Bericht vom 22. Prozesstag (11.02.2009)

Erster Zeuge
Der 22. Verhandlungstag begann mit der Fortsetzung der Vernehmung des verkleideten Zeugen Weiß, LKA (dem Verfasser des Berichtes zu den Ereignissen des 30./31.7.07 in Brandenburg). Da einige ZuschauerInnen zu Beginn der Verhandlung durch langwieriges Kopieren der Ausweise bei der Sicherheitskontrolle am Eingangaufgehalten wurden, musste der Richter das bisher Verhandelte für sie noch einmal zusammenfassen.

Der Zeuge berichtete von der Observation und Festnahme am 30.7.07, allerdings konnte er sich an zahlreiche Fakten nicht mehr erinnern. Bei dem gemeinsamen Ausflug und den Gesprächen einiger LKA Beamter am 29.12.08, war er nicht dabei hätte aber davon gehört. Auch vom Festnahmeort erfuhr er seiner Aussage nach nur durch Hörensagen. Wer ihndavon unterrichtete wusste er auch nicht mehr, da es bei seiner Dienststelle dem LKA 6/11 KOST (Koordinierungsstelle) häufig wechselnde Mitarbeiter gäbe.
Aufzeichnungen über ein koordinierendes Telefonat, durch welches er Kontakt mit dem BKA hatte, befinden sich in den Kopien des Observationsberichtes. Dazu sollte es telefonisch eine Klärung geben, weshalb die Sitzung nun für 10 Minuten unterbrochen wurde.

Die Fragen der Verteidigung, wann er am Observationstag das erste Mal Kontakt zum BKA aufgenommen hätte, wann er für ihn neue, relevante Informationen erhalten habe, wer verantwortlich bei der Festnahme gewesen sei und von wem die Gegenstände bei der Festnahme sichergestellt wurden, konnte er nicht beantworten. Nachmittags hätte er noch einmal beim BKA angerufen, um zu erfahren, was sie genau zu tun hätten und während der Festnahme ebenfalls.

Telefonüberwachung
Nach der Entlassung des Zeugen Weiß wurden vom Vorsitzenden Richter Hoch sechs Abschriften von abgehörten Telefonaten verlesen und damit ins Verfahren eingeführt. Bei den nur wenige Sekunden dauernden Gesprächen, trafen die Teilnehmer kurze Absprachen darüber, wann sie sich sehen würden und sprachen davon eine Autovermietung zu kontaktieren. Alle Telefonate fanden im Juli 2007 statt. Die Zuordnung der Angeklagten zu den Stimmen am Telefon wurde von der Verteidigung angezweifelt. Ihrer Auffassung nach seien die Gesprächsprotokolle nicht gerichtlich verwertbar. Zusätzlich wurde die Art und Weise in der bereits mehrmals Beweismittel eingeführt wurden stark kritisiert.

Nach der Mittagspause konnte die Öffentlichkeit wieder nicht rechtzeitig ab Beginn der Verhandlung am Geschehen teilnehmen, da es abermals zu starken Verzögerungen durch langwierige Durchsuchungen am Einlass kam.

Zweite Zeugin
Die Zeugin Konta vom LKA Berlin erschien ebenfalls in auffälliger Verkleidung. Um sich über den Prozess und die bisher gemachten Aussagen zu informieren gab sie an, die Prozessberichte der - wie sie sagte - "gegnerischen Seite" im Internet gelesen zu haben. Dies sorgte im Saal für einige Erheiterung. Bei der Observation am 30.7.07 fuhr sie den Verdächtigen durch Brandenburg hinterher. Sie war nicht auf dem MAN-Gelände und kam anschließend am Festnahmeort erst an, als ihre Kollegen bereits die Scheiben des Fahrzeuges eingeschlagen, die Türen aufgerissen und die Insassen des Wagens herausgezerrt hatten. Sie sah nach ihrer Aussage während ihres ca. 10-minütigen Aufenthaltes einen Festgenommenen auf dem Boden liegen und einen weiteren an einem Zaun. Beide trugen so genannte "Schlafbrillen" und waren gefesselt.

Da sie viele weitere Fragen der Verteidigung nicht beantwortete und immer wieder ihre dazu fehlende Aussagegenehmigung anführte, gab es nun eine Pause, in welcher sie diese genauer mit ihrem Vorgesetzten abklären solle. Bei zahlreichen anderen Fragen konnte sie sich selbst an sehr nahe liegende Fakten angeblich nicht mehr erinnern. Weder fiel ihr ihre Codierendnummer ein, noch wusste sie mit wem oder wie vielen Kollegen sie den Festnahmeort verlassen hatte.

In Anwesenheit der Zeugin wurde von Seiten der Verteidigung dem Gericht gegenüber festgestellt, dass durch die bisherigen Zeugenbefragungen weder der Abtransport der Gefangenen, noch die Identität der an der Festnahme Beteiligten, deutlich geworden wäre. Die Anwälte stellten daraufhin den Antrag, die Weigerung der Zeugin Fragen zu beantworten zu protokollieren und über die Klärung folgender Fragen zu entscheiden:Welche Kollegen saßen mit der Zeugin auf der Heimfahrt im PKW oder fuhr sie allein? Wie viele Fahrzeuge waren am Festnahmeort? Wie viele Kollegen blieben am Festnahmeort als sie wegfuhr? War der Kollege Gottschalk auf dem Weg zum Festnahmeort bei ihr im PKW? Wie viele weibliche Kollegen waren am Einsatz beteiligt? Wer nahm Oliver R. fest? Wer weiß mehr?

Nachdem die Zeugin unvereidigt entlassen wurde machte die Verteidigung noch einmal deutlich, dass der Ablauf und die Art und Weise der Durchsuchung und Verbringung der Angeklagten immer noch völlig ungeklärt sei. Die Staatsanwaltschaft lenkte daraufhin ein und kündigte an, Informationen über weitere Beamte, die an der Festnahme und Durchsuchung beteiligt waren, nachzuliefern.

Die Anwälte forderten die Praxis des Gerichtes, Zeugenladungen erst kurz vor dem Verhandlungstag bekannt zu machen, zu ändern. Daraufhin erklärte der Richter, dass zum Thema "Brandenburg" demnächst alle Zeugenladungen abgeschlossen seien und der nächste Verhandlungskomplex beginnen würde.

Zum Ende des Verhandlungstages gab es einen weiteren Disput zwischen Verteidigung und Gericht über den von der Bundesanwaltschaft noch nicht bearbeiteten Antrag auf Herbeiziehung weiterer Akten.

Am nächsten Verhandlungstag, Donnerstag den 12.2.09 um 9.00 Uhr wird der Prozess mit der Vernehmung des Zeugen Gottschalk fortgesetzt.

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