Bericht vom 18. Prozesstag (08.01.2009)

An diesem Prozesstag war die Vernehmung des Zeugen 99100001 angekündigt. Dieser kam sichtlich verfremdet durch Perücke, Schnurrbart und Brille in den Gerichtssaal und offenbarte dann einem Antrag der verteidigenden Anwälte folgend doch seine Identität als KOK Nikolaos Alevisos, 41 Jahre, MEK LKA Berlin.
Er war beteiligt an der Observation und Festnahme der Angeklagten am 30./31.07.07.

Observation
Während der Befragung durch den Richter zur Observation wurde deutlich, dass er real nur einen Bruchteil (ca. 20 - 25%) der überwachten Zeit die Angeklagten beobachten konnte. Sie nahmen Aufstellung am frühen Abend in Wedding an der Wohnanschrift eines Angeklagten. Er selbst hatte die Angeklagten dort nicht gesehen, sondern hörte lediglich die Meldungen der Kollegen. Nach diesen verließen zwei Personen die Wohnanschrift und stiegen in ein Auto. Dieses fuhr dann über Landstraßen nach Brandenburg/Havel, wobei er selbst den kurzen Halt des Fahrzeugs auf einem Parkplatz an einer T-Kreuzung zu einer umgangssprachlich Pinkelpause (O-Ton Zeuge) sah. Er hörte von Kollegen über deren Fund auf dem MAN-Gelände und vernahm die Anweisung zur Festnahme. In den Akten tauchen zwei unterschiedliche Festnahmeorte auf. Bei in Augenscheinnahme von Bildern von Google-Earth (Angabe des Vorsitzenden Richters Hoch), versicherte der Zeuge, dass die Festnahme an der Brielower Straße in Radewege stattfand.

Festnahme
Nachdem das abgestellte Fahrzeug los fuhr, nahm er die Verfolgung auf, wobei er unterwegs noch seinen Kollegen Kroll aufnahm. Nach ca. 1.5 km sah er das verfolgte Fahrzeug wieder. An der Festnahme war er beteiligt, in dem er den Beifahrer nach seinen Worten mit einfacher körperlicher Gewalt aus dem Auto und auf den Boden verbrachte. Wie dabei die später ärztlich attestierten Verletzungen bei dem von ihm Festgenommenen entstanden sein könnten, konnte er nicht erklären. So hatte dieser beispielsweise mehrere Hämatome am Kopf, Prellungen des Kiefers, Verletzungen im Rippenbereich, für die der Zeuge keine Ursache benannte, bzw. die von ihm beschriebene Festnahmeweise nicht deren Ursache sein kann.

Aussagegenehmigung
Obwohl er benannte, dass er Herrn Kroll auf dem Weg zur Festnahme aufgesammelt hatte, durfte er seiner Meinung nach, zu der Frage, ob Herr Kroll auch auf dem Weg von Berlin nach Brandenburg/Havel in seinem Auto war, laut seiner Aussagegenehmigung keine Angaben machen. Als der Verteidiger Lindemann nachfragte, warum er dies seiner Meinung nach nicht sagen dürfe, er könne da keinen Unterschied erkennen, reagierte der Staatsanwalt Weingarten gewohnt heftig und unsachlich, da es doch völlig klar sei, wo der Unterschied läge. Das Publikum blieb trotz vieler fragender Gesichter unaufgeklärt.

Zeugenausflug am 29.12.08
An diesem Tag fanden sich mehrere Polizeibeamte ohne dienstliche Anweisung zusammen um eine gemeinsame Fahrt nach Brandenburg/Havel zu unternehmen. Darunter zwei Beamte die (noch) keine Zeugenvorladung haben und einer, dessen Vernehmung zu diesem Zeitpunkt schon beendet war. Mitgefahren sind nach Aussage von KOK Alevisos, die PolizeibeamtInnen Schoetzau, Kroll, Steinmetz, Bernd und er selber. Sie waren mit zwei Fahrzeugen unterwegs. Über die Teilnahme des unmittelbaren Vorgesetzten des Zeugen Alevisos, Herrn Gerhardt, gibt es widersprüchliche Angaben. So sagte der Polizeibeamte Kroll am 17. Prozesstag, dass er sicher sei, KHK Gerhardt sei auch mitgefahren, im Gegensatz dazu war sich der Zeuge, KOK Alevisos, sicher, er sei nicht dabei gewesen. Sie besuchten den angeblichen Tatort und den vermuteten Festnahmeort um sich auf ihre Zeugenaussagen vorzubereiten.
Des weiteren gab es ein vorbereitendes Gespräch zwischen ihm und seinem Kollegen Kroll.

Fraglich bleibt, wie das Erinnerungsvermögen dieser beiden Zeugen im Allgemeinen einzuschätzen ist, wenn sie bezüglich eines Vorbereitungstreffens ca. eine Woche später schon unterschiedliche Angaben zu den TeilnehmerInnen daran machen, so RA Lindemann.

Nächster Verhandlungstag: Mittwoch, 21.01.2009, 09:00 Uhr.

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