Ermittlungen gegen militante gruppe: Zeugen von Haft bedroht
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Pressemitteilung
der ZeugInnengruppe
vom 08.04.2008
Ermittlungen gegen militante gruppe: Zeugen von Haft bedroht
BERLIN. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt im Verfahren gegen die militante gruppe (mg), drei Berlinerinnen zur zeugenschaftlichen Vernehmung nach Karlsruhe geladen. Die Vernehmungen beginnen am Mittwoch, den 9. April.
Die Zeugenvorladungen enthalten eine besondere Brisanz, da sie direkt vor den Ermittlungsrichter des BGH erfolgen. Sollten die Zeuginnen nicht zur Aussage bereit sein, droht ihnen dort die umgehende Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 1.000 Euro oder Beugehaft von bis zu sechs Monaten.
Hintergrund der Vorladungen ist ein seit Juli 2007 öffentliches Verfahren gegen sieben Beschuldigte wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gem. § 129 StGB. Auslöser des Verfahrens waren eine Reihe bisher nicht aufgeklärter Brandanschläge, teilweise mit Sachschäden, u.a. auf Fahrzeuge der Bundeswehr. Nachdem zunächst vier der Beschuldigten, unter ihnen ein Wissenschaftler der Humboldt Universität Berlin, in Untersuchungshaft saßen, musste die Bundesanwaltschaft (BAW) mehrere Rückschläge einstecken und letztendlich alle Beschuldigten aus der Haft entlassen. Des Weiteren mussten die umfassenden, ursprünglich wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gem. § 129a StGB geführten Ermittlungen auf den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung herabgestuft werden.
Bereits im Oktober 2007 wurden über 20 Personen aus dem beruflichen, persönlichen oder politischen Umfeld der damals noch unter Terrrorverdacht stehenden Beschuldigten durch die BAW zum Bundeskriminalamt (BKA) geladen, darunter zwei Journalisten und ein Jurist. Gemeinsames Merkmal dieses Personenkreises war lediglich der Kontakt zu einer der verdächtigten Personen – beispielsweise als Redakteur, Kollege, Mitbewohner oder Freund.
Unter dem Eindruck der abenteuerlichen Terrorermittlungen durch die BAW und das BKA verweigerten damals fast alle vorgeladenen Zeugen die Aussage. Ihnen droht nun ebenfalls die erneute Vorladung nach Karlsruhe, Geld- oder Haftstrafen. Einer der damals geladener Zeugen meinte dazu: „Das ist doch absurd. Alle Beschuldigten des Verfahrens werden entlassen, aber ich als unbeteiligter Zeuge werde nun mit Haft bedroht.“
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