Bericht 56. Prozesstag (03.09.2009)

Antrag zur Vernehmung des Verfassungsschutzmitarbeiters

Die Verteidigung beantragte den Zeugen Guido Eggebrecht vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erneut zu laden. Dieser hatte bei seiner letzten Vernehmung mitgeteilt, sich von seinem Vorgesetzten eine Aussagegenehmigung zum Fragenkomplex "Runder Tisch der Militanten" zu besorgen. Dem entgegen teilte das BfV am 06.08.09 mit, die Verteidigung könne an den Zeugen Eggebrecht nur schriftliche Fragen stellen. Die Verteidigung gab in ihrem Antrag an, dass es für ein faires Verfahren erforderlich sei, den Zeugen Eggebrecht unmittelbar im Gericht zu befragen.
Da das BfV behauptete, die Identität des am "Runden Tisch der Militanten" teilnehmenden Antonio zu kennen, präsentierte die Verteidigung nun Kopien von Telefonabhörprotokollen des BfV welche belegen, dass die Behauptung des BfV nicht korrekt sein können. Es handele sich hier entgegen der Aussagen des BfV nicht um ein Treffen von Militanten, sondern um ein Treffen ehemaliger TAZ Mitarbeiter. Das die Behauptungen des BfV nicht stimmen können wurde unter anderem auch daran deutlich, das daran sechs und nicht sieben Personen teilgenommen hätten und von diesen sieben eine Person ihren Wohnsitz in den 80er Jahren gar nicht in der BRD gehabt habe. Drei weitere Personen stünden gar nicht im Verdacht Ende der neunziger Jahre militanten Zusammenhängen angehört zu haben. All dies passe nicht zum Konstrukt der BAW. Der Zeuge Eggebrecht werde dies in einer Befragung vor Gericht auch bestätigen müssen, so die Verteidigung.

Befragung des Zeugen Wiek (Spezialist für Zünder)

Nun wurde der Zeuge KHK Wiek (oder KHK Wick) vernommen. Er arbeitete von 2001 bis 2005 als Experte für Sprengstoff und Zünder beim Tatmittelmeldedienst. Er sagte aus, dass er häufig mit dem so genannten "Nobelkarossentod" zu tun gehabt habe. Befragt wurde er vorallem zu den Möglichkeiten diesen anhand von baulichen Unterschieden verschiedenen Tätergruppen zuzuordnen. Das sei seiner Erfahrung nach wegen des Vorhandenseins einer publizierten Bauanleitung äußerst schwierig und nur möglich, wenn von dieser abgewichen werde. Er habe zwischen 2001 und 2005 ca. 85 mal den "Nobelkarossentod" beurteilt.
Auf Nachfrage der Verteidigung gab er an, dass es auch sein könne, das manches nicht an den Tatmittelmeldedienst weitergeleitet wurde. Deshalb könne er nicht ausschließen, das es in dieser Zeit noch zahlreiche weitere Verwendungen dieses Sprengsatztypes gab. Von einem Schulungsfilm welcher 1998 durch das LKA Rheinland Pfalz zum Nobelkarossentod gedreht wurde hatte er keine Kenntnis. Sein Kollege Matzich könne über den aktuellen Stand berichten.

Antrag der Verteidigung zur Wertermittlung der BW-Fahrzeuge

RA Schrage beantragte Dr. Bornschlegel von der vebeg GmbH zu laden. Dieser soll Angaben zur Wertermittlung der Bundeswehrfahrzeuge machen und bestätigen, dass gleichwertige Bundeswehr-Lkw, wie die in Brandenburg für weit weniger als von der Bundeswehr angegeben veräußert wurden. Die BAW gab dazu eine Stellungnahme ab und beantragte diese Preiseinschätzung abzulehnen da die Wirtschaftskrise mittlerweile Einfluss auf die Preisgestaltung gehabt habe.

Zur Veröffentlichung des Minihandbuches

Es wurde das Vorwort der Interim vom Januar 2008 verlesen in welchem davon die Rede ist, dass man das "Minihandbuch für Militante" zwar vor einem halben Jahr zugeschickt bekommen habe, aber es erst jetzt (01/08) teilweise veröffentlichen könne. Laut Verteidigung müsse das auch das BfV wissen da es den vollständigen Posteingang der Zeitschrift "Interim" kontrolliere.
Nun wurde das Gutachten eines Physikers über die kriminaltechnische Untersuchung der bei einer Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten gefundene Kopie des "Minihandbuches für Militante" verlesen. Der Physiker stellte darin fest, dass es sich um Kopien und nicht um Ausdrucke handelt. Folglich können diese auch nicht auf einem der beiden beschlagnahmten Drucker gefertigt worden sein. Ob es sich um eine Kopie einer Kopie einer Kopie .....usw. handelt wurde nicht untersucht. Obwohl dies nachzuweisen nach Aussage der Verteidigung möglich gewesen wäre. Man kann diese vielfachen Kopien beispielsweise gut daran erkennen, dass unter starker Vergrößerung ausgefranste Buchstabenränder sichtbar werden. Die BAW widersprach und sagte, dass sei nicht möglich.

BAW zur Ladung des Zeugen Eggebrecht vom BfV

Die BAW beantragte nun den Antrag der Verteidigung zur Ladung des Zeugen Eggebrecht abzulehnen. Die Verteidigung antwortete darauf, dass ein weiteres Behördenzeugnis des BfV sicher nicht ausreichend und eine direkte Befragung des Zeugen unbedingt notwendig sei. Dies habe sich zum Beispiel am Behördenzeugnis welches auf Aussagen des angeblichen V-Mannes beruht, der wie sich herausstellte seine Erkenntnisse allein "durch Hören sagen" gewann, gezeigt.

Knallkörper

Als nächstes wurden Bilder in Augenschein genommen welche Feuerwerkskörper zeigen, die im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung bei einem der Angeklagten gefunden wurden. Die Verteidigung wandte ein, dass diese Durchsuchung nicht rechtmäßig gewesen sei.
Sie wurden durch das BKA begutachtet und sind so wie sie gefunden wurden in Deutschland nicht zugelassen. Das Verfahren dazu ist vorläufig eingestellt, da die daraus zu erwartende Strafhöhe im Verhältnis zu der aus diesem Verfahren möglichen Strafhöhe sehr gering wäre. Die Verteidigung beantragt, diese Feuerwerkskörper ergänzend durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen um nachzuweisen, dass sie durch Überlagerung längst nicht mehr funktionsfähig sind.

Ablehnung aller Anträge

Nach der Mittagspause wurde der Beweisantrag abgelehnt, Dr. Bornschlegel zu laden, weil seine erwartete Aussage als wahr unterstellt wurde. Der Beweisantrag vom 02.09.09 Fromm (BfV), Ziercke (BKA) und Claudia Schmidt (LfV, Berlin) zu laden, wurde abgelehnt, soweit er sich nicht durch die Behördenzeugnisse (die gestern eingeführt wurden) erledigt hat.
Nach einer weiteren Beratungspause des Gerichts bis 13.40 Uhr wurde der Beweisantrag, den Verfassungsschutzmitarbeiter Eggebrecht erneut zu laden abgelehnt.
Ebenso wurde der Beweisantrag zu den Feuerwerkskörpern abgelehnt.
Die Verhandlung endete um13:45 Uhr.

Nächster Prozesstermin, Do, 10.09.2009, 09:00 Uhr

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