Für vielfältige Aktionen am Tag der Urteilsverkündung (16.10.2009)
Aufruf des Einstellungsbündnisses
»Hier sitzen die falschen Leute auf der Anklagebank ...«, eröffneten
die Beschuldigten Axel, Florian und Oliver am 25. September 2007 dem
Gericht am ersten Prozesstag in ihrer Prozesserklärung. »Auf die
Anklagebank gehören Kriegstreiber, Kriegsbefürworter und
Rüstungskonzerne. Sie sind die kriminellen Vereinigungen. Sie sind
anzuklagen.« Angeklagt wegen versuchter Brandstiftung als vermeintliche
Mitglieder der militanten gruppe (mg) verweigern sie seit über 50
Prozesstagen die Aussage. Substanzielle Belege für eine Mitgliedschaft
konnte die Staatsanwaltschaft bislang nicht erbringen.
»Hier sitzen die falschen Leute auf der Anklagebank ...«, ließ auch die
militante gruppe indirekt verlauten: In einem Interview Anfang Juli in
der »radikal« sagten sie »dass der [ihnen] zugeschobene versuchte
Brandanschlag auf BW-LKWs am 31.7.2007 in Brandenburg/Havel nicht in
[ihrem] ›Planungsbüro‹ ersonnen und von dort ausgeführt wurde«.
Der Prozess als Kristallitationspunkt
»Hier sitzen die falschen Leute auf der Anklagebank ...«, stellen
auch wir als Einstellungsbündnis fest. Denn in Kriegszeiten wie diesen
ist jede Abrüstungs-initiative willkommen und gehört auch in Zukunft auf
die politische Agenda. Wir rufen alle Gruppen und Einzelpersonen dazu
auf, sich diesen Satz zu eigen zu machen und sich an den geplanten
solidarischen Protestaktionen und/oder mit eigenen Beiträgen und
Aktionen zum Ende des mg-Prozesses zu beteiligen.
Gerade jetzt, gegen Ende des Prozesses, sind öffentlichkeitswirksame
Protestaktionen wichtig und notwendig.
Es geht dabei sowohl um die solidarische Unterstützung der Angeklagten,
als auch um die inhaltliche Kritik am ersten kriegerischen
Panzereinsatz der Bundeswehr seit über 60 Jahren und an den repressiven
Verschärfungen in der Innen- und Sicherheitspolitik, die in diesem
Prozess zusammenlaufen:
- Als deutsche Außenpolitik die Verteidigung eigener Interessen am
Hindukusch zur Leitlinie machte, war damit alles gesagt: Es geht nicht
um den Bau von Brunnen und Schulen zur Entwicklungsförderung, es geht
nicht um die Rechte von Frauen und es geht auch nicht um
Demokratieförderung oder »system change«, wenn mit deutscher
Unterstützung ein Krieg geführt wird, der vor allem die
Zivilbevölkerung trifft und tötet. Am Hindukusch werden in erster Linie
der Zugriff auf die Rohstoffe von morgen und die dazugehörigen
Handelswege freigeschossen. Dazu werden in neokolonialer Manier
strategische Positionen besetzt und dann durch westkompatible Allianzen
gesichert.
- Auch in der Innenpolitik wird beständig aufgerüstet: Während die
kontinuierliche Verschiebung der Einkommensverteilung von Arm und Reich
als deutliche Kampfansage zu verstehen ist, soll den erwarteten
Protesten gegen die Politik der Umverteilung durch den Einsatz von
Militär begegnet werden. Neue Überwachungsoptionen gewährleistet das
verschärfte BKA-Gesetz und darüber hinaus wird der Ausbau von Kontroll-
und Sicherheitsdiensten gefördert und vor allem privatwirtschaftlich
ausgebaut.
