Militanz in der öffentlichen Debatte
aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 38f, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.
War schon die entschiedene Haltung zu Militarismus und Krieg schwieriger zu vermitteln als die Kriminalisierung kritischer Texte, war beim Thema Militanz klar: Auf dem Feld der bürgerlichen Medien ist hiermit kein Blumentopf zu gewinnen. Klar war aber auch: Die Ermittlungen und die Repression zielen auf militante Politik – die Teil linker Politik ist – und den Organisierungsversuch militante gruppe. Deshalb bot sich eine Diskussion darüber an, wie wir zu anderen Verhältnissen kommen können und wie sich die radikale Linke dafür organisieren muss. Ein Versuch einiger weniger aus dem Einstellungsbündnis, eine Veranstaltung dazu vorzubereiten, zerrann und scheiterte auch an unterschiedlichen Vorstellungen. Im März 2009 erschien unser bereits erwähnter Text „Solidarität ist unteilbar“, der jedoch wenig aufgegriffen wurde – auch außerhalb des Einstellungsbündnisses gab es dazu leider kaum eine Initiative. Die maßgeblich von der mg vorangetriebene Militanzdebatte, die vor allem in der Zeitschrift „Interim“ seit 2001 geführt wurde, war am Ende, es gab keine Auseinandersetzung mehr damit. Dabei bietet sich ein Repressionsschlag gegen vermeintliche Mitglieder einer militanten Gruppe durchaus an, um die Frage aufzuwerfen und die notwendige politische Debatte zu führen, ob und warum klandestine Politik berechtigt und der militante Kampf richtig ist. Es gab viele Stimmen, die das Erwähnen oder Aufgreifen einer Organisierungsdebatte nicht für klug erachteten, vor allem angesichts der aktuellen Repression. Immerhin wurden sämtliche Texte der militanten gruppe digitalisiert und als „Dokumentation X“ im Internet veröffentlicht. Und in gewisser Weise war der Anschlag der „Initiative für ein neues blaues Wunder“ im April 2009 auf über 40 Bundeswehrfahrzeuge in Dresden eine indirekte Kommunikation mit der mg: Auch mit einem kurzen Text kann mensch sich zu einem prächtigen Brandanschlag bekennen. Die mg hatte nämlich häufig sehr lange Erklärungen verfasst, die Anschlagserklärung der „Initiative“ dagegen war kurz und knapp. Während des Prozesses kam es zu insgesamt zehn Anschlägen auf Bundeswehrfahrzeuge. Ob diese Häufung als Zeichen der Solidarität interpretierbar ist, wagen wir nicht zu entscheiden. Wir glauben aber, dass die Thematisierung von Bundeswehr unter anderem als Mittel repressiver Politik zu dieser Anschlagshäufung mit beigetragen haben könnte.