Geschichte der mg-Verfahren
aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 47f, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.
Ab 2001 wurde offiziell wegen Gründung der militanten gruppe ermittelt. Die mg-Mitglieder sollen schon in den 1990er Jahren militant unterwegs gewesen sein. Ermittelt wurde zunächst gegen drei Genossen der Initiative Libertad! – das sogenannte mg1-Verfahren. Im Jahr 2003 kamen Verfahren gegen zwei weitere Personen hinzu (mg2 und mg3).
Spätestens mit der Akteneinsicht im mg1-Verfahren wurde deutlich, dass sich die Sicherheitsbehörden unter dem Druck, Erfolge präsentieren zu müssen und den eigenen Apparat jeden Tag aufs neue zu legitimieren, ihre eigene Wahrheit zurechtzimmern. Der §129a des Strafgesetzbuches mit seinen weitreichenden Ermittlungsbefugnissen dient dabei als Türöffner. Das mg1-Verfahren zeigt, dass trotz Richtervorbehalt über Jahre hinweg ein rechtswidriger Überwachungsbeschluss nach dem anderen von dem zuständigen Ermittlungsrichter des BGH unterschrieben wurde. Es war klar: An den Beschuldigungen ist nichts dran. Das Verfahren wird – wie die allermeisten §129a-Ermittlungen – irgendwann eingestellt. Dies geschah auch 2008.
2006 wurde dann ein Verfahren gegen Andrej und drei weitere Personen eingeleitet. Im Jahr 2007 kamen nach und nach Florian, Oliver und Axel als Beschuldigte dieses Verfahrens hinzu. Vor Prozessbeginn wurde das Verfahren gegen diese drei abgetrennt. Ende 2007 entschied der BGH, dass die militante gruppe mit ihren Aktionen nicht die Existenz des Staates gefährden könne und stufte die Gruppe nicht als terroristische, sondern als kriminelle Vereinigung ein. Die Akten dieses Verfahrens lassen den Schluss zu, dass sich BKA und BAW an Personen dranhängten, die sie der Mitarbeit bei der Zeitschrift „radikal“ verdächtigten, um so an die mg zu gelangen. In einem Beweisantrag legten die Rechtsanwält_innen der Angeklagten dar, dass es wahrscheinlich ist, dass BKA und BAW gegen mutmaßliche „radikal“-Redakteure bewusst unter einem falschen Label (Mitgliedschaft in der militanten gruppe) ein §129a-Verfahren eingeleitet haben, um so den Verfolgungsapparat voll nutzen zu können. Dieses Verfahren war die Grundlage für die Ermittlungen, Verhaftungen und letztlich auch für den Prozess und die Verurteilung.