Berlin: 3. Prozesstag im mg-Verfahren
Heute, am 08. Oktober 2008, fand in Berlin der dritte Prozesstag im "mg-Verfahren" gegen Axel, Oliver und Florian statt. Es sollte die erste Zeugin gehört werden.
Gegen 13 Uhr begann der dritte Prozesstag gegen Axel, Oliver und Florian im Raum 700 des Kriminalgerichts Berlin-Moabit. Der vorsitzende Richter Hoch wollte die erste Zeugin, eine Beamtin des Bundeskriminalamts, hören.
Die strengen Sicherheitsmassnahmen blieben weiter bestehen. ProzessbeobachterInnen durften nur zu zweit in den gesonderten Gerichtstrakt eintreten und wurden dann von einen Justizmitarbeiter bzw. einer Justizmitarbeiterin unter der Aufsicht der Polizei, es standen zwei Polizisten im Durchsuchungsraum, durchsucht. Ob wieder die Ausweise kopiert wurden konnte ich nicht sehen, jedoch konnte die Polizei, entgegen der Aussage von Richter Hoch, sehr wohl kontrollieren wer zu diesem Prozess zur Beobachtung gekommen war. Dies schreckte auch viele Menschen ab zu dem Prozess zu kommen. Trotzdem waren etwa 30 ProzessbeobachterInnen und ein paar JorunalistInnen gekommen um sich anzuschauen was da im Gerichtssaal und drumherum geschieht. Es durften wieder nur Bleistifte und keine Kugelschreiber mit in den Gerichtssaal genommen werden. Die ProzessbeobachterInnen wurden genau abgetastet. Bei der Kontrolle mussten die Schuhe ausgezogen werden und es wurde kontrolliert ob etwas in den Socken oder den Schuhen steckten. Neben den Füssen wurden auch andere intime Körperbereiche abgetastet.
Noch bevor Richter Hoch die Zeugin aufrufen lassen konnte kamen die ersten Einwände der Verteidigung zur Zeugenvernehmung. Die Verteidigung hielt dem Gerichtssenat vor, dass die VerteidigerInnen und die Angeklagten auf Grund der Sitzordnung nicht in das Gesicht der Zeugin sehen könnten. Die Bundesanwaltschaft und der Gerichtssenat könnten das aber schon. Dadurch wäre die Verteidigung benachteiligt, da sie eine schlechtere Wahrnehmung hätte, wenn die Verteidigung nur den Hinterkopf der Zeugin sehen würde. Ausserdem wurde dem vorsitzenden Richter vorgehalten, dass die Bundesanwaltschaft (BAW) einen Rückzugsraum im Gerichtsgebäude erhält, die Verteidigung aber nicht. Und das ist ein eindeutiges ungleichbehandeln der Parteien im Prozess. Die Verteidigung gab einen entsprechenden Antrag zu Protokoll, worauf die Verhandlung für 30 Minuten unterbrochen wurde. Im Antrag kam auch vor, dass neun Polizeibeamte, sechs in Uniform und drei in ziviler Kleidung den Prozess überwachen würden. Dies verstiess eindeutig gegen die angeordnete Sicherheitsverfügung des vorsitzenden Richters, dass sich nur 6 Polizisten im Raum aufhalten dürften. Es wurde beantragt die Namen der BKA-Beamten in ziviler Kleidung und den Grund der Anwesenheit zu nennen.
Nach der Pause erschien die Verteidigung samt Angeklagten ein wenig zu spät. Daraufhin ranzte Richter Hoch die VerteidigerInnen an, dass sie pünktlich kommen sollten. Da er merkte, dass er bei den VerteidigerInnen damit nicht weiterkam, belehrte er nun die Angeklagten pünktlich zu kommen, ansonsten würde er "sitzungspolitische Massnahmen" ergreifen. Seine nächsten Ausführungen konnte kaum jemand der ProzessbeobachterInnen hören, da er mal wieder nicht ins Mikrofon sprach. Daran wurde er aber von den BeobachterInnen erinnert. Den Antrag der Verteidigung lehnte der vorsitzende Richter Hoch ab. Dies begründete er damit, dass er an der baulichen Umstand und an der räumlichen Gegebenheit nichts ändern könne. Auch den Vorschlag die Zeugin einige Meter weiter hinten auf dem Platz des Sachverständigen zu vernehmen lehnte der Richter ab. Dazu führte Richter Hoch aus: "Der Zeuge fühlt sich auf den Platz des Sachverständigen nicht angesprochen." Diese Behauptung klang etwas wirr, da der Sachverständige sich aus dieser Entfernung ja auch angesprochen fühlt und Zeugen in einem Gerichtssaal bei der Vernehmung unter 1000 Augen von ZuschauerInnen und prozessbeteiligten Menschen sich ganz sicher angesprochen fühlen. Oder fühlst Du Dich nicht angesprochen, wenn Du von vielen Menschen angestarrt wirst?
