Berlin: 7. Prozesstag im mg-Verfahren

Heute, am 29. Oktober 2008, fand in Berlin der siebte Prozesstag im "mg-Verfahren" gegen Axel, Oliver und Florian statt. Es wurde ein BKA-Polizist vernommen, sowie mehrere Gutachten (DNS, Faserspuren, Chemikalien) erörtert. Von Roland Ionas Bialke

Gegen 9 Uhr begann der siebte Prozesstag gegen die angeblichen Mitglieder der "Militanten Gruppe" (mg) im Berliner Kammergericht (Oberlandesgericht). Fünf bis zehn Personen, je nach Tageszeit, waren als Prozessbeobachter anwesend. Zudem noch fünf Zuschauer auf den Journalistenplätzen.

In verschiedenen Gutachten wurden zuerst etliche Spuren ausgewertet. In Rahmen der mündlichen Hauptverhandlung wirkte diese Auswertung ziemlich missverständlich. So wurde erwähnt, dass eine DNS-Spur an einer Assavarte mit der DNS von einen der Beschuldigten überein stimmte. Rechtsanwalt Hoffmann klärte aber auf: Da die Assavarte, ein Benzinkanister, im Auto eines Beschuldigten sichergestellt wurde, ist der Fund der Spur nicht ungewöhnlich und beweist überhaupt nichts. Auch alle anderen DNS-Spuren konnten nicht beweisen, dass die drei Angeklagten für eine Brandstiftung verantwortlich sind.

Ebenfalls als positiv stellte sich ein chemisches Gutachten heraus. Reste von Benzin wurden aus dem Kanister eines Beschuldigten untersucht und mit den Resten des abgebrannten Brandsatz verglichen. Auch Spuren an den Händen der Angeklagten wurden chemisch mit den Resten des abgebrannten Brandsatzes verglichen. Auch hier kam zwar heraus, dass sich im Kanister "Otto-Kraftstoff" befunden haben müsse, aber dieser nicht vergleichbar mit dem Brandbeschleuniger im abgebrannten Brandsatz wäre.

Nun wurden Faserspuren in einen Gutachten erläutert. Blaue Fasern wurden an Spurenträger gefunden, aber da die so häufig sind - wahrscheinlich von Blue Jeans - sagen diese Faserspuren auch kaum was aus. Die Faserspuren nahm KHK Junghähnel vom LKA 533 aus Berlin.

Plötzlich führte die Bundesstaatsanwaltschaft Fotos des Tatorts, von den noch nicht abgebrannten Brandsätzen und anderen in Brandenburg sichergestellten Gegenständen in bester Qualität ein. Die Anwälte der Verteidigung protestierten, denn sie hatten die Fotos zwar gesehen, dies aber in sehr schlechter Qualität, und darum schon am ersten Prozesstag beantragt genau die selbe Akteneinsicht wie die Bundesstaatsanwaltschaft ermöglicht zu bekommen. So zeigte sich aber, dass die Bundesstaatsanwaltschaft sich mit hochaufgelösten Farbfotos vorbereiten konnte, die Verteidigung zur Verfahrensvorbereitung nur schief kopierte und kaum erkennbare Schwarzweisskopien zur Verfügung hatte. Da die Fotos "erhellende Tatsachen" aufweisen, so Rechtsanwalt Hoffmann, wären die schon vernommenen Zeugen ganz anders durch die Verteidigung vernommen worden.

Schliesslich wurden auch die Brandsätze in der Hauptverhandlung behandelt. Die Brandsätze waren angeblich mit einer Zeitverzögerung versehen. Diese Zeitverzögerung soll aus einen Joghurtbecher und einen Grillanzünder bestanden haben. Die Brandsätze waren ja verbrannt, aber das MEK Berlin schien nach dem Gutachten genau zu Wissen wie diese Brandsätze aufgebaut waren: Genau wie sie in dem Buch "Klasse gegen Klasse - Nobelkarossentod" beschrieben worden sind. Ein Brandsatz mit Becherzünder.

Angeblich sollen die Brandsätze vor dem Verbrennen auch noch fotografiert worden sein. Das kann ich aber auch falsch verstanden haben. Jedenfalls rügten die Rechtsanwälten die späte preisgabe der Fotos in dieser Qualität.

Ein paar fiese Details kamen so nebenbei auch ans Licht. Das schon erwähnte Abkleben der Hände der Beschuldigten oder die Wegnahme der Oberbekleidung. Neben der Erfahrung durch ein Überfallkommando aus einen entglasten PKW gezogen zu werden sicher keine schöne Erfahrung. Ein weiteres Detail war, dass Polizisten rund um den Tatort auch die Briefkästen und die Tagespost durchsuchten.

Nun wurde ein Zeuge vom BKA Meckenheim vernommen. Bei diesem zeigte sich aber, dass er kaum aussagen wollte. Daher sagte er andauernd "Das steht nicht in meiner Aussagegenehmigung." Auf die Frage, was denn in der Aussagegenehmigung stehen würde, musste er aber dann doch seine Aussagegenehmigung gründlich durchlesen. Der vorsitzende Richter Hoch fand das so auch in Ordnung, aber die Verteidigung protestierte teilweise erfolgreich gegen diese Verweigerung auszusagen.

Schliesslich stellte sich heraus, dass das BKA mit etwa ein Dutzend Personen in einer Konferenz die Zeugen auf den Prozess vorbereitet hatte. Es gab also sehr wahrscheinlich Absprachen über Aussagen innerhalb des Bundeskriminalamts.

Zum Schluss wurde eine CD erörtert auf denen Aufzeichnungen des nicht-öffentlich gesprochenen Worts zweier Beschuldigter befinden. Diese Aufnahmen wurden von einem Observationsteam angefertigt. Nach der Bearbeitung des Ton-Materials will der BKA-Ermittler beim 20-maligen Reinhören ein unverständliches "Bra?n?schlag" ausgemacht haben.

Die nächsten Termine sind:

  • 30. Oktober 2008 - 9 Uhr, Gerichtsgebäude Berlin-Moabit, Turmstraße 91, Saal 700
  • 5. November 2008 - 9 Uhr, Gerichtsgebäude Berlin-Moabit, Turmstraße 91, Saal 700
  • 6. November 2008 - 9 Uhr, Gerichtsgebäude Berlin-Moabit, Turmstraße 91, Saal 700

S-Bahnhof Bellevue (S7) oder U-Bahnhof Turmstrasse (U9)

Kommt zu den Terminen, beobachtet und schreibt mit! Ergänzt diesen und andere Artikel, schreibt selbst Artikel und veröffentlicht diese. Es ist ein bisschen arm, wenn eine handvoll Menschen den Prozess beobachten und nebenbei drei Menschen eingemacht werden. Auf der Homepage des Einstellungsbündnisses finden sich auch gute Prozessberichte. Informiert Euch und werdet aktiv!

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