Kriegsgegner in Aktion
Friedensbewegung demonstrierte in Berlin und Stuttgart gegen Bundeswehreinsatz in Afghanistan. SPD-Fraktionschef für AWACS-Entsendung
Von Markus Bernhardt
Mehrere tausend Kriegsgegner haben am Sonnabend in Berlin und Stuttgart gegen eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan demonstriert. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung für den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan eintritt, will die Bundesregierung das Kontingent um 1000 Soldaten auf insgesamt 4500 Mann aufstocken. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sollen auf einer für den 7. Oktober geplanten Sondersitzung über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes beraten. Die Abstimmung selbst ist für Mitte Oktober angesetzt.
In Berlin hatte ein breites Bündnis von über 250 Gruppierungen zu der Demonstration aufgerufen. Nach Angaben der Polizei folgten dem Aufruf etwa 3300 Personen, die Veranstalter sprachen von 7000 bis 8000 Teilnehmern. Noch während sich der Zug am Brandenburger Tor in Bewegung setzte, kam es zu ersten Provokationen von seiten der Polizei. Beamte versuchten grundlos, eine Gruppe kurdischer Demonstranten zu bedrängen. Dies konnte jedoch durch das beherzte Eingreifen vor allem älterer Teilnehmer aus dem »Antikapitalistischen Block« verhindert werden, die sich schützend um die Kurden herum postierten.
Bei der Abschlußkundgebung am Berliner Gendarmenmarkt entzündeten Demonstranten einen Pappanzer, um gegen die Kriminalisierung von Kriegsgegnern im Rahmen des Verfahrens gegen die sogenannte militante Gruppe (mg) zu protestieren, deren Prozeß am Donnerstag in Berlin beginnen soll. Die Polizei löschte den Brand.
In Stuttgart nahmen etwa 3000 Menschen an der Demonstration teil. Bernd Riexinger, Mitglied des Landesvorstandes der Linkspartei in Baden-Württemberg, bezeichnete den Auslandseinsatz der Bundeswehr auf der Kundgebung als gescheitert. Die afghanische Frauenrechtlerin Zoya konstatierte: »Es gibt keine Meinungsfreiheit im Land. Die alliierten Truppen haben die bestehenden demokratischen Gruppen ignoriert, anstatt sie zu unterstützen«. Auch die Verstärkung der Besatzungstruppen, wie beispielsweise von US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama gefordert, werde an der Lage nichts ändern.
Zufrieden mit den Protesten äußerten sich deren Organisatoren. Es sei gelungen, ein beeindruckendes Zeichen gegen die völkerrechtswidrige Intervention in Afghanistan zu setzen. Immer mehr Bundesbürgern werde bewußt, daß Besatzung und Krieg sowie die vorgesehene Truppenverstärkung von US-Armee und Bundeswehr das Land weiter destabilisieren würden. Selbst Exverteidigungsminister Peter Struck, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, räumte am Wochenende ein, die Zustimmung zum Bundeswehreinsatz sinke. Dessenungeachtet sprach er sich erneut dafür aus, der möglichen Bitte der NATO um Entsendung von AWACS-Aufklärungsflugzeugen nachzukommen.