Alle unter Verdacht

Im Prozeß gegen drei Kriegsgegner läßt das Bundeskriminalamt die Zuschauer im Gerichtssaal beobachten. Verteidigung stellt Befangenheitsanträge

Von Frank Brunner

Dem Vorsitzenden Richter Josef Hoch war die Frage sichtlich unangenehm. Wer denn die beiden Herren in der ersten Reihe der Pressebank seien, hatte sich Rechtsanwalt Sven Lindemann, einer der Verteidiger im Prozeß gegen die der »Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung« beschuldigten Kriegsgegner Florian L., Oliver R. und Axel H. am Mittwoch erkundigt. Es handle sich um zwei Beamte des Bundeskriminalamtes, die unter anderem beobachten, ob aus dem Umfeld der Angeklagten Straftaten geplant werden, erfuhren nach mehrmaligem Nachfragen die erstaunten Zuschauer an diesem dritten Verhandlungstag im Saal 700 des Kriminalgerichts Berlin-Moabit.

»Ich bin empört. Das ist eine Einschüchterung der Öffentlichkeit«, kritisierte Lindemann diesen Vorgang. Das BKA sei »für die Beobachung des Publikums nicht zuständig«. Die Verteidigung sei über die Anwesenheit der BKA-Beobachter nicht informiert worden, zudem seien »laut Sicherheitsverfügung nur sechs Beamte im Gerichtsaal zugelassen«, begründete der Anwalt seinen anschließenden Befangenheitsantrag gegen Richter Hoch. Dieser hatte es bereits zuvor abgelehnt, die Zeugen zur Vernehmung so zu plazieren, daß diese auch von den Strafverteidigern angemessen befragt werden können. »Eine Verteidigung ist nicht möglich, wenn ich das Gesicht der Zeugen nicht sehen kann«, erklärte Lindemann, der mehrmals die Objektivität des Senats gegenüber den drei Angeklagten anzweifelte.

Florian L., Oliver R. und Axel H. waren am 31. Juli 2007 in Brandenburg an der Havel festgenommen worden, nachdem sie nach Ansicht der Anklage versucht hätten, drei Fahrzeuge der Bundeswehr in Brand zu setzen. Die Bundesanwaltschaft (BAW) wirft ihnen außerdem vor, als Mitglieder der »militanten gruppe« seit Juni 2001 insgesamt 25 Brandanschläge gegen öffentliche Einrichtungen im Raum Berlin verübt zu haben. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden. Laut BAW sei es das erklärte Ziel der Gruppe gewesen, »durch fortgesetzte militante Aktionen eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu etablieren«.

Nach vier Stunden und fünf Unterbrechungen wurde schließlich die erste Zeugin vernommen. Doch viel konnte die eigens eingeflogene Kriminalhauptkommissarin vom BKA zur Aufklärung nicht betragen. Und so endete der dritte Prozeßtag mit einer Aufzählung der bei der Verhaftung sichergestellten Gegenstände. Nach Angaben der Zeugin waren das Ausweise, Schlüssel, Briefmarken und zwei Handys. Bislang sind 17 Verhandlungstage angesetzt.

Am Donnerstag wurde der Prozeß mit der Vernehmung weiterer BKA-Beamter fortgesetzt. Der Befangenheitsantrag gegen Hoch wurde zurückgewiesen, teilte das Gericht mit. Auch die Beobachter des BKA durften bleiben. Neben der Observation des womöglich verdächtigen Umfelds der Angeklagten hätten sie den Auftrag, ihrer Amtsleitung über den Verlauf der Verhandlung Bericht zu erstatten. Auch diene ihr Einsatz der »Aus- und Weiterbildung«, begründete die Bundesanwaltschaft ihre Weigerung, die Ermittler zurückzuziehen.

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