Prozess um linksgerichtete «militante gruppe» begonnen

Angeklagte berufen sich auf Recht auf Widerstand gegen Krieg

Berlin, 25. September (AFP) - Zum Auftakt des Berliner Prozesses um die linksgerichtete «militante gruppe» (mg) hat sich einer der Angeklagten auf das Recht auf Widerstand gegen Krieg berufen. In einer von dem 47-jährigen Sozialpädagogen Axel H. am Donnerstag vor dem Kammergericht verlesenen Erklärung hieß es, viele Formen des Widerstands gegen den Krieg seien legitim. Sabotage sei ein Teil davon. H. trug die Stellungnahme im Namen auch seiner zwei Mitangeklagten vor. Die Bundesanwaltschaft wirft den Angeklagten die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie versuchte Brandstiftung vor. Ihnen drohen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.

Die drei Berliner Axel H., Florian L. und Oliver R. waren am 31. Juli 2007 festgenommen worden, nachdem sie versucht hatten, in Brandenburg an der Havel drei Lkw der Bundeswehr in Brand zu setzen. Laut Anklageschrift legten L. und R. mehrere Brandsätze unter die Fahrzeuge und zündeten sie, während H. am Auto auf sie wartete. Polizisten hätten die Brandsätze rechtzeitig löschen können. Die drei Männer seien auf der Rückfahrt nach Berlin festgenommen worden.

Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft gehören alle drei Männer der «militanten gruppe» an. Diese verstehe sich als «militante, sozialrevolutionäre und antiimperialistische Gruppe, die zielgerichtet an der Überwindung des staatlichen Systems der Bundesrepublik Deutschland arbeitet». Dazu habe sie zwischen Juni 2001 und Mai 2007 im Raum Berlin 25 Brandanschläge verübt.

Der Fall der drei Berliner hatte schon im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt. Die heute 36 bis 47 Jahre alten Männer waren ursprünglich nach Paragraph 129a des Strafgesetzbuches unter Terrorismusverdacht inhaftiert worden. Ihnen hätten dann sogar zehn Jahre Haft gedroht. Im November 2007 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings, dass die mg nicht als terroristische Vereinigung einzustufen sei.

Zur Begründung erklärte der BGH, zwar handele es sich bei den Brandanschlägen um «potenziell terroristische Delikte». Für die Einstufung als Taten einer terroristischen Vereinigung reichten sie nicht aus, denn als solche müssten sie geeignet sein, die Bundesrepublik «erheblich zu schädigen». Stattdessen greift nun der Paragraph 129, der die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mit bis zu fünf Jahren Haft ahndet.

Zum Prozessauftakt am Donnerstag versammelten sich rund 20 Anhänger der linken Szene vor dem Gerichtsgebäude, um gegen den Paragraphen 129a zu protestieren. Der strikten Sicherheitsvorkehrungen bei dem Prozess wurden von der Verteidigung als überzogen kritisiert. Sie monierte vor allem, dass von allen Zuschauern Kopien der Personalausweise angefertigt wurden und nicht klar sei, ob die Zuschauer von Beamten des Landeskriminalamtes registriert würden.

Die Verteidigung beantragte zudem die Aussetzung des Verfahrens und Einsicht in weitere Aktenordner, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung seien. So fehlten in den Unterlagen etwa Observationsberichte über Florian L., dessen Hauseingang das Bundeskriminalamt mit einer Videokamera überwacht habe. Der Vertreter der Bundesanwaltschaft hielt dem entgegen, dem Gericht seien alle Akten vorgelegt worden, «die dieses Verfahren betreffen». Das Gericht stellte seine Entscheidung über die Anträge vorerst zurück und legte den nächsten Verhandlungstermin auf den 1. Oktober fest. Der Prozess ist bis zum 7. Januar 2009 terminiert.

In seiner Erklärung führte Axel H. eine Reihe von ähnlichen Prozessen aus dem Ausland an, bei denen die Angeklagten nach der Sabotage von Militärausrüstung, die etwa im Irak hätte eingesetzt werden sollen, freigesprochen worden seien. In Deutschland sollten hingegen politische Aktivitäten kriminalisiert werden.

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