Hoch lehnt das ab. Der Verteidiger beantragt einen Gerichtsbeschluss dazu.

Nach der Beratung verkündet der Vorsitzende, dass der Senat seine Anordnung bestätigt hätte. Daraufhin beantragt RA Hoffmann eine Stunde Pause, um einen Antrag zu formulieren, weil sein Mandant die Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehne. RA Lindemann schließt sich für seinen Mandanten an.

Nach der Pause trug der Verteidiger Hoffmann den Antrag auf Ablehnung des Senats wegen der Besorgnis der Befangenheit vor. In der Begründung wurde Bezug genommen auf die formlose Aussagegenehmigung des Zeugen und dass der Vorsitzende Richter Hoch die Ansicht vertrat, dass der Umfang der Aussagegenehmigung im Ermessen des Zeugen läge. Diese Ansicht wurde vom Senat per Beschluss bestätigt. Somit konnte der Zeuge zu anderen Verfahren, welche Aktenbestandteil sind, nichts aussagen. Durch die Blockierung der Beantwortung der Fragen der Verteidigung erweckte der Senat den Anschein willkürlich die Befragung der Verteidigung einzuschränken und somit würde gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. Die Entscheidung über den Antrag steht noch aus, die Verhandlung wurde fortgesetzt.

Im Anschluss beantragte Verteidiger Lindemann eine Stunde Pause, um einen Antrag auf Unterbrechung formulieren zu können. Dem schloss sich RA Hoffmann an. Der Richter ordnete eine Pause bis 13 Uhr an und lud den Zeugen PK Schoetzau für heute aus.

Es wurde beantragt, die Hauptverhandlung bis zum 10.12.2008 zu unterbrechen, um die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Anträgen hinsichtlich der Aussagegenehmigungen, welche die Verteidigung erklärt noch stellen zu werden in der ohnehin geplanten dreiwöchigen Verhandlungspause, abzuwarten. Durch die Unterbrechung könnte eine nochmalige Ladung der ZeugInnen mit eingeschränkter Aussagegenehmigung verhindert werden. Eine Gesamtbeurteilung der ZeugInnen bei Verteilung der Befragung auf mehrere Tage ist nämlich kaum möglich. Der Senat zog sich zur Beratung und Beschlussfassung zurück, was eine Stunde Pause zur Folge hatte.

Der Antrag wurde aufgrund des Beschleunigungsgrundsatzes abgelehnt. Ein Anspruch auf Unterbrechung bestünde nicht, VerteidigerInnenrechte würden nicht eingeschränkt, der Zeuge hätte umfassend zu diesem Komplex ausgesagt und konkrete Fragen noch nicht beantworten können, da diese noch nicht gestellt worden seien. Des weiteren bestünde kein Grund die Erkenntnisgewinnung in späterer Beantwortung der Fragen beeinträchtigt zu sehen. Außerdem könne das Gericht den Zeugen nicht zu einer Aussage zwingen, wenn sich selbiger auf eine beschränkte Aussagegenehmigung beruft. RA Hoffmann beantragte eine Viertelstunde Pause, um einen unaufschiebbaren Antrag zu formulieren.

Der Antrag wurde nicht gestellt. Fortgesetzt wurde die Vernehmung des Zeugen Trzcinski mit der Frage nach ausgewerteten Videoaufnahmen. Dazu konnte er jedoch nicht viel sagen, bis auf, dass diese vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) kamen, ob diese allerdings angefordert wurden oder unaufgefordert zugesandt worden, konnte er wiederum nicht beantworten.
Nach dem 31.07.2007 hatte er einen Antrag auf Untersuchung von Mobiltelefonen gestellt, im Zuge dessen es eine relativ hochkarätig besetzte Vorbesprechung gab. Der Zeuge gab an, dazu nichts sagen zu können.

Über Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) wurde festgestellt, dass ein Treffen am 22.02.07 bei dem Beschuldigten Holm stattfinden sollte. Der Zeuge geht davon aus, dass vor und nach dem Treffen Observationsmaßnahmen stattgefunden haben, durch die festgestellt wurde, dass das Treffen stattgefunden haben müsste.

Er war auch am 31.07.2007 auf der Dienststelle und dann auch blieb, als es um die Observation am Abend ging. Er hat ca. 20 relevante Anschlüsse live überwacht in der Nacht, kann sich aber an das Ergebnis nicht erinnern. Es sei wohl nichts verdächtiges festgestellt worden. Die Gespräche wurden ganz angehört und erst dann entschieden, ob sie relevant seien. Es gab telefonischen Kontakt zu der BAW. Er selbst hatte keinen Kontakt zum BfV, wenn dann Frau Alles.

Angenommen wird, dass es ein Codewort "Schwede" gab, welches in Telefongesprächen verwendet worden sein sollte, wenn es angeblich darum ging, Brandanschläge durchzuführen.

Zu einem Anschlag am 16.03. bei der er der federführende Ermittler war, hatte er nach Kreuztreffern gesucht, also nach allen eingeloggten Handys in der betreffenden Funkzelle und ob davon welche schon bei anderen Anschlägen aufgetaucht waren. Dies ergab aber nichts relevantes.

Des weiteren hatte er in einer TKÜ-Datenbank des BKA, zu deren genauer Zusammensetzung der Zeuge meinte laut seiner Aussagegenehmigung nichts sagen zu dürfen, nach Verbindungen zwischen Personen gesucht hat. Dies hatte allerdings auch nichts ergeben.

Auch räumte er ein, dass keine genauen Erkenntnisse über die Struktur der mg vorlägen, bzw. sie keine Erkenntnisse über Verbindungen der einzelnen Beschuldigten der verschiedenen Verfahren hätten.

Nach seinen Angaben wurden bei den Ermittlungen keine Verbindungen zur Zeitschrift "radikal" gefunden. Er wusste auch nicht, ob dies im Referat diskutiert wurde.

Da der Zeuge auch Besuchsüberwachungen durchgeführt hatte, wurde er zu seinen Aufgaben dort befragt. Er gab an, dass es seine Aufgabe gewesen sei, zu verhindern, dass verfahrensrelevante Inhalte weitergetragen werden. Dabei machte er sich auch Notizen über verfahrensirrelevante Gesprächsinhalte. Wer ihn dazu beauftragt hatte und welchem Zweck diese Notizen dienen, konnte er nicht darlegen.

Der Vorsitzende Richter Hoch entließ den Zeugen, wogegen die Verteidigung Widerspruch einlegte. Daraufhin konnte der Senat ihn erst aufgrund eines förmlichen Beschlusses entlassen.

Nächster Prozesstermin am 13.11.2008, 9 Uhr mit ZeugInnen KHK Heim, BKA und EKHKin Baumert, BKA.

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