Solidarität ist eine Waffe!

Aussageverweigerung

Hier findet ihr eine kleine Zusammenstellung von Informationen rund um die Repression:

ZeugInnengruppe des EA

In bisher fast allen bekannten 129a-Verfahren - also auch im aktuellen Verfahren gegen die vier Genossen Axel, Oliver, Florian und Andrej, die in der JVA Moabit in Untersuchungshaft sitzen - sind BeamtInnen daran interessiert, Informationen aus deren Umfeld zu bekommen. Solltet ihr angequatscht werden oder ZeugInnenvorladungen bekommen, meldet euch beim Ermittlungsausschuss Berlin.

Anrufe, vor der Haustür-Stehen oder bei der Arbeit Auftauchen - all dies und mehr kann vorkommen, um Informationen zu erhalten. Ihr müsst mit niemandem reden. Passt auf, was in nächster Zeit passiert. Vorladungen zur Polizei, also auch zum BKA müssen nicht befolgt werden. Informiert Eure FreundInnen und GenossInnen, aber spekuliert nicht darüber, wen es warum getroffen hat. Nehmt Kontakt zur Soligruppe und zum EA auf.

Über den Ermittlungsausschuss kann Kontakt hergestellt werden zu einer ZeugInnengruppe für das aktuelle Verfahren, damit niemand mit dieser Situation alleine gelassen wird.

EA Berlin
Gegen staatliche Verfolgung bei Demos und Aktionen aus dem linken Sprektrum.
Tel.: 030-692 22 22, ea-berlin [at] web.de, gpg/pgp-Schlüssel

Sprechstunde: Dienstag: 20 bis 22 Uhr im Mehringhof

Der EA sitzt vor, während und nach Demos am Telefon, nimmt Festnahmen, die gemeldet werden auf und kümmert sich um die Betroffenen. Weiterhin: Hilfe bei der Suche nach ZeugInnen, Sammlung von Gedächtnisprotokolle, Koordination und Vermittlung von AnwältInnen.

Das alles kostet Geld, spendet deshalb bitte.

Weitere Infos: http://ermittlungsausschuss.antifa.net & http://www.aussageverweigerung.info

 

Hintergrund: Aussageverweigerung, Beugehaft etc.

Hier sind verschiedene alte und neuere eingescannte Texte aus linken/linksradikalen Diskussionen zum Thema Aussageverweigerung, Beugehaft, §55 (Selbstbelastung) etc. als pdfs zum runterladen eingestellt.

  • Auszüge aus der Broschüre "Repression und Widerstand" zum Wasserturm-Widerstand in Hamburg von 2007 [pdf, 160kb]
  • Die Broschüre der bundesweiten ZeugInnen-AG "We'll never give up - Ergänzungen zur Diskussion um Aussageverweigerung" vom November 1996 [pdf, 370kb]
  • Interviews aus der Zeitschrift "kassiber" aus Bremen zu Aussageverweigerung von 1995 [pdf, 205kb]
  • Eine Broschüre aus Bochum: "Wenn die Sache irre wird, werden die Irren zu Profis Infos und Texte zur Aussageverweigerung" zu den Razzien am 18.12.1987 etc. aus dem Jahre 1989 [pdf, 1,7mb]

Vieles ist heute anders, manches stimmt so nicht mehr, aber heutige Auseinandersetzungen lassen sich immer besser vor dem Hintergrund der bisher gemachten Erfahrungen und Debatten führen, als alles immer von vorne zu beginnen.

 

BKA lädt ZeugInnen vor aber keinR geht hin

Bitte Ruhe Das BKA war im neuen Verfahren gegen 7 Betroffene aus Berlin, von denen aktuell noch drei im Knast in Moabit sitzen, nicht untätig. Deshalb einige Infos zum bisherigen Stand:

Bisher wurden nach unseren Informationen mehrere Männer und Frauen vom BKA angesprochen, um ZeugInnenaussagen von ihnen zu bekommen. Dies geschah auf der Straße oder vor der Haustür und verlief zum Teil recht unangenehm - was es sowieso schon ist, weil mensch davon überrumpelt wird. Einigen wurden inzwischen auch Briefe an ihre Meldeadresse geschickt mit einem Termin beim BKA.

