Bericht vom 21. Prozesstag (29.01.2009)

Am 21. Prozesstag fanden zwei Zeugenvernehmungen statt, des weiteren wurden neue Verhandlungstermine verkündet. Die beiden Zeugen sind Polizeibeamte vom LKA 62, welche beide an Observationen von Andrej H. im Februar und April beteiligt waren. Als besonders relevant wurden eingeschätzt und Einfluss in die Akten fanden die Tage 14.02., 22.02. und 19.04.07. Um diese Tage drehte sich auch die heutige Zeugenbefragung.
Die Frisuren dieser Zeugen waren den ZuschauerInnen schon aus früheren Aufführungen bekannt, ebenso wie die schönen Oberlippenbärte. Allerdings fiel diesmal das unregelmäßig gebräunte Gesicht des ersten Zeugen besonders auf.

Erste Zeugenvernehmung
Als erster Zeuge wurde der KOK Stefan Kaebelmann, 44 Jahre, LKA 62 vernommen. Er berichtete zuerst von der u.a. von ihm und seinem Kollegen Puppel durchgeführten Observation am 14.02.07, bei der Andrej H. ein Internetcafé besuchte. Dabei wurde dieser sowie der Bildschirm, welchen er benutzte mit einer Videokamera aufgenommen. Das ermöglichte es den Beamten später mittels Vergrößerung genauestens den Inhalt des Bildschirms zu erkennen, inklusive benutzter e-mail Adresse und Textinhalt. Dabei schrieb dieser, "dass er eine Zeitlang nicht da sei und sie sich am 22. sähen". Bei dieser Observation von Andrej H. stellten die Beamten auch eine von ihm auf dem Weg dorthin gerauchte und dann weggeschmissene Zigarettenkippe sicher und übersandten diese zwecks DNA-Sicherung an das BKA. Zusätzlich wurde auch die IP-Adresse des von ihm verwendeten Computers ermittelt.

Am 22.02. wurde dann ein Treffen zwischen Andrej H. und einer bislang unbekannten Person überwacht. Zu Beginn hatten sie Aufstellung genommen an der Wohnanschrift von Andrej H., jedoch flitzte dieser so geschwind auf seinem Fahrrad los, dass sie nicht hinterher kamen und die gezielte Verfolgung erst am Nordbahnhof wieder aufnehmen konnten. Dort traf er sich mit einer Person. Die beiden Personen gingen ca. eine Stunde lang spazieren, wobei sie mehrmals fotografiert wurden. Danach wurde die bisher unbekannte Person auf dessen Rückfahrt observiert. Jedoch verloren sie diese im Wedding, im Bereich Sparrstraße. Daraufhin ließen sie sich die Ausweisanträge, mittel- und westeuropäisch aussehender, männlicher, 20-25 jähriger Personen vom Landeseinwohneramt aus diesem Bereich kommen und versuchten die Person dadurch zu identifizieren. Dies gelang ihnen so jedoch nicht.

Bei einer weiteren Observation am 19.04. konnte ein Treffen in einem Café zwischen Andrej H. und einer anderen Person festgestellt werden. Diese Observation wurden von Kräften des BKAs durchgeführt, welche sich zum Zwecke der Überprüfung, ob es sich bei der anderen Person um die Person vom 22.02.07 handelte, LKA-Kollegen hinzuzog, die sich sicher waren, die Person vom 22.02.07 zweifelsfrei wiedererkennen zu können. Er teilte dem BKA mit, dass es sich bei der Person im Café um dieselbe Person handeln würde wie bei dem Treffen am 22.02.07 am S-Bahnhof Nordbahnhof. Durch Befragung durch die Verteidigung stellte sich heraus, dass sich dieses Wiedererkennen, auf das sich diese Aussage bezog, im Dunkeln auf 20m Entfernung abgespielt haben musste.
RA Lindemann erklärte später, am Ende der Vernehmung, dass ein Wiedererkennen unter diesen Bedingungen erfahrungsgemäß auszuschließen sei.
Des weiteren stellte sich nun durch Befragung der Verteidigung heraus, dass sich das thematisierte konspirative Verhalten lediglich auf ein wiederholtes Umschauen, bzw. denselben Weg ein zweites Mal benutzen bezog, jedoch keine weiteren Merkmale eines solchen Verhaltens, wie beispielsweise trennen und in entgegengesetzte Richtung weitergehen oder ähnliches beobachtet werden konnte.
Nun wurde diese unbekannte Person auf dem Weg vom Café observiert und festgestellt, dass diese ein Haus in der Tegeler Straße betrat. Jetzt besorgten sie sich erneut die Ausweisanträge vom Landeseinwohneramt, diesmal von eben jener vermuteten Wohnanschrift. Daraufhin identifizierte der Zeuge nach seiner eigenen Aussage, auf Nachfrage durch die Verteidigung, allein und ohne fremde Mithilfe den Angeklagten Florian L. Wo diese Unterlagen, die ihm dazu zur Verfügung standen nun sind, ist unklar. Vernichtet, zurückgegeben oder einfach verloren.
Interessant war scheinbar auch die Frage nach der Jacke, welche der angeblich wiedererkannte an beiden Treffen getragen haben soll. Die Beschreibung dieser Jacke reichte von Olivgrün, mit abgesetzten Ärmeln, über Satin-glänzend mit auffälligen Streifen bis hin zu brauner Lederjacke.
Über die Identifizierung schrieb der Zeuge KOK Kaebelmann einen Bericht. Dieser wurde jedoch später von dem BKA mit den Worten "das reicht der Verteidigung nicht aus" kritisiert und der Zeuge wurde beauftragt einen ausführlicheren Bericht zu verfassen.

Zweite Zeugenvernehmung
Der zweite Zeuge KOK Stefan Puppel, ebenfalls vom LKA 62 wurde schon um 12:15 Uhr vernommen, da die erste Zeugenbefragung schneller als erwartet vor überging.
Dieser sagte so ungefähr dasselbe aus wie der erste heutige Zeuge.
Er betonte jedoch mehr das auffällige Verhalten von Andrej H., der sich nicht wie ein normaler Mensch verhalten hätte. Er