Kurzmelder: Sonderforschungsbereich 700 »entbettet«
Hinter dem Sonderforschungsbereich 700 (SFB 700) an der Freien Universität Berlin verbirgt sich eine Forschungseinrichtung, die in den letzten Monaten unrühmliche Schlagzeilen machte – dank tatkräftiger antimilitaristischer Untersuchung und Praxis. Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und unter Beteiligung der Universität Potsdam, des Wissenschaftszentrum Berlin, der Hertie School of Governance, der Stiftung Wissenschaft und Politik und des European University Institute, beschäftigt sich der SFB 700 seit 2006 mit Fragen, die im Zuge zunehmender gesellschaftlicher Militarisierung und militärischer Interventionen nicht nur bittere Aktualität aufweisen, sondern eine direkte Grundlage für militärisches Agieren z. B. in Afghanistan bilden.
Unter dem Titel »Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit: Neue Formen des Regierens?« wird hier über neue Formen der Herrschaftssicherung in Regionen außerhalb der OECD-Welt in sogenannten zerfallen(d)en Staaten geforscht. Betrieben wird also Interventions- und Kriegsforschung, die nur dazu dient, Modelle militärischer und ziviler Besatzung zu entwickeln, mit denen westliche Interessen durchgesetzt und Widerstand abgefedert werden sollen.
Ob Intervention als militärische Besatzung, Entwicklungshilfe oder durch Good-Governance-Vorgaben, es geht immer um die Herstellung von günstigen Rahmenbedingungen, die sich aus der neo-liberalen kapitalistischen Logik ergeben: Rechtssicherheit für Investitionen und Handelsverträge, Privatisierung auf allen Ebenen, Eigentumssicherung, Zugriff auf billige Arbeitskräfte und Rohstoffe, sichere Transportwege etc.
»Kriegsforschung stoppen« und »Wer sich einbettet, muss Federn lassen« war am 12. November 2008 am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin auf Transparenten zu lesen. Die »Entbettungsaktion«, bei der blutverschmierte Kissen an den Türen verantwortlicher ForscherInnen des SFB 700 angebracht wurden, erreichte ihr Ziel. Es wird sich wieder politisch gestritten: die Tätigkeit der SFB-700-ForscherInnen geriet an der Universität und darüber hinaus in die Diskussion. Dass einige der ForscherInnen eine Studie zur effizienten Herstellung von Akzeptanz und Sicherheit für die SoldatInnen der Bundeswehr in Afghanistan als Geheimstudie im Auftrag des Verteidigungsministeriums durchgeführt wurde, geht vielen Studierenden und Lehrenden zu weit.
Es ist ein erster Schritt, die WissenschaftlerInnen zur Rechtfertigung zu zwingen und deutlich zu machen, dass wir die neo-liberale Maxim des »There is no Alternative« nicht geschluckt haben. Stellen wir uns konsequent gegen jede Form von Kriegsforschung für globale Interventionen und Herrschaftssicherung. Widerstand ist notwendig.
Weitere Infos zum Thema: http://de.indymedia.org/2008/11/231649.shtml