Anwälte sprachlos aus Protest
Mit einer Überraschung geht der Prozess gegen drei mutmaßliche Mitglieder der "militanten gruppe" (mg) dem Ende entgegen: Am Mittwoch, dem vorletzten Prozesstag, verzichteten die Angeklagten und ihre Anwälte auf ein Schlussplädoyer. Der Prozess sei weder fair noch rechtsstaatlich gewesen, sagte Verteidiger Olaf Franke in einer kurzen Erklärung. Es sei ein "Klima der Vorverurteilung" geschürt worden. "Wir sind zu der festen Überzeugung gelangt, dass ein Schlussplädoyer unsererseits den Senat nicht beeinflussen wird", so Franke. "Ein Einhalten formaler Spielregeln, die ihres Inhaltes entkleidet sind, macht für die Verteidigung jedoch keinen Sinn."
Die Verhandlung gegen die beiden 37-jährigen Florian L. und Oliver R. sowie den 48-jährigen Axel H. ist der aufwändigste Prozess gegen eine linksextreme Gruppe in den vergangenen Jahren. Seit September 2008 verhandelt der Strafsenat des Berliner Kammergerichts in nun über 60 Prozesstagen gegen die Angeklagten. Ihnen werden Mitgliedschaft in der als kriminelle Gruppe eingestuften "mg" sowie versuchte Brandstiftung vorgeworfen. Die drei Beschuldigten sollen im Juli 2007 in Brandenburg/Havel versucht haben, drei Bundeswehr-Lkws anzuzünden. Beamte, die die Angeklagten bereits monatelang beschattet hatten, entfernten die Brandsätze und nahmen Florian L., Oliver R. und Axel H. wenig später fest.
Die "militante gruppe" gilt als klandestine, linksextreme Gruppe, die sich seit 2001 zu 25 Anschlägen auf Polizei- und Bundeswehrfahrzeuge, auf Sozialämter und Privatfirmen bekannte. Im Juli 2009 soll sich die Gruppe aufgelöst haben. Die Staatsanwaltschaft rechnet die Angeklagten aufgrund "einer Summe von Indizien" der "mg" zu und sieht auch die versuchte Brandstiftung als bewiesen. Sie plädiert auf drei bis dreieinhalb Jahre Haft.
Die Verteidiger kritisierten am Mittwoch den Verfahrensverlauf heftig. Es habe nie eine unvoreingenommene Beweisaufnahme gegeben. Zu groß sei der Druck, endlich Erfolge gegen die "mg" vorzuweisen, gegen die jahrelang erfolglos ermittelt worden sei, so Verteidigerin Undine Weyers. "Wir kapitulieren vor den politischen Vorgaben, die diesen Prozess bestimmen." Die Anwälte gehen von einer Verurteilung ihrer Mandanten aus.
Richter Josef Hoch war sichtlich überrascht vom Rückzug der Verteidigung und beendete die Verhandlung nach 20 Minuten. Beobachter hatten stundenlange Schlussplädoyers erwartet. Nun soll am Freitag das Urteil gesprochen werden. Linke Gruppen rufen gleichzeitig zu einem Solidaritäts-Aktionstag auf.