Unseres Wissens hat bisher niemand einen solchen Termin wahrgenommen oder sich auf Gespräche eingelassen - das muss auch niemand! Auch das BKA ist nur eine Polizeibehörde, bei der niemand Aussagen machen muss. Wegen einer ZeugInnenaussage darf auch das BKA niemanden einfach irgendwo abholen oder mitnehmen.

Es kann sinnvoll sein, sich eine Verhaltensweise für eine solche Situation zu überlegen. Das kann z.B. sein, sich vorzunehmen, das Gespräch einfach abzubrechen oder aufzuforden, eine ordnungsgemäße Ladung zu schicken.

Von Vorladungen durch die Bundesanwaltschaft haben wir bisher nichts erfahren. Spätestens in diesem Fall halten wir es für schlau, Kontakt zur ZeugInnengruppe aufzunehmen, die dafür da ist, dass Betroffene mit dieser Situation nicht alleine dastehen.

Der Kontakt zu dieser ZeugInnengruppe kann über den EA Berlin hergestellt werden, zu erreichen in der wöchentlichen Sprechstunde Dienstags von 20-22 Uhr im Mehringhof. Der Anrufbeantworter des EA mit der bekannten Nummer (030) 69 22222 wird von uns (und anderen...) täglich abgehört und die ZeugInnengruppe nimmt dann Kontakt mit Euch auf. Ihr bekommt Kontakte zu AnwältInnen, die in diesem Verfahren ZeugInnenbetreuung machen, sowie Beratung und Unterstützung zur Situation von ZeugInnen in solchen Verfahren, also z.B. zu Möglichkeiten der Aussageverweigerung etc. Außerdem kann hier ein Austausch zwischen den Betroffenen stattfinden und gemeinsam diskutiert werden, wie jedeR mit der Situation umgeht und klarkommt.

Spekulationen darüber, wen es wann warum getroffen hat und vielleicht in Zukunft treffen könnte, nutzen höchstens den Bullen.

Solidarität statt Paranoia!
EA Berlin, 29.08.2007

 

 

Was tun bei Hausdurchsuchungen?

Die Gruppe carambolage hat ein Flugblatt zum Verhalten bei Hausdurchsuchungenherausgebracht. Hier könnt ihr es herunterladen: [pdf, 493kb]

 

 

 

ZeugInnenvorladung oder Beugehaft? - Solidarität statt Paranoia!

Am 31.7.2007 wurden Oliver, Florian und Axel festgenommen. Die Polizei wirft ihnen einen versuchten Brandanschlag auf Bundeswehr-LKWs vor. Weiterhin wurde Andrej in seiner Wohnung verhaftet. Ihm wird ein angeblich konspiratives Treffen mit einem der drei zuvor Festgenommenen vorgeworfen. Anschließend wurden Wohnungen und Arbeitsplätze im Umfeld der vier Verhafteten und dreier weiterer Personen durchsucht. Wie im Zuge der Durchsuchungen bekannt wurde, läuft das Ermittlungsverfahren gegen vier Beschuldigte bereits seit September 2006. Allen sieben Beschuldigten wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (militante gruppe) nach § 129a vorgeworfen.

Wieder mal auf der Tagesordnung sind die Einschüchterung und Kriminalisierung von Personen und Gruppen, die zu sogenannten "anschlagsrelevanten" Themen arbeiten. Das kann prinzipiell alle betreffen, die zu Themen wie innerer Sicherheit und Repression, sozialer Gerechtigkeit, Militarismus oder Krieg arbeiten. Die bei offensiven Ausforschungen gegen linke Positionen seit Jahren immer wieder bemühten gesetzliche Grundlagen sind die Paragraphen §§129, 129a und b. Nur 2% aller so eingeleiteten Ermittlunsgverfahren endeten in der Vergangenheit mit einer Verurteilung. Daran sieht man, dass dieser Paragraph hauptsächlich zur Ausforschung dient.

Polizeiliche Maßnahmen gegen die jetzt Beschuldigten laufen offenkundig schon einige Monate. Seit den Verhaftungen und Beschuldigungen wurde das umfassende Ermittlungsinstrumentarium auf das familiäre, private und politische Umfeld sowie auf die Arbeitsbereiche der vier Beschuldigten ausgeweitet. Der größte Teil der Ermittlungen läuft verdeckt, die Einschüchterungen und Ermittlungen gegen vermeintliche ZeugInnen aber durchaus direkt und offen.

