Zeug_innen der Anklage
aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 61, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.
Die Polizist_innen und VS-Mitarbeiter beriefen sich im Prozess vor allem bei zentralen Fragen der Verteidigung auf ihre beschränke Aussagegenehmigung bzw. ihr Nicht-Wissen. Das konnten sie alle sehr gut, von den einfachen Berliner LKA-Beamt_innen, die teils geschminkt und verkleidet mit Perücken erschienen, bis hoch zum VS-Vizepräsident Elmar Remberg. Der Senat selbst fragte nur sehr selten kritisch nach. Für Prozessbeobachter_innen wurde es irgendwann ganz deutlich: Wenn Zeug_innen sagten „daran kann ich mich nicht erinnern“, war dies eine Ausrede, weil sie bei einer richtigen Beantwortung hätten lügen müssen. Überdies versuchten die Zeug_innen, den kritischen Nachfragen der Rechtsanwält_innen auf diese Art und Weise zu entgehen und so wenig wie möglich Ansatzpunkte für weiteres Nachfragen zu liefern. Außerdem wurde wiederholt deutlich, dass sich Zeug_innen an Gewisses aus der weit zurückliegenden Vergangenheit noch sehr detailliert erinnern konnten, aber beispielsweise nicht mehr sagen konnten, welche/r ihrer Kolleg_innen am letzten Wochenende mit ihnen noch einmal zum Tatort nach Brandenburg an der Havel gefahren war. Wir gehen hier nicht weiter darauf ein. Das war und ist nicht unser Terrain. In den Prozessberichten und (auf unserer Webseite leider nicht dokumentierten) Befangenheitsanträgen haben wir und die Anwält_innen dies ausführlich dargestellt.
Eine kleine Sensation während des Prozesses war die Aufdeckung einer gezielten Verheimlichung der Beteiligung des BKA an der Militanzdebatte, Stichwort: Die zwei aus der Muppetshow. Dass sich das BKA mit zwei Textbeiträgen in der „Interim“ an der Debatte beteiligte, um die militante gruppe zu einer Stellungnahme zu provozieren, hat uns nicht völlig überrascht. Überraschend war allerdings die Reaktion von Gericht und BAW: Obwohl der hierzu vernommene BKA-Zeuge dies erst abgestritten und damit nachweisbar gelogen hatte, hinderte es das Gericht nicht, seine Angaben im Übrigen für glaubwürdig zu halten. Die Vertreter_innen der BAW behaupteten, von alledem nichts gewusst zu haben.