Der Prozess: Ein Sondersenat im Hochsicherheitssaal
aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 58ff, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.
Der Prozess fand die ersten acht Monate, bis Ende Mai 2008, im Hochsicherheitssaal 700 im Altbau des Moabiter Gerichts statt. Es handelt sich um einen bombastischen Gerichtssaal (mit Kaiserloge) in einem ebensolchen Bau, der die Angeklagten klein machen soll. Der Staatsschutzsenat des Kammergerichts (so heißt das Berliner Oberlandesgericht, also das höchste Berliner Gericht) setzt sich aus fünf Berufsrichter_innen zusammen. In der Mitte saß der Vorsitzende Josef Hoch, daneben Annette Grabbe, Stefan Finkel, Klaus-Peter Hanschke und Jürgen Warnatsch, erfahren und bewährt in politischen Prozessen. Die beiden Letzteren hatten schon RZ-Leute verurteilt. Hoch hatte sich im sogenannten Politbüro-Prozess gegen Egon Krenz und andere am Berliner Landgericht bewährt und kam zu seinem Job als Vorsitzender des Kammergerichts, nachdem er Bankenskandal-Landowsky (CDU) lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt hatte.
Vom Publikum aus gesehen hinten rechts saßen in karminroten Roben die Vertreter_innen der BAW hinter einer schusssicheren Scheibe. Dabei waren die einzigen, die Schusswaffen mit in den Gerichtssaal nehmen durften und einsetzen konnten, Polizeibeamt_innen und die Personenschützer_innen der BAW, die im Pressebereich vor den Besucher_innen Platz nahmen. Links saßen die Angeklagten mit ihren insgesamt sechs Anwält_innen. Im Juni zog das Gericht in den Hochsicherheitssaal B129 in den Neubau, um einem anderen anstehenden Prozess den Raum zu überlassen. Das Urteil wurde dann im Oktober 2009 wieder im Saal 700 verkündet.