Es ist davon auzugehen, dass bei allen ZeugInnen Telefone, Emails und Internet-Traffic zuhause und auf Arbeit sowie Treffen mit FreundInnen überwacht werden. Von der Ausweitung von Observationen auf das weitere Umfeld ist auszugehen. Diese umfassenden Ausforschungen und der massive Eingriff werden mit abenteuerlichen Konstruktionen gerechtfertigt.

Es ist dem Bundeskriminalamt (BKA) als Ermittlungsbehörde grundsätzlich nicht erlaubt, ZeugInnenaussagen zu erzwingen, geschweige denn, vermeintliche ZeugInnen nach Belieben von irgendwo abzuholen oder gar mitzunehmen. Aufforderungen zu Gesprächen mit dem BKA können und sollten deshalb ohne weitere Erklärung ignoriert werden. Praktisch passiert es aber immer wieder, dass Leute aus Unkenntnis oder aus dem Druck der Situation heraus, mehr oder weniger umfangreiche Aussagen zu machen.

ZeugInnengruppe und EA sind bisher ca. zehn Personen (FreundInnen, Bekannte und Familienangehörige) bekannt, die vom BKA bereits angesprochen wurden. Dies geschah nach Knastbesuchen bei den Beschuldigten, auf der Straße oder vor der Haustür und verlief zum Teil recht unangenehm - was es sowieso schon ist, weil mensch davon überrumpelt wird. Unseres Wissens hat bisher niemand einen Termin wahrgenommen oder sich auf Gespräche eingelassen. Trotz Zeugnisverweigerungsrecht für Familienangehörige wurden einigen Müttern bereits Vorladungen zur Bundesanwaltschaft (BAW) angedroht.

Diese Entwicklungen waren für den Alltag der Angesprochenen in den letzten Wochen sehr bestimmend und setzen die Betroffenen massiv unter Druck. Besonders brisant ist dies für Personen mit Kindern, was vom BKA zum Teil als ermittlungstaktisches Druckmittel ausgespielt wird. Während es in den meisten Fällen bei nüchternen Ankündigungen blieb, wurde eine Freundin mit Kindern gezielt mit regelrechtem Telefonterror überzogen und massiv unter Druck gesetzt, Aussagen zu machen.

Allen zur BAW Vorgeladenen droht bei Aussageverweigerung die Verhängung von Ordnungsgeldern und Beugehaft. Mit Beugehaft sollen ZeugInnen zu Aussagen gegen FreundInnen und Bekannte gezwungen werden. Dazu können bis zu sechs Monate Knast verhängt werden.

Wenigstens den finanziellen Ruin werden wir gemeinsam verhindern. Neben Ordnungsgeldern, Haftkosten und Anwaltshonoraren müssen laufende Kosten wie Miete, Krankenversicherung etc. gezahlt werden. Dafür brauchen wir dringend jegliche Art von Unterstützung von Euch.

Solidarität statt Paranoia!
Kein Klatsch, kein Tratsch!
Schafft Öffentlichkeit, sammelt Spenden - Solidarität mit allen
Verhafteten und Beschuldigten!

Kontakt zur ZeugInnengruppe:
keine-zeuginnen [at] so36.net

 

 

ZeugInnenvorladungen durch die BAW (Bundesanwaltschaft) am 23., 24. und 25.10.2007 in Berlin

Am 31.07.2007 wurden Oliver, Florian und Axel festgenommen. Die Polizei wirft ihnen einen versuchten Brandanschlag auf Bundeswehr-LKWs vor. Zudem wurde Andrej in seiner Wohnung verhaftet. Ihm wird ein angeblich konspiratives Treffen mit einem der drei zuvor Festgenommenen vorgeworfen. Im Weiteren wurden Wohnungen und Arbeitsplätze im Umfeld der vier Verhafteten und dreier weiterer Personen durchsucht. Wie im Zuge der Durchsuchungen bekannt wurde, läuft das Ermittlungsverfahren gegen vier Beschuldigte bereits seit September 2006. Allen Sieben wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mg (militante gruppe) nach § 129a StGB vorgeworfen.

