Kein Ende in Sicht

aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 71f, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.

Axel, Florian und Oliver wurden aufgrund einer dünnen Indizienlage wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe verurteilt, aber lediglich für die versuchte Brandstiftung ohne jedweden Sachschaden legte die Staatsanwaltschaft „gerichtsfeste Belege“ vor. Ein insgesamt mageres Ergebnis für zehnjährige Ermittlungsarbeit gegen die mg. Im Urteil gegen Axel, Florian und Oliver tauchten die ursprünglichen Ermittlungskonstrukte, die über Andrej und die anderen Beschuldigten zu den „Brandstiftern“ führten, nicht mehr auf. Der Kontakt zwischen Andrej und Florian, der die Grundlage des Ermittlungsbeginns gegen Florian und Oliver wegen Mitgliedschaft in der mg war, reichte im Urteil gerade noch als Beleg für konspiratives Verhalten. Und mit der Einstellung von Andrejs Verfahren im Juli 2010 bestätigte die BAW die von den Rechtsanwält_innen im Prozess vorgetragene These, dass die Ermittlungsbehörden bewusst unter einem falschen Label gegen mutmaßliche „radikal“-Redakteure ein §129a-Verfahren eingeleitet hatten.

Mit Prozessende, den Urteilen gegen Axel, Florian und Oliver und mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Andrej, fand eine über zehnjährige Etappe von Überwachung und Repression durch Geheimdienste, Polizei und Justiz ihr Ende. Unzählige Personen aus sehr unterschiedlichen politischen Spektren, einschließlich der jeweiligen Freundeskreise, wurden mit Abhörmaßnahmen überzogen und systematisch überwacht. Sicherlich wurde nur ein kleiner Teil dieser Maßnahmen mit den Ermittlungsakten und dem Prozess öffentlich.

Die Ermittler_innen vom BKA wurden in einigen von uns dokumentierten Fällen nachträglich höchstrichterlich zurechtgewiesen: Ihre Praxis z. B. im mg1-Verfahren war rechtswidrig, sagte der BGH im März 2010. Ändern wird sich damit sicherlich nichts. Die radikale Linke wird weiterhin mit aufgeblasenen Ermittlungskonstrukten konfrontiert sein. Diese Vorgehensweise darf daher nicht nur als kritisierenswerte Ermittlungspraxis öffentlich angeprangert werden, sondern muss in den Zeiten der Krise und des anhaltenden Protests vor allem als Instrument der Abschreckung analysiert werden.

Wir halten es für möglich, dass die Überwachungen andauern, denn es wird weiter ermittelt – gegen unbekannt wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe und wegen der über 25 unaufgeklärten Brandanschläge, zu denen sich die mg bekannt hat. Außerdem werden inzwischen neue §129-Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sein wegen der Anschläge anderer Gruppen in der jüngsten Vergangenheit.