Nach der Ablehnung des Antrags gab ein Verteidiger an einen Befangenheitsantrag stellen zu wollen. Daher bat er um eine Pause von 60 Minuten. Dem wurde stattgegeben. Die Unterbrechungen nervten etwas, da die ProzessbeobachterInnen in den langen Pausen raus aus den Sicherheitstrakt des Gerichts sollten und sich dann später wieder den Kontrollen unterziehen mussten. Diese Pausen haben aber auch einen Vorteil: Umso länger das Personal des Gerichts (RichterInnen, JustizmitarbeiterInnen, StaatsantwältInnen) für dieses Verfahren gebunden werden und ganze 3 Gerichtssäle verwendet werden, kann mit diesen Personal und in diesen Gerichtssälen kein anderer Prozess stattfinden. Jeder Prozess der länger dauert als er zeitlich durch das Gericht angesetzt wurde ist ein guter Prozess, denn er sabotiert das System.
Gegen 15 Uhr 30 ging der Prozess dann weiter. Die Verteidigung lehnte geschlossen den vorsitzenden Richter Hoch "in Besorgnis der Befangenheit" ab. Der Richter würde willkürlich und unverhältnismässig entscheiden und dadurch sei die Verteidigung benachteiligt. [Die Zeugin kann übrigens auch auf den Richterstuhl platznehmen, dann sieht jede/r ihr Gesicht bei der Vernehmung. - Anmerkung RIB] Im Ablehnungsantrag wurde festgestellt, dass nicht einmal der Versuch durch den Richter gemacht wurde die Sache mit den Zivilpolizisten aufzuklären. Diese sassen übrigens gut getarnt bei der Presse und mussten sich keine Kontrollen unterziehen. Es wurde weiter festgestellt, dass die BKA-Beamten in ziviler Kleidung durch den Richter Hoch genehmigt wurden - Das hatte der Richter vorher selbst bestätigt. Da diese BKA-Polizisten nicht wie in der Zugangsgenehmigung als Beobachter an dem Prozess teilnahmen, (Beobachter nehmen bei den ZuschauerInnen platz) sondern direkt im Gerichtssaal sassen, wären es Prozessbeteiligte und könnte so direkt Zeugen beeinflussen. Das ist im Übrigen schon oft vorgekommen, dass ein Polizist zu einen gerade im Gerichtssaal aussagen Polizisten sagt: "Pssst, sag das nicht!" Die Verteidigung führte aus: "Das BKA ist prozessbeteiligt!", worauf Richter Hoch erwiderte: "Das ist nichts was in der Hauptverhandlung zu klären ist." Der Staatsanwalt wollte wohl auf eine Prozessverschleppung anspielen und meinte: "Dass sie wegen Dinge die nichts mit dem Verfahren zu tun haben Anträge stellen."
Die Verteidigung zauberte nun einen Ordner des Gerichts "Vorgänge ab Anklageerhebung" hervor. Diese Akte enthielt ein Fax von einem Kriminaldirektor Funke (BKA), der dem Richter Hoch mitteilte, dass er BKA-Beamte (in ziviler Kleidung) schicken würde die zu "Fortbildungszwecken" und zur "Lageerkundung" den Prozess beobachten würden. Die Namen würden dem Richter dann vor jedem Verhandlungstag bekanntgegeben.
Die Prozessbeteiligten und die ProzessbeobachterInnen erfuhren nun, dass sich am ersten Verhandlungstag die beiden BKA-Polizisten "Jörg Christian Schmeck" und "Christorf Skowalski" in ziviler Kleidung im Gerichtssaal aufgehalten hatten. Abgesegnet durch den vorsitzenden Richter Hoch. Ein klarer Verstoss des Richter Hoch gegen die Sicherheitsverfügung des Richter Hoch!