Seit den Verhaftungen und Beschuldigungen wurden umfassende Ermittlungen auch auf das familiäre, private und politische Umfeld sowie auf die Arbeitsbereiche der vier Beschuldigten ausgeweitet. Der größte Teil der Ermittlungen läuft verdeckt, die Einschüchterungen und Ermittlungen gegen vermeintliche ZeugInnen aber durchaus direkt und offen. Es ist davon auszugehen, dass bei allen ZeugInnen Telefone, Emails und Internet-Traffic zuhause und auf Arbeit sowie Treffen mit FreundInnen überwacht wurden und werden. Von der Ausweitung von Observationen auf das weitere Umfeld ist auszugehen. Diese umfassenden Ausforschungen und der massive Eingriff werden mit abenteuerlichen Konstruktionen gerechtfertigt.

Nachdem in den letzten Wochen einige Leute vom BKA Vorladungen erhalten hatten und/oder auch durch eine direkte Ansprache aufgefordert wurden, etwas zu den Verhafteten zu sagen, sind am 10. Oktober 2007 schriftliche Ladungen von der BAW versandt worden. Bisher sind der ZeugInnengruppe und dem EA an die 20 Personen (FreundInnen, Bekannte, sowie Personen, die sich einen Zusammenhang zu den Beschuldigten nicht erklären können) bekannt.

Diese Entwicklung ist für den Alltag der Betroffenen in den letzten Wochen sehr bestimmend und setzt sie massiv unter Druck. Besonders schlimm ist die Situation für Leute mit Kindern. Wir gehen davon aus, dass die BAW diese besondere Lage systematisch als Druckmittel benutzt.

Allen zur BAW Vorgeladenen droht bei einer Aussageverweigerung die Verhängung von Ordnungsgeld (bis zu 1.000,00 €) und bei weiterer Verweigerung der Aussage kann Beugehaft (juristisch korrekt „Erzwingungshaft“) durch den Ermittlungsrichter von bis zu sechs Monaten angeordnet werden.

Mit dem Druckmittel von Ordnungsgeld und Beugehaft sollen die ZeugInnen gezwungen werden gegen ihre Freunde und Bekannte auszusagen. Dabei steht den Betroffenen ein Aussageverweigerungsrecht nur zu, wenn sie entweder mit den Beschuldigen verlobt, verwandt oder sonst in einem familiären Verhältnis stehen (§ 52 StPO) oder wenn sie sich durch ihre Aussagen selbst belasten (§ 55 StPO) könnten.

Ordnungsgeld oder Beugehaft kann auch nur wegen einer einzigen, nicht beantworteten Frage verhängt werden, wenn die BAW bzw. der Ermittlungsrichter der Auffassung sind, dass diese von besonderer Wichtigkeit für das Verfahren ist.
Es ist im Rahmen eines 129 a Verfahrens den ermittelnden Behörden nicht nur wichtig etwas über die vorgeworfene Tat zu erfahren, sondern sie stellen konkret Fragen über die persönlichen Zusammenhänge der Beschuldigten. In welchem Verhältnis steht oder stand die/der ZeugIn zu den Beschuldigten? Wie und wo haben die Beschuldigten sich früher engagiert? Mit wem standen und stehen sie in engem Kontakt? Und sogar welche Hobbys usw. haben die Beschuldigten? Eben auch Fragen die nicht unbedingt zu einer vermeintlichen Tataufklärung beitragen. Sie wollen Ansatzpunkte zu einer weiteren Durchleuchtung der beschuldigten Personen und Informationen, die ihnen in ihrem bisherigen Ermittlungsstand noch fehlen und zu denen sie sonst keinen Zugang bekommen. Hier sollen nun Freunde gezwungen werden, die persönlichen Verhältnisse der Beschuldigten preis zu geben. Dies geht aber niemanden - und besonders die BAW - etwas an!

Wer sich entscheidet, zu schweigen und keine Fragen der BAW zu beantworten, muss sich möglicherweise nicht nur mit der kommenden Haftsituation auseinandersetzen sondern auch damit, was mit dem Arbeitsplatz ist, wie das Kind versorgt werden soll und muss, wie die Miete zusammen kommt und, und, und…..
Aber auch auf denjenigen, die evtl. die Situation nicht aushalten, die wegen ihres Arbeitsplatzes oder anderen Gründen nicht mehrere Monate in den Knast gehen können, liegt ein immenser Druck. KeineR will den Beschuldigten schaden und niemand weiß, was die staatlichen Repressionsorgane eigentlich wollen. Die Gefahr durch Beantworten vermeintlich belangloser Fragen jemand anderen oder sich selbst zu belasten besteht bei jeder Frage. So ist es schon oft geschehen, dass aus einem Zeugen ein Beschuldigter geworden ist.

