Bericht vom neunten Prozesstag (05.11.08)
Der neunte Prozesstag begann mit einem Beschluss des Vorsitzenden Richters zu einem Antrag der Verteidigung (30.10.08) die Aussage der KHKin Alles wörtlich zu protokollieren. Der Richter lehnte den Antrag ab.
Zeugenaussage KFZ-Mechanikermeister
Dann wurde der erste Zeuge Bruno Knitter, KFZ-Mechanikermeister des M.A.N.-Servicebetriebes in Brandenburg aufgerufen. Er war zum angeblichen Tatzeitpunkt in Urlaub. In dem Betrieb werden Reparaturen und Serviceleistungen an Fahrzeugen der Bundeswehr durchgeführt. Er beschrieb das Werkstattgelände und die Umgebung. Die Fahrzeuge die zum fraglichen Zeitpunkt dort abgestellt waren hatten das Baujahr 1978/80. An den Fahrzeugen die am 31.07.07 auf dem Firmengelände abgestellt waren entstanden keine Schäden. Außerdem sagte er, dass das der Fall keine Auswirkung auf das Vertragsverhältnis mit der Bundeswehr gehabt habe.
Stellungnahmen der BAW zu Anträgen vom 30.10.08
Es folgten Stellungnahmen der BAW zu Anträgen der Verteidigung vom 30.10.08 (siehe Bericht vom 8.Prozesstag). Die erste Stellungnahme bezog sich auf den Antrag der Verteidigung vom 30.10.08 die ProzessbeobachterInnen des BKA als Zeugen zu vernehmen. Die BAW sprach sich dafür aus, den Antrag abzulehnen, da es für die Schuld und die Rechtsfolge unerheblich sei, ob das BKA im Prozess mitschreibe. Ob und in welchem Fall diese Informationen an Zeugen weitergegeben würden, sei im Einzelfall zu klären. Die zweite Stellungnahme bezog sich auf einen weiteren Antrag der Verteidigung vom 30.10.08 die Aufzeichnungen von KHKin Alles als Beweismittel einzuführen. Auch dies wurde von der BAW abgelehnt.
Erklärungen der Verteidigung
Anschließend folgten Erklärungen von Rechtsanwalt Hoffmann bezüglich unterstellter Autorenidentität von Erklärungen der mg und den Patronenverschickungen der mg. Die Anschlagserklärungen weisen auf mehrere Gruppen und verschiedene Personen hin. Dies zeige sich unter anderem an Unterschieden bezüglich der inhaltlichen Ausrichtungen, des Sprachniveaus, des Satzbaus, des Layouts usw. Zur Patronenverschickung erklärte er, dass dies keine konkrete Drohung sei, sondern diese diene den Akteuren zur Symbolisierung von struktureller Gewalt und sei ein Mittel der Kommunikationsguerilla. In mg-Erklärungen werde zudem bestätigt, dass die Gefährdung von Menschen vermieden werden soll. (siehe: Erklärung der Verteidigung gem. §257 StPO zu den im Selbstleseverfahren eingeführten Dokumenten (Urkundenband I))
Karneval im Gerichtssaal
Nach einer Pause begann die Zeugenvernehmung von KHK Christian Gerhardt, 41, MEK LKA 62, Berlin. Wie bei den vorangegangenen Aussagen von Beamten weigerte sich dieser Zeuge ebenfalls zu bestimmten Themen auszusagen. Er hatte keine Aussagegenehmigung. Die Verteidigung stellte deswegen den Antrag eine Aussagegenehmigung einzuholen und zu klären, in welchem Umfang der Zeuge befragt werden könne. Dies wurde vom Vorsitzenden Richter abgelehnt.
Der Zeuge trat bei seiner Aussage verfremdet durch Perücke und Bart auf. Sein Dienststellenleiter habe dies angeordnet. Er führte aus es gäbe ja auch Plakate in Kreuzberg, die dazu aufrufen zum Prozess zu kommen und verfremdete Beamte zu fotografieren.
KHK Gerhardt hatte am 31.07.07 den Auftrag mit weiteren Kollegen zwei Personen zu observieren. Diese Personen sollen durch andere Kollegen als die Beschuldigten L. und R. identifiziert worden sein. Der Zeuge konnte aber auf Nachfrage der Verteidigung nicht sagen, ob die anwesenden Beschuldigten die am 31.07.07 observierten Personen waren. Er selbst hatte vorher mehr als eine Observierung von L. durchgeführt.
Am besagten Tag sah er, wie zwei Personen aus dem Wohnhaus des R. kamen und in ein KFZ einstiegen in dem eine weitere Person saß. Er selbst habe etwa 30 bis 40 Prozent der Fahrt observiert. In der Nähe des M.A.N.-Geländes habe er später zwei Personen gesehen. Diese aber für ca. fünf Minuten aus den Augen verloren bis diese wieder in sein Blickfeld traten und zum Auto zurückkehrten. Er habe dann mit seinem Kollegen Schoetzau das M.A.N.-Gelände mithilfe des an den Maschendrahtzaun gelehnten Bauzaun betreten. Dort haben sie unter drei Fahrzeugen etwas glimmen sehen. Der Kollege Schoetzau entfernte drei Becher unter den Fahrzeugen, die sich nach wenigen Minuten entzündet haben. Ob der Kollege dabei Handschuhe getragen habe, wisse er aber nicht. Er selbst habe etwa drei Meter Abstand zu den Bechern gehabt. An der Festnahme sei er nicht beteiligt gewesen, er habe später in Brandenburg seinen Bericht verfasst. Dabei sei ihm der Fehler unterlaufen den Bericht namentlich und nicht mit seiner Codiernummer zu unterschreiben. Das codieren eines Berichts mache sich am Delikt und dem jeweiligen Umfeld fest. Es ist bei politischen Straftaten vorgeschrieben. Auch sein anwesender Kollege Kroll habe nicht daran gedacht, den Bericht zu codieren. Kroll sei bei der Festnahme dabei gewesen und habe ihm den Teil der zur Festnahme in seinem Bericht steht diktiert.
Auf Nachfrage sagte der Zeuge er habe gehört, dass es Probleme bei der Festnahme gegeben habe. Es soll zu übermäßiger Gewaltanwendung gekommen sein, weil Personen trotz angelegter Sicherheitsgurte aus dem Auto geholt worden seien. Sein Kollege Kroll sagte ihm, dies sei nicht so gewesen.
Die Vernehmung des Zeugen Gerhardt wird am 12.11.08 um 9 Uhr fortgesetzt.
Nächster Prozesstermin am Donnerstag, 06.11.08, um 11 Uhr. Vernehmung von KOK Adler, BKA Meckenheim.