mg-Verfahren: griechischer Prozessbeobachter
Auf einer Veranstaltung am Donnerstag (18.12.) in Berlin wird der griechische Rechtsanwalt Harry Ladis als internationaler Beobachter seine Einschätzungen im laufenden mg-Prozess gegen Axel, Florian und Olli darlegen. Außerdem wird er die Ereignisse der letzten Tage in Griechenland erörtern.
Harry Ladis hat Fragen des Einstellungsbündnisses beantwortet.
Einstellungsbündnis: Harry, du bist trotz der außergewöhnlichen Tage in Griechenland nach Berlin gekommen. Wie schätzst du die dortige Lage ein?
Harry Ladis: Banken anzünden oder Umverteilungsaktionen in Supermärkten war auch vor dem Aufstand letzter Woche nichts Fremdes in Griechenland. Wie der Unmut gegen ein System Ausdruck findet, wie der Angriff gegen Kapitalismus vergesellschaftet wird, erlebt man momentan in Griechenland.
Du vertrittst in Thessaloniki einen Anarchisten in einem 129a-Verfahren. Wie lässt sich sowas überhaupt noch einordnen nach den Ereignissen auf den griechischen Straßen?
Das erste griechische 129a-Verfahren gegen vier Anarchisten weist eine dialektische Beziehung mit den Ereignissen der letzten Tage auf, die Anklagepunkte erscheinen im Licht dieser Ereignisse als Ordnungswidrigkeiten. Eine ganze Jugend, breite Schichten der einheimischen und ausländischen Bevölkerung könnten als Terroristen betrachtet werden. Oder auch nicht!? Die Verbreitung der Kämpfe erlaubt sogar den schärfsten RepressionsbefürworterInnen keine solchen Überlegungen.
Ist die Verschärfung der Repression einzuhalten? Sind wirklich manche Strukturen zu destabilisieren? Wer gilt letzten Endes als Terrorist? Der Schüler, der eine Autofirma in Brand setzt oder der Polizist, der kaltblütig einen Schüler erschießt?
Du wirst am Mittwoch und Donnerstag den mg-Prozess in Berlin beobachten. Wie ordnest du den Vorwurf gegen die drei Angeklagten ein, als Mitglieder der mg mehrere Bundeswehrfahrzeuge mit Absicht zerstört haben zu wollen?
Dass im Berliner mg-Verfahren drei Angeklagte als Terroristen behandelt werden, gehört nicht zur Natur der Sache. Es ist eher die Konsequenz einer Gesellschaft, die in ihrer großen Mehrheit gewisse Ansätze, wie z.B. die grundsätzliche Ablehnung jeglicher militärischer Intervention, nicht mehr teilt. Der juristische Rahmen umarmt (und erstickt) den Antagonismus der Klassen. Der letztere kann den ersten unter Umständen aber auch sprengen.
Harry, wir bedanken uns und freuen uns auf weitere Ausführungen zu den Themen am Donnerstagabend.
Infoveranstaltung mit internationalen Prozessbeobachtern aus Griechenland und der Schweiz zum Prozess gegen Axel, Florian und Oliver, dem 129b-Prozess in Stuttgart und mit Infos zu Griechenland und Tarnac /Frankreich
Do. 18.12.2008, 18:30
im Clash (Mehringhof), Gneisenaustr.2a, Berlin