Bericht vom dritten Prozesstag (08.10.08)

Dritter Prozesstag: Befangenheitsanträge und erste ZeugInnenbefragung

Am Anfang für die ZuschauerInnen stehen immer noch die durch die Sicherheitsverfügung veranlassten Sicherheitskontrollen. Immerhin konnten heute einige Personen den Beschluss von letzter Woche durchsetzen, zehn Blatt Papier und eine ganze Packung Taschentücher mitzunehmen.

Der heutige Prozesses begann mit der Frage der Verteidigung, wie nun das Gutachten zur Verhandlungsfähigkeit eines Angeklagten umgesetzt werden soll. Laut Gutachten seien nur sechs Stunden Verhandlung möglich, sowie regelmäßige Pausen mit einem Rückzugsraum. Richter Hoch beantwortete dies mit der Ansage, dass der Angeklagte rechtzeitig um Pausen ersuchen solle, dann würden diese, wenn verfahrenstechnisch möglich auch gewährt.

Im Anschluss daran thematisierte die Verteidigung die Sitzposition der ZeugInnen im Sitzungssaal und dass die Bundesanwaltschaft (BAW), im Gegensatz zur Verteidigung, einen Raum für Beratungen und Pausen bekommen hätte. Bei der Position der ZeugInnen ging es vor allem darum, dass die meisten VerteidigerInnen nur den Rücken der ZeugInnen sehen können und somit keine Reaktion selbiger beobachten können, anders als die VertreterInnen der BAW und das Gericht, welche die ZeugInnen von vorne im Blick haben. Der Vorsitzende Richter Hoch führte aus, dass dies aus sitzungspolizeilichen Gründen nicht anders möglich wäre. Auch die Vorschläge der Verteidigung für eine andere Sitzanordung, die auch schon im RZ-Prozess praktiziert wurde, lehnte der Richter mit Verweis auf die sitzungspolizeilichen Maßnahmen ab und gibt die Rüge der Sitzungordung durch die Verteidigung zu Protokoll. Daraufhin stellte die Verteidigung den Antrag auf eine 30-minütige Pause, um einen schriftlichen Antrag stellen zu können. Dem wurde stattgegeben, die Zuschauer mußten, wie bei jeder Pause, den Sitzungssaal verlassen und im Treppenhaus warten.

Nachdem die Verteidigung und die Angeklagten zu spät nach der Pause den Sitzungssaal betraten ermahnt der Vorsitzende Richter Hoch die Angeklagten, dass wenn sie demnächst nicht pünktlich erscheinen würden, sitzungspolizeiliche Maßnahmen durchgeführt werden müssten. Auch der Einwand der Verteidigung, dass die Verspätung auf ihr Verschulden zurückzuführen sei, wird vom Vorsitzenden Richter abgetan. Nun trug die Verteidigung den Antrag auf eine andere Sitzordnung vor, mit der Begründung, dass es für eine adäquate Verteidigung unabdingbar sei, die Zeugen und deren Reaktionen zu beobachten und dass eine Kommunikation nur möglich sei, wenn Augenkontakt bestehe. Darauf erwiderte die BAW, dass ihrer Meinung nach eine Einschränkung der Verteidigung nicht vorliege, hingegen eine Verlegung der ZeugInnen nach hinten nur zur Verschlechterung der Kommunikation mit dem Gericht führen würde. Der Vorsitzende Richter Hoch verkündete eine 15-minütige Pause um eine Entscheidung des Senats herbeizuführen.

Nach der Wiedereröffnung der Sitzung verkündete der Vorsitzende Richter die Bestätigung der Sitzordnung, obwohl er zugeben mußte, dass dadurch nur das Gericht, die BAW und einer der sechs VerteidigerInnen die ZeugInnen sehen können. Es sei dem Sitzungssaal und dessen baulichen Gegebenheiten geschuldet, dass nicht alle die ZeugInnen von vorne sehen können. Ausserdem sei die vorgebene Zeugenposition üblich und angemessen und werde seit Jahrzehnten praktiziert. Erfahrungsgemäß fühlen sich die ZeugInnen nicht mehr angesprochen, wenn sie weiter hinten sitzen würden.

Daraufhin erklärten die Verteidiger, dass sie einen Befangenheitsantrag gegen den Senat stellen wollen und dafür eine Stunde Pause benötigen. Der Vorsitzende Richter Hoch verkündet eine einstündige Pause bis 15:30 Uhr.

Dann ging es weiter mit dem Befangenheitsantrag gegen den ganzen Senat, der von der Verteidigung vorgetragen wurde. Die Begründung lautete, dass mit dieser Sitzordnung, s.o., eine adäquate Verteidigung nicht möglich sei und das Gericht nicht einmal den Versuch gemacht hat, zu einer Einigung zu gelangen und der Aussage, dass die Interessen des Gerichts eben Vorrang hätten. Des Weiteren bittet die Verteidigung um Mitteilung darüber, wer denn über den Antrag entscheidet. Der Vorsitzende Richter Hoch ordnete die Fortsetzung des Prozesses an.

Dann bemerkte die Verteidigung, dass laut Sicherheitsverfügung maximal sechs Polizeibeamte im Saal vorgesehen sind. Tatsächlich aber elf Beamte im Sitzungssaal. Desweiteren wurde beantragt, dass die anwesenden Zivilpolizisten im Pressebereich angeben, wer sie sind, warum sie da sind und ob sie möglicherweise als Zeugen in dem Prozess in Betracht kommen oder nicht. Der Richter Hoch entgegnete, dass nur zwei zusätzliche Beamte als Beobachter anwesend seien und diese eine Genehmigung von ihm hätten, wie auch andere Personen so z.B. Praktikanten der Verteidigung. Ausserdem müsste dies nicht im Hauptverfahren geklärt werden. Die Verteidigung zitierte aus einem Fax des Kriminaldirektors Funke (BKA) an Richter Hoch indem er diesem mitteilte, dass an der Verhandlung zivile Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) teilnehmen würden. Dies diene zu "Fortbildungszwecken" und zur "Lageerkundung". Ausserdem sollen sie die Resonanz des anwesenden linken Spektrums melden. Es seien jeweils zwei Beamte vor Ort, die nicht als Ermittler im Verfahren eingesetzt waren. Die Namen der Beamten würden dem Vorsitzenden vor jedem Verhandlungstag telefonisch mitgeteilt. Die Verteidigung gab zu bedenken, dass durch die Anwesenheit der BKA-Beamten im Gerichtssaal die Gefahr einer Zeugenmanipulation gegeben ist. Da diese besonders bei den stattfindenden Zeugenbefragungen eifrig mitprotokollieren. Aufgrund dieser Protokolle besteht die Gefahr, daß zukünftige Zeugen beeinflusst werden könnten. Weiterhin, so die Verteidiger, besteht die konkrete Gefahr, daß die interessierte Öffentlichkeit sich der Gefahr des Ausspionierens ausgesetzt sieht. Die Verteidigung beantragt eine Stunde Pause, um einen Ablehnungsantrag formulieren zu können. Der Vorsitzende Richter Hoch genehmigt diese.

Nach dieser Pause trägt die Verteidigung ihren Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Hoch vor. Begründet wird dies mit der der Sicherheitsverfügung widersprechenden Anzahl von elf Polizeibeamten im Sitzungssaal. Desweiteren geht aus den Akten, die in der Pause eingesehen werden konnten hervor, dass die BAW davon wusste, die Verteidigung aber nicht und ihr auch keine Gelegenheit der Stellungnahme eingeräumt wurde. Die Verteidigung zitierte aus einem Fax des Kriminaldirektors Funke (BKA) an Richter Hoch indem er diesem mitteilte, dass an der Verhandlung zivile Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) teilnehmen würden. Dies diene zu Lehrzwecken der Beamten. Ausserdem sollen sie die Resonanz des anwesenden linken Spektrums melden. Es könnten sich, so das BKA, potienelle Mitglieder der mg unter den Anwesenden befinden. Es seien jeweils zwei Beamte vor Ort, die nicht als Ermittler im Verfahren eingesetzt waren. Die Namen der Beamten würden dem Vorsitzenden vor jedem Verhandlungstag telefonisch mitgeteilt. Die Verteidigung gab zu bedenken, dass durch die Anwesenheit der BKA-Beamten im Gerichtssaal die Gefahr einer Zeugenmanipulation gegeben ist. Da diese besonders bei den stattfindenden Zeugenbefragungen eifrig mitprotokollieren. Aufgrund dieser Protokolle besteht die Gefahr, daß zukünftige Zeugen beeinflusst werden könnten. Weiterhin, so die Verteidiger, besteht die konkrete Gefahr, daß die interessierte Öffentlichkeit sich der Gefahr des Ausspionierens ausgesetzt sieht.

Insgesamt wird durch die einseitige Information der BAW eine innere Haltung des Vorsitzenden Richters Hoch deutlich, die auf eine Befangenheit hindeutet, so die Verteidigung. Es entstünde allgemein der Eindruck der Rechtsbeugung. Der Vorsitzende Richter Hoch ordnet die Fortsetzung der Verhandlung an. Eine Verteidigerin beantragt fünf Minuten Pause, um einen anderen, ihr vorher angebotenen Platz einzunehmen, nämlich den der Gutachterin, die heute schon den ganzen Tag vor Ort ist. Dem wurde stattgegeben. Die Zuschauer durften ausnahmsweise im Saal bleiben. Nach fünf Minuten wurde der Prozess fortgesetzt, jedoch sass die Verteidigerin wieder an ihrem alten Platz, weil auf dem anderen die BAW Einblick in ihren Laptop gehabt hätte und dies nicht angemessen wäre, da sich dort ihre Notizen befinden.

Damit kam es nun zur Vernehmung der ersten Zeugin in diesem Prozess, der erste Kriminalhauptkommissarin (EKHK) Angelika Baumert, 53 Jahre alt, BKA. Zuständig für die Asservierung der bei den Angeklagten gefundenen Gegenstände. Diese wurden ihr in offenen Plastikkörben von ihren Brandenburger Kollegen übergeben. Sie war auch an Vernehmungsversuchen beteiligt, da aber keine Aussagen gemacht wurden, habe sie nur mit den Rechtsanwälten gesprochen. Sie begleitete die Festgenommenen im Hubschrauer nach Karlsruhe. Ausserdem wurde sie von einem Verteidiger zu einer von ihr durchgeführten Löschung von Daten am 29.10.2007 befragt. Sie konnte sich aber daran nicht erinnern.

Als ProzessbeobachterInnen nahmen Judith Demba (ehem. Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses) und Wolf-Dieter Narr (Professor a.D.) teil.

Da die Zeugin noch einen Flug bekommen musste und die Verteidigung mit der Befragung noch nicht fertig war, wurde sie zum 13.11.2008 um 13 Uhr erneut geladen. Der Vorsitzende Richter schliesst die Sitzung um 17:57 Uhr. Fortsetzung am Donnerstag, 09.10.2008, 09:00 Uhr.

 

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