Observationen – Lauschangriffe – Anwerbeversuche
aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 68f, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.
Die Beschuldigten und ihr nahes Umfeld wurden observiert, ihre Hausvorder- und -hintereingänge abgefilmt, sämtliche Telefone und Telekommunikation (Email, Internet) auch an ihrem Arbeitsplatz überwacht. Einer der Beschuldigten wurde bis ins Internetcafé verfolgt. Der observierende Beamte filmte hinter ihm stehend den Bildschirm ab. So konnte, laut Akten, eine Kommunikationsstruktur, die über Entwurfsordner von Email-Accounts gelaufen sein soll, aufgedeckt werden.
An der Observation des Fahrzeugs auf seiner Fahrt von Berlin nach Brandenburg an der Havel in der Nacht zum 31. Juli waren mindestens elf MEKler des Berliner LKA (Mobiles Einsatzkommando) mit mindestens vier Autos beteiligt. Die Observierenden waren über Funk miteinander verbunden. Das ist nichts Neues und aus veröffentlichten Papieren aus den 1990er Jahren bekannt (siehe Broschüre von „Ehemaligen Mitarbeitern der radikal zum 13.6.1995, dem Davor & Danach“: http://einstellung.so36.net/de/observation).
Bei einem angeblich klandestinen Treffen zweier Beschuldigter in einer Kneipe wurde ein kleiner Lauschangriff gestartet – von einem MiniDisk-Recorder, womöglich mit einem Richtmikrofon. Die observierenden Zivis bzw. Lauscher des Berliner LKA waren übrigens als Punks verkleidet. Ihre Tonaufnahme war allerdings – trotz intensiver Bearbeitungsbemühungen durch das BKA – nicht gerichtlich verwertbar. Beim Abspielen im Gerichtssaal hörte mensch nur Rauschen. Es ähnelte den Aufnahmen aus einem Fußballstadion. Auch in der linken Kneipe BAIZ in Berlin-Mitte gab es mindestens einen Einsatz von einem Richtmikrofon. Über eine gewisse Zeit wurden sämtliche Besucher_innen des Mehringhofs in Berlin-Kreuzberg durch eine Kamera aufgezeichnet, als sie den Mehringhof betraten. Ein Kreuzberger Internetcafé, aus dem sowohl die mg als auch die Militante Antiimperialistische Gruppe – Aktionszelle Pierre Overney (MAG-APO) eine Email abgeschickt hatte, wurde direkt vom BKA kameraüberwacht. Aus den Akten ergaben sich auch Indizien für einen großen Lauschangriff in einer Wohnung eines Beschuldigten.
Während der Ermittlungen gab es mehrere Versuche vom BKA sogenannte Vertrauenspersonen zu gewinnen. Und im März 2009 gab es – das ist öffentlich gemacht worden – einen gescheiterten Anquatschversuch einer regelmäßigen Prozessbeobachterin durch den Verfassungsschutz. Wir haben danach gescherzt: Sie suchen sich nachträglich ihren Spitzel, auf dem ein Teil der Anklage basiert hatte. Warum der VS genau diese Person angequatscht hat, wissen wir nicht.