Bericht vom 15. Prozesstag (17.12.2008)

Auch dieser Prozesstag war wieder trotz der immer noch bestehenden Sicherheitsmaßnahmen gut besucht, so dass ca. 20 Personen der Vernehmung des Zeugen lauschen konnten. Anwesend waren die beiden internationalen Prozessbeobachter RA Harry Ladis aus Griechenland und RA Marcel Bosonnet aus der Schweiz.

Vernommen wurde der Zeuge vom MEK des LKA Berlin, PK Frank Schoetzau, 39 Jahre, welcher sich für den Prozess, wie seine Kollegen früher auch, verfremdet hatte: Langhaarperücke, Schnauzbart, Brille und Schminke. Vernommen wurde er zu Observationen, an denen er teilgenommen hatte, in diesem Fall waren es drei. Seine Aussagegenehmigung lag schriftlich vor und wurde der Verteidigung als Kopie zur Verfügung gestellt. Diese stellt jedoch wieder eher eine Beschränkung denn eine Genehmigung der Aussage dar.

Bewegungsbilder
Bei den ersten beiden Observationen, an denen er teilgenommen hatte, war die Aufgabe ein Bewegunsbild der Zielperson zu erstellen. Allerdings konnte er sich da an so gut wie nichts mehr erinnern, weil er sich darauf auch nicht vorbereitet hatte. Lediglich, dass die observierte Person an einem Tag zu einem Straßenfest in der Wiener Straße gegangen sei, fiel ihm noch ein.

Observation am 30./31.07.2007
An diesem Tag hat er Aufstellung genommen in der Nähe der Wohnanschrift eines Angeklagten. Drei Personen verlassen die Wohnanschrift und gehen im Kiez spazieren. Im Anschluss betreten zwei davon wieder das Haus und kommen mit Rucksäcken und einer Tüte wieder heraus. Sie steigen in ein Auto und fahren nach Brandenburg/Havel.Der Zeuge gab an, nicht gewusst zu haben, dass ein Mietauto an dem Abend unter Umständen benutzt werden könnte, im Gegensatz zu der Aussage des KOK Weiß (Observationsleiter, 14. Prozesstag), der von dem angemieten Auto detailliert Kenntnis hatte. Auf der Fahrt kommt es immer wieder zu Beobachtungslücken. In Brandenburg/Havel hat er dann Scheinwerfer eines Fahrzeugs auf einem Feldweg gesehen und kann sich noch an die Meldung erinnern, dass das Fahrzeug dort einbiegen würde. Von wem die Meldung kam, kann er nicht sagen, dies ist von seiner Aussagegenehmigung nicht gedeckt. Ob das Fahrzeug möglicherweise weitergefahren ist, konnte er nicht mit Sicherheit ausschließen. Die Feldwegaussage steht im Widerspruch zu der Aussage und dem Bericht von dem Observationsleiter KOK Weiß, welcher sagt, es gäbe eine Beobachtungslücke in Brandenburg/Havel nach der Einfahrt in den Ort und das Fahrzeug sei dann erst wieder auf einer Tankstelle im Ort parkend gesichtet worden.
PK Schoetzau stieg aus und ging zu Fuß los. Als er auf der Strasse unterwegs war, liefen ihm zwei dunkel gekleidete Personen "fast über die Füße", sie kamen aus dem Feldweg ca. 1,5m vor ihm auf die Strasse. Daraufhin musste er erstmal wieder versuchen Deckung zu finden und seine Kollege Gerhardt hat die weitere Beobachtung übernommen. Er hat sich auch nicht mehr umgedreht. Von den dunkel gekleideten Personen gab es keine besondere Reaktion. Danach hat er niemanden mehr gesehen. Weder, dass Personen das MAN-Gelände betreten haben, noch Personen auf diesem Gelände. Das relativ große Gelände wurde seiner Aussage nach, wahrscheinlich nicht von anderen Seiten aus beobachet.
Nachdem ein Kollege gemeldet hatte, dass zwei Personen wieder auf der Straße aufgetaucht sind, haben sie vermutet, dass diese auf dem MAN-Gelände waren und haben deshalb dort Nachschau gehalten. Um auf das Gelände zu gelangen nutzten sie ein an den Zaun gelehntes Bauzaunelement. Auf dem Gelände nahm er unter drei Bundeswehrfahrzeugen einen leichten Schein wahr. Laut Zeuge handelte es sich um Brandsätze, die aus jeweils zweimal zwei mit Klebeband umwickelten 1,5l Plastikflaschen bestanden. Daneben in ca. 1 - 2 cm Abstand Joghurtbecher, in deren Aludeckeln glimmende Grillanzünder steckten. Da er davon ausging, noch genügend Zeit zu haben, den Verzögerer vor der eigentlichen Zündung des Brandsatzes entfernen zu können, nahm er die Becher und brachte diese in ca. 5 - 7 m Entfernung zu den Fahrzeugen. Ca. fünf Minuten später entzündeten sich die Becher mit einer ca. 20-30 cm hohen Stichflamme. Er hielt sich noch weitere zwei Stunden auf dem Gelände auf, währenddessen er Ausschau hielt, ob noch weitere Straftaten auf dem Gelände begangen worden seien. Dies war nicht der Fall. Im weiteren Verlauf kam zuerst die Brandenburger Polizei, dann die Feldjäger und schließlich das Team Kriminaltechnik. Später hat er seinen Teil des Berichts auf der Brandenburger Wache dem Kollegen Weiß diktiert, wobei fast das gesamte Team anwesend war.
Bei der Festnahme in derselben Nacht, war er nicht anwesend, hat aber auch nichts von Gewaltanwendung ausserhalb des normalen Maßes gehört. Ebensowenig von einem Ermittlungsverfahren gegen zwei an der Festnahme beteiligte Beamte.