Die Verteidigung bemerkte folgendes: "Es schreckt Menschen die den Prozess beobachten ab, wenn Ihre Ausweise kopiert werden und sie von Beamten in zivil beobachtet werden. Die Verteidigung wurde von den Beamten in zivil nicht in Kenntnis gesetzt. Da sollte was unter dem Teppich gehalten werden (...)!
Der vorsitzende Richter entschied über den Befangenheitsantrag folgenderweise: "Nun gut, (...) damit fahren Wir mit der Verhandlung fort (...)" - Er ging nicht auf den Befangenheitsantrag ein, stellt ihn anscheinend zurück.
Jetzt wurde die erste Zeugin in den Gerichtssaal gerufen. EKHK´in Angelika Baumgart arbeitet beim Bundeskriminalamt in Meckenheim und ist 53 Jahre alt. Am 31.07.2007 wurde ihr von dem BKA-Polizisten Schäfers mitgeteilt, dass eine Festnahme stattgefunden hatte. Sie reiste daraufhin nach Brandenburg. Baumgart war an dem feinassavieren beteiligt. Das heisst, sie bekam die Assavarten und sortierte dann nochmal alles und gab die Assavarten dann an die entsprechenden "KT-Bereichen" (Kriminaltechnik) ab. Sie berichtete, dass sie einen DIN-A5-Zettel mit einer E-Mailadresse in einen einer Jackentasche gefunden hatte, auf der eine E-Mailadresse und ein Passwort standen. Ausserdem soll da "Teffpunkt in Karstadt ohne Datum" [sinngemäss - Anmerkung RIB] draufgestanden haben.
Florian soll über Schmerzen, verursacht durch die Festnahme, geklagt haben. Daraufhin sei er in ein Krankenhaus gebracht, dort aber für Haftfähig erklärt worden. Die BKA-Beamtin sagte dann noch folgendes: "(Axel) H. hatte Probleme seinen Anwalt zu erreichen, da habe ich ihn mein Handy gegeben, damit er ihn anrufen kann." - Diese Aussage klang eher nach "Wir haben Dein Anwaltsgespräch aufgezeichnet" als nach "Polizei, Dein(e) Freund(in) und Helfer(in)".
Gut agierte Rechtsanwalt Thomas Herzog - Baumgart, die ziemlich leise sprach aber recht selbstbewusst auftrat, wurde regelrecht von ihm auseinandergenommen. "Drehen sie sich mal zu mir" und "sprechen sie ins Mikrofon" lauteten seine Aufforderungen. Immer wenn aus dem ZuschauerInnenbereich ein "lauter" kam, wartete Herzog einen Augenblick um dann zu fragen "Was? Das habe ich nicht verstanden!" So bekam jedenfalls jede/r der ProzessbeobachterInnen etwas von ihrer Aussage mit und die Öffentlichkeit war in dieser Hinsicht nicht ausgeschlossen. Die selbstsichere Beamtin bekam jedenfalls durch die Befragung eine ziemlich zittrige Stimme und gestikulierte ziemlich abgehackt. Bei der Frage, ob denn LKA-Beamte in Brandenburg anwesend waren, konnte sich EKHK´in Baumgart dann plötzlich nicht mehr erinnern. Seltsam, da erinnert sich die hochrangige Beamtin an das Format eines Zettels, aber an diese wichtige Information kann sie sich nicht erinnern.
Auf Nachfrage gab sie dann noch an, an der Durchsuchung einer Bäckerei (?) beteiligt gewesen zu sein. Nun wurde thematisiert, dass eine Nachricht an einen gewissen "Wagner" aus den Akten gelöscht wurde. Was das war, dass konnte aber nicht mehr erörtert werden. Denn gegen 17 Uhr 45 wurde vom vorsitzenden Richter Hoch die Befragung unterbrochen, da die Zeugin sonst ihren Flug verpassen würde.
Der nächste Prozesstag ist morgen, am 09. Oktober 2008, um 9 Uhr im Kriminalgericht Berlin-Moabit, Raum 700.
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