Befangenheitsantrag vom 25. Juni 2009 (48. Prozesstag)

In der Strafsache gegen H., R. und L., 1-21/08 lehnt der Angeklagte Herr Axel H. den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Hoch, die Richterin am Kammergericht Grabbe, die Richter am Kammergericht Warnatsch und Hanschke, sowie den Richter am Landgericht Finkel wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Bereits mit Schriftsatz vom 20.8.2008 des Kollegen Lindemann wurde beantragt, die Akte des Ursprungsverfahrens gegen U. und andere (2 BJs 48/1-2) beizuziehen, die vollständig bereits im Rahmen des Haftbeschwerdeverfahrens von der Bundesanwaltschaft an den 3. Strafsenat des BGH übersandt worden waren und somit bereits Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewesen sind, und der Verteidigung insoweit Akteneinsicht zu gewähren. Der Antrag wurde am ersten Verhandlungstag, dem 25.9.2008 wiederholt. Beide Anträge wurden durch den erkennenden Senat (Beschlüsse vom 28.8.08 und 1.10.08) abgelehnt.

Im Verlaufe der Hauptverhandlung wurde von der Verteidigung mehrfach darauf hingewiesen, dass die vorbezeichneten Akten notwendiger Verfahrensstoff und damit essentiell für die Verteidigung sind, da sich aus diesen weitere zur Sache gehörende Fragen und Vorhalte an Zeugen ergeben würden. Auch diese Anträge wurden jeweils abgelehnt.

Auf Empfehlung des Vorsitzenden beantragte RA Hoffmann für diese Aktenteile direkt bei der Generalbundesanwaltschaft Akteneinsicht, die allerdings abgelehnt wurde.
Glaubhaftmachung: Dienstliche Erklärung der Sitzungsvertreter der Generalbundesanwaltschaft.

Mit Schreiben vom 25.5.09 an den Generalbundesanwalt bat der Vorsitzende um Übersendung der Sachakten 2 BJs 48/1-2 soweit diese dem Senat noch nicht vorliegen. 35 Leitzordner mit diesen Akten gingen am 4.6.09 beim Kammergericht ein.

In der Hauptverhandlung vom 18.6.09 teilte der Vorsitzende mit, dass eine Ablichtung der beigezogenen Ordner der Verteidigung zur Verfügung stehe und abgeholt werden könnte. Eine CD mit dem gesamten Akteninhalt in digitalisierter Form könne der Verteidigung erst demnächst zur Verfügung gestellt werden, da es technische Probleme mit der Digitalisierung gäbe.

Der zur Verfügung gestellte Aktensatz wurde am 19.6.2009 von RA Herzog in der Geschäftsstelle des Kammergerichts abgeholt.

CDs auf denen sich die Akten in digitalisierter Form befinden sollen wurden den Rechtsanwälten Lindemann, Franke und Hoffmann am 23.6.09 bzw. RA Hoffmann am 24.6.2009 übersandt (Eingang).

Der am heutigen Tag gestellte Antrag auf Aussetzung, hilfsweise Unterbrechung der Hauptverhandlung um 30 Tage, um der Verteidigung ausreichend Zeit zum Aktenstudium zu gewähren, wurde mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Verhandlungstermine am 1. und 2. Juli 2009 entfallen sollen. Die Verhandlung würde am 8.7.09 fortgesetzt.

In der Begr=FCndung wurde tragend darauf hingewiesen, dass der Verteidigung in Person RA Hoffmann bereits vor Monaten eine Einsichtnahme in diese Akten vom GBA angeboten worden sei und damit auch soweit Gelegenheit zur Einsichtnahme bestanden hätte.

Nachdem von Verteidigung und Generalbundesanwalt darauf hingewiesen wurde, dass diese Begründung unzutreffend sei, da seitens des Generalbundesanwaltes die Akteneinsicht in diese Akten abgelehnt worden ist, stellte der Senat mit ergänzendem Beschluss fest, es handle sich um eine Verwechselung der Aktenzeichen. Dies ändere aber gleichwohl nichts an dem Ergebnis des zuvor ergangenen Beschlusses.

Der im Rahmen dieser Auseinandersetzung von RA Hoffmann gemachte Vorschlag, die bereits in Aussicht gestellte Unterbrechung der Hauptverhandlung im August um eine Woche zu verlängern, damit insgesamt 4 Wochen zur Akteneinsicht zur Verfügung stehen und zuvor ordnungsgemäß Kopien erstellt werden können, wurde vom Senat nicht aufgegriffen.

Mehrfach wurde vom Vorsitzenden allerdings darauf hingewiesen, dass für eine vollständige Übereinstimmung der digitalen Aktenversion mit der Papierversion keine Garantie übernommen werden könne, maßgebend sei ausschließlich die Papierversion.

Die Verteidigung hatte bislang keine Gelegenheit die übersandten CDs auf Übereinstimmung, Qualität bzw. Funktionalität zu überprüfen. Da beispielsweise RA Hoffmann sich zur Hauptverhandlung in Berlin befindet konnte bislang nur festgestellt werden, dass in seinem Büro in Kiel ein Datenträger des Kammergerichts eingegangen ist.

Das Kammergericht benötigte für die Erstellung eines Kopiensatzes der Aktenteile 14 Tage.
Glaubhaftmachung: Beiziehung der Akten, dienstliche Erklärung der abgelehnten Richter, anwaltliche Versicherung RA Hoffmann, die hiermit abgegeben wird.

Mit diesem Vorgehen wird die Verteidigung in unzulässiger Art und Weise beschränkt. Es entsteht der Eindruck für den Angeklagten H., dass die abgelehnten Richter nunmehr das Verfahren auf Biegen und Brechen schnellstmöglich zu Ende bringen wollen und dabei
bewusst in Kauf nehmen, dass die Verteidigung und die Angeklagten keine Gelegenheit haben, sich ausreichend in die beigezogenen Akten einzuarbeiten.

Die vom Senat als „Verwechselung” bezeichnete Behauptung lässt zudem befürchten, dass die abgelehnten Richter leichtfertig nach Gründen für die Ablehnung des Unterbrechungsantrages suchen um das momentan als einziges verfolgte Ziel, eine schnellstmögliche Beendigung des Verfahrens herbeizuführen.

Die Befürchtung der Befangenheit ist um so mehr begründet, weil die abgelehnten Richter die hier in Rede stehenden Akten erst nahezu zum Ende der von ihnen für notwendig erachteten Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden beigezogen haben, obwohl die Verteidigung bereits vor Beginn der Hauptverhandlung auf der Beiziehung bestanden hat und damit die jetzige Problemstellung frühzeitig erkennbar und vermeidbar war.

Es wird beantragt, vor Entscheidung über den Befangenheitsantrag den Unterzeichnern die dienstlichen Äußerungen zugänglich zu machen und mitzuteilen, wer über diesen Befangenheitsantrag entscheiden wird.

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