DNA-Abgabe

aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 66, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.

Die acht seit 2006 oder danach mit einem mg-Verfahren überzogenen Genossen wurden von den Ermittlungsbehörden aufgefordert, ihre DNA abzugeben. Von einem der Betroffenen lag die DNA bereits vor, alle anderen gaben sie freiwillig ab: Einer direkt nach seiner Verhaftung, andere handelten aus, dass die DNA-Abgabe in den Räumen ihrer Anwält_innen stattfinden konnte. Insbesondere letztere Form wurde teilweise als Erfolg gewertet. Nur Andrej hat seine DNA-Abgabe – und das finden wir gut – öffentlich skandalisiert: Vor der DNA-Abgabe gab es eine Kundgebung vor dem Polizeirevier.

Die DNA-Abgabe der Beschuldigten wurde problematisiert und kritisiert in privaten Gesprächen und öffentlichen Papieren. Erst danach wurde darüber in Einstellungsbündnis diskutiert. Die Frage war: Geht mensch freiwillig hin und gibt ab oder lässt mensch sich abholen, um den eigenen Protest gegen diese Maßnahme deutlich zu machen? Hierzu wäre eine Diskussion, welche Strategien es dazu braucht, wichtig gewesen. Wie kriegen wir das hin? Wie können Betroffene dabei unterstützt werden, wenn sie ihre DNA nicht freiwillig abgeben wollen? Können wir es durchhalten, die DNA nicht abzugeben? Wie können wir Stärke fördern, dass die Genoss_innen es durchhalten? Es geht dabei auch um die Frage: Was traut sich wer zu. Ähnliche Diskussionen gibt es im Bereich der Kriegsdiensttotalverweigerung. Letztlich gab es in Sachen DNA zu wenig Problembewusstsein. DNA ist und bleibt ein wichtiges Thema. Irgendwann sind davon alle betroffen, es gibt schon heute Forderungen, DNA-Datenbanken von allen Neugeborenen anzulegen. Die Debatte darum aus vergangenen Jahren war nicht mitgeschnitten worden. Das ist ein Beleg dafür, dass wir – wie im Bereich Solidarität – Kriterien schaffen und zusammen immer wieder zurück erkämpfen müssen.

Übrigens wurden mindestens einmal von observierten mg-Beschuldigten nach Kneipenbesuchen deren Gläser durch die observierenden BKA-Beamten beschlagnahmt, um DNA von den Beschuldigten zu bekommen. Die DNA-Untersuchungen wurden vom BKA teilweise an die Universität Münster ausgelagert. Das dortige Institut finanziert sich weitgehend durch DNA-Aufträge des BKA.