Wir können niemandem die Entscheidung wie er/sie sich verhält, abnehmen. Aber wenigstens den finanziellen Ruin werden wir gemeinsam verhindern. Neben Ordnungsgelde, Haftkosten und Anwaltshonoraren müssen laufende Kosten für Miete, Krankenversicherung etc. bezahlt werden. Dafür brauchen wir dringend finanzielle Unterstützung von Euch! Deshalb sammelt Geld, macht Party`s und/oder überlegt euch Patenschaften.

Solidarität statt Paranoia!
Wir lassen niemanden allein!
Aussageverweigerungsrecht für ALLE!
Schafft Öffentlichkeit, sammelt Spenden!
Solidarität mit allen Verhafteten und Beschuldigten!

Kontakt zur ZeugInnengruppe:
keine-zeuginnen [at] so36.net

 

Zu den ZeugInnen-Vorladungen durch die BAW, Stand November 2007

Im Laufe des aktuellen 129 a Verfahrens gegen sieben Beschuldigte (mg-Verfahren) gerieten mehrere Menschen aus dem familiären, privaten, beruflichen und politischen Umfeld der Beschuldigten als ZeugInnen in den Blickwinkel der Ermittlungsbehörden.

Nachdem das BKA Vorladungen an die ZeugInnen erfolglos versandt hatte und auch nach Knastbesuchen, mit den potentiellen ZeugInnen nicht ins Gespräch kam, versandte die BAW im Oktober über 20 Vorladungen zur ZeugInnen-Vernehmung nach Berlin, wo man kurzer Hand beim BKA Berlin eine Außenstelle Karlsruhe einrichtete. Dabei waren mehrere Beamte der BAW sowie des BKA zugegen, die Betroffenen hatten zur Unterstützung AnwältInnen dabei und vor der Tür fand eine Solikundgebung mit ca. 100 TeilnehmerInnen statt.

Zu Beginn der „Fragestunde“ wollte die BAW von mehreren Vorgeladenen wissen, was für eine Schulbildung sie denn hätten. Auf den Hinweis der AnwältInnen, dass dies wohl überhaupt nichts zur Sache täte, war die Antwort, man wolle schließlich wissen, mit wem man es zu tun habe bzw. was für einen Bildungsstand die jeweilige befragte Person hätte. Es wurde abgelehnt auf die Frage zu antworten. Im Weiteren haben fast alle Geladenen die Aussage verweigert. Ob eine/r ein Zeugnisverweigerungsrecht (es wurde sich dabei auf §§ 53 und 55 StPO berufen) zugestanden wird, ist noch nicht entschieden.

Der Mehrzahl der ZeugInnen, die die Aussage komplett verweigert haben, wurden ein Ordnungsgeld und eine zweite Ladung nach Karlsruhe in Aussicht gestellt. Bisher hat niemand einen Ordnungsgeldbeschluss erhalten. Jedoch wird trotz der Aussetzung der Haftbefehle von Axel, Florian und Oliver und nachdem der Vorwurf des § 129 a StGB fallengelassen wurde, mit weiteren Aktivitäten durch Frau Vanoni (jung-dynamisch und erfolglose Staatsanwältin der BAW) und ihre BAW-Vereinigung gerechnet.

Einige ZeugInnen beantworteten einzelne Fragen der BAW, die jedoch nichts mit den aktuellen Tatvorwürfen zu tun hatten. Ziel dieser Befragungen war die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Beschuldigten und Dritter. Hieran sieht man wie weit ihr Ermittlungsinteresse geht.

Mit den Zwangsmitteln von Ordnungsgeld bis maximal 1.000,00 € und Beugehaft bis zu sechs Monaten sollen auch in diesem Verfahren ZeugInnen gezwungen werden gegen ihre Freunde und Bekannte auszusagen. Dabei steht den Betroffenen ein Aussageverweigerungsrecht nur dann zu, wenn sie entweder mit den Beschuldigten verlobt, verwandt oder sonst in einem familiären Verhältnis stehen (§ 52 StPO), wenn sie sich durch ihre Aussagen selbst belasten könnten (§ 55 StPO) oder wenn sie BerufsgeheimnisträgerInnen (z.B. RechtsanwältInnen, JournalistInnen, ÄrztInnen) sind (§53 StPO).