Identifizierung und Auftrag
Bei der Befragung durch den Verteidiger Franke, gab der Zeuge immer wieder an, sich nicht mehr erinnern zu können. So auch nicht daran, wann er das erstemal ein Foto zur Identifizierung der von ihm zu obervierenden Zielperson gesehen hätte und was für eins das war. Obwohl der Auftrag der Observation am 30.07. war, ein vermutetes Treffen zu beobachten, konnte sich der Zeuge nicht daran erinnern, weitere Fotos von anderen Personen vorgelegt bekommen zu haben. Da nach Abschluss ihrer Maßnahme auf ihrer Dienststelle nach Aussage, alle Unterlagen dazu vernichtet werden, läßt sich dies schwerlich überprüfen.
Zur Frage wie er die Zielperson am 30.07.2007 identifiziert hätte gab er an zu Beginn der Observation eine dunkelgekleidete Person aus 50 m Entfernung gesehen zu haben. Diese sei von einem Kollegen als die Zielperson identifiziert worden.
Bei der Vorlage von Fotos z.B. der beschlagnahmten Rucksäcke, konnte er diese nicht wiedererkennen. Weitere Erkenntnisse brachte die Vorlage nicht.

Zeugenabsprache
Auf Nachfrage gab der Zeuge PK Schoetzau an, sich mit den anderen Zeugen (KOK Weiß, KHK Gerhardt), die schon im Prozess ausgesagt haben (14. und neunter Prozesstag), zu den gestellten Fragen ausgetauscht zu haben, sowie sich zur Vorbereitung auf seine Zeugenaussage den noch auf der Dienststelle vorhandenen Bericht durchgelesen zu haben. Ausserdem sei ja auch einiges im Internet zu lesen.

Am Schluss wurde noch bekannt, dass der Polizeipräsident eine Abschrift der Anklageschrift haben wollte und dass die BAW noch Auswertungen eines Notizbuches von einem der Angeklagten nachliefern will.

Nächster Prozesstermin: Donnerstag, 18.12.2008, 09:00 Uhr, mit Zeugin KHKin Alles.

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