Diese Beispiele machen deutlich, dass die hier verhandelte versuchte
Brandstiftung nichts ist gegen das Führen von Kriegen, die mit Tod,
Zerstörung, und Unterdrückung einhergehen. Wenn über 60 Prozent der
Bevölkerung gegen den Afghanistankrieg ist und gleichzeitig Politik und
Wirtschaft seit Jahren zielstrebig an der Kriegsfähigkeit Deutschland
arbeiten, dann kann zahnloser Protest zwar ignoriert werden,
praktischer legitimer Widerstand, der bislang kein einziges
Menschenleben gefordert hat, wird zum potenziell verbreiterungsfähigen
Störfaktor und daher kriminalisiert.
Bundesanwaltschaft (BAW) und Gericht haben in den über 50 Prozesstagen
ihren unbedingten Verurteilungswillen deutlich gemacht. Prozessverlauf
und die verhandelten Themen machen deutlich, dass es nur mittelbar um
den versuchten Brandanschlag geht, viel wichtiger für BAW und Gericht
ist eine abschreckende Verurteilung mit Blick auf alle, die radikale
Kritik mit radikaler Praxis verbinden. Unter diesen Umständen geht die
Verteidigung der drei Beschuldigten davon aus, dass es jenseits
belegbarer Fakten am Ende zu einer Verurteilung und Haftstrafen kommen
wird.
Nicht dem Gericht und den Medien das Feld überlassen!
Um am Tag der Urteilsverkündung nicht den Interpretationen von
Gericht und Medien das Feld zu überlassen und sichtbar zu machen, dass
uns konkrete Abrüstungsinitiativen allemal sympathischer sind als
deutsche Kriegspolitik, rufen wir zu einer breiten Beteiligung an
Aktivitäten im Vorfeld und am Tag der Urteilsverkündung auf.
Auftakt für unsere Mobilisierung zum Tag der Urteilsverkündung im
sogenannten mg-Prozess gegen Axel, Florian und Oliver ist die
bundesweite Demonstration »Freiheit statt Angst« gegen Überwachung am
Samstag, den 12. September 2009. Das Einstellungsbündnis ist an diesem
Tag in Kooperation mit anderen Gruppen in einem eigenständigen
Demo-Block anzutreffen.
Wir rufen für den Tag X der Urteilsverkündung Ende September zu einem
bundesweiten dezentralen Aktionstag auf. Ziel dieses Aktionstages ist
es, an diesem Tag auf vielfältige Weise sichtbare mediale Präsenz zu
zeigen, mit dem wir unseren Widerspruch gegen das erwartete Urteil und
unsere Gegenpositionen sichtbar und hörbar in die Öffentlichkeit tragen
wollen.
Inhaltlich soll der Aktionstag das Urteil, den Prozess und die Manöver
von Gericht, BAW und Geheimdiensten thematisieren; ebenso wichtig sind
uns jedoch die im Kontext des Prozesses kriminalisierten Themen,
insbesondere Antikriegsthemen, die beständigen Verschärfungen der
sozialen und politischen Verhältnisse in diesem Land und damit
einhergehende Militarisierung wie Kontroll-, Überwachungs- und
Repressionsmechanismen. Wir freuen uns zu diesem Tag über
Grußbotschaften, dokumentierte dezentrale Aktionen, aber auch über
längere Texte zu den genannten Themen.
Beteiligt euch am dezentralen Aktionstag X zur Urteilsverkündung im
mg-Prozess. Kommt zu den Veranstaltungen und Terminen in Berlin.
Organisiert Protestkundgebungen in euren Städten und beteiligt euch.
Macht Aktionen und schickt sie zur Dokumentation an
einstellung@so36.net. Achtet auf weitere Ankündigungen.
Freiheit für Axel, Florian und Oliver
Gegen deutsche Kriegseinsätze
Für neue Abrüstungsinitiativen
Einstellungsbündnis, August 2009
Termine:
12.9.2009 | Demo »Freiheit statt Angst«| 15 Uhr | Potsdamer Platz, Berlin
Tag X (16.10.2009) | Kundgebung | 11 Uhr | Gerichtsgebäude Moabit, Berlin
Tag X (16.10.2009) | Demonstration | 19 Uhr | Kottbusser Tor, Berlin