Neben Ordnungsgeldern, Anwaltshonoraren, müssen im Fall von Beugehaft außerdem laufende Kosten für Miete, Krankenkassenversicherung etc. bezahlt werden. Mit diesen Problemen wollen wir die Betroffenen nicht allein lassen. Darum benötigen wir dringend Spenden! Sammelt Geld, macht Partys und/oder überlegt Euch Patenschaften und teilt dies der ZeugInnen-Gruppe mit!

Solidarität statt Paranoia!!!
Wir lassen niemanden allein!
Aussageverweigerungsrecht für ALLE!
Schafft Öffentlichkeit! Sammelt Spenden!

Kontakt: keine-zeuginnen [at] so36.net

 

Beitrag der ZeugInnengruppe auf der Veranstaltung "Wir sind alle Terroristen" am 16.12.2007

Ich sehe dem Termin mit einem gewissen Unbehagen entgegen. Eine Zeugenvorladung der Bundesanwaltschaft, in den Räumen des Bundeskriminalamtes – BAW und BKA, zwei Kürzel die für Behörden stehen, mit denen sich wohl kein Mensch freiwillg einen Kontakt wünscht. Terrorismus – warum soll ich hier Zeuge sein? Ich habe nichts zu bezeugen oder habe zumindest keine Ahnung davon...

Ich bin zu gut erzogen und stehe fast 20 Minuten vor der Vernehmung schon vor der Tür des BKA in Berlin-Treptow, als ob ich sehnsüchtig auf den Termin warten würde. Reingehen will ich natürlich noch nicht, also warte ich vor der Tür.

Meine innere Unruhe wird geringer, als ich bemerke, dass meine Anwesenheit bemerkt wurde und eine äussere Unruhe auf dem BKA-Gelände entsteht und die Beamten an der Pforte immer wieder aus dem Eingang kommen und „ganz unauffällig“ in meine Richtung schauen – wer steht da wohl vor unserer Tür? Für einen kurzen Moment beginne ich, die ganze Geschichte lustig zu finden.

Lange Zeit zum amüsieren bleibt mir nicht, meine Anwältin kommt und wir gegen zur Pforte – jetzt wird es ernst. Ich muss meine Ladung und meinen Ausweis zeigen und meine Taschen leeren. Dann der Gang durch den Metalldetektor. Nach einigen Durchgängen mit Alarm gibt der Beamte auf und durchsucht mich per Hand. Ich bin clean und meine Tasche auch – es kann also weitergehn.

Wir werden von einem Beamten über das Gelände zu dem Gebäude gebracht, in dem die Vernehmung stattfinden soll. Wir werden in einen vielleicht 10 qm grössen Raum geführt. Der Raum ist komplett voll. Es stehen zwei Tische in dem Raum. Einer steht am Fenster. An ihm sitzt ein Mann, der sich nicht vorstellt. Er wird die ganze Zeit kein Wort sagen, mich aber unentwegt angucken. Er sieht so sympathisch aus, wie die Aufgabe, die er hier erfüllt.

Am zweiten Schreibtisch sitzt der Staatsanwalt, eine Schreibkraft mit Laptop und Drucker und ein Beamter des BKA. Er hat einen Schnauzbart und entspricht auch sonst ganz gut meinen Klischees. Wir haben uns an den selben Tisch zu setzen. Ich sitze etwa 1m vom BKA-Beamten und 2m vom Staatsanwalt entfernt. Die Enge wäre selbst unter Freunden unangenehm.

Nachdem die Schreibkraft anhand meines Personalausweises die Personalien aufgenommen hat kommt die Rechtsbehelfsbelehrung und die darauf folgende erste Frage: „Sind sie mit einem der Beschuldigten verwandt oder verschwägert?“ Ich verneine dies und meine Anwältin weist den Staatsanwalt darauf hin, dass mir jedoch ein Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen zusteht. Der Staatsanwalt gibt zu verstehen, dass ihm dies bekannt sei, er jedoch davon ausgeht, dass dies nicht alle seine Fragen umfasse. Die Fragen seien in zwei Blöcke unterteilt, einem mit Fragen zur Person und einen mit Fragen zur Sache und zumindest der erste Teil könne und müsse von mir beantwortet werden.

Der erste Block wird mit der Frage zu meinem beruflichen Werdegang eröffnet. Da ich weder beim BKA, noch der BAW eine Anstellung anstrebe, beschränke ich mich auf die Nennung meiner momentanen Berufsbezeichung – das muss reichen. Die Gesichter der Beamten verraten, dass sie sich mehr erhofft hatten, aber meine Lebensgeschichte geht hier niemanden was an. Nach dieser Einstiegsfrage ist der Block mit den Fragen zur Person auch schon beendet. Wenn der Block mit den Fragen zur Sache auch nur aus einer Frage besteht, dann bin ich hier schnell wieder raus. Ich werde in dieser Hoffnung aber enttäuscht.

Zunächst wird mir eine Lichtbildmappe vorgelegt. Nachdem ich mir diese nicht von alleine anschaue, beginnt eine Diskussion zwischen dem Staatsanwalt und meiner Anwältin, ob die Strafprozessordnung eine Pflicht zum Anschauen einer Bildmappe enthält. Der Staatsanwalt ist schlau genug und lässt den BKA-Beamten das ganze nochmal als Frage formulieren. „Seher geehrter Herr XY; Würden Sie freundlicherweise die Höflichkeit besitzen, sich die Bildmappe anzusehen?“ oder so ähnlich lautet die Frage des Beamten. Die übertrieben höfliche Formulierung des Beamten lassen meine Anwältin und mich kurz auflachen und den BKA-Beamten erröten. Ich erkläre mich bereit, die Bildmappe anzuschauen, kündige aber bereits an, hierzu keinerlei Fragen zu beantworten. Damit ist das Thema Bildmappe wieder vom Tisch und wir kommen zur zweiten Frage. „Wie lautet ihre Meldeadresse?“ verstehe ich den BKA-Beamten und bin erstaunt. Mein Kopf rattert – was soll das? Die haben meine Meldeadresse doch schon zu Beginn aufgenommen. Da ich schweige, wiederholt der Beamte seine Frage: „Wie lautet ihre Mailadresse?“ Ich muss innerlich kurz lachen, weil ich das so falsch verstanden hatte, bleibe äusserlich aber ruhig und sage, dass ich diese Frage nicht beantworten werde. Das passt den Beamten nicht. Der Staatsanwalt belehrt mich über die Zwangsmittel des § 70 StPO: Ordnungsgeld bis 1000 € und Erzwingunghaft bis 6 Monate und stellt die Frage erneut. Ich bleibe dabei, die Frage nicht zu beantworten, worauf der Staatsanwalt fragt, ob diese Mailadresse mit meiner beruflichen Tätigkeit zusammenhänge. Auch diese Frage bleibt unbeantwortet.

Hierauf bitten die Beamten um eine kurze Unterbrechung und wir verlassen den Raum. Nach einigen Minuten werden wir wieder in den Raum gebeten und uns wird mitgeteilt, dass die Befragung nicht fortgeführt wird, da dies keinen Sinn mache. Für uns ist dies keine Neuigkeit - wir hatten schon im Vorfeld auf diesen Umstand hingewiesen.

Der Staatsanwalt kündigt nun an, dass die Geschichte damit nicht beendet sei und ich mit einer Ladung nach Karlsruhe zu rechnen habe. Er überlege sich noch, ob er vorher ein Ordnungsgeld beantrage oder auf diesen Schritt vorerst verzichte.

Dann dauert es sicherlich noch einmal 10 Minuten, bis alle Beteiligten mit dem Protokoll zufrieden sind und es unterschreiben.

Wir verabschieden uns und verlassen den Raum. Erst am Ende des Ganges kommt uns ein Beamter nachgelaufen. Im Eifer des Gefechts hatten sie vergessen, dass wir uns ja garnicht unbewacht auf dem Gelände bewegen dürfen. So werden wir jetzt zur Pforte begleitet und verlassen das Gelände.

Ich bin froh, wieder an der frischen Luft zu sein und die Sache (zumindest vorerst) hinter mir zu haben. Schlauer bin ich bei diesem Termin leider nicht geworden. Dabei hatte ich mir doch erhofft, endlich zu erfahren, was ich mit Terrorismus zu tun habe.

Immerhin weiss ich jetzt, dass meine Mailadresse im Terrorzusammenhang steht. Mein Leben ist wohl doch viel spannender, als ich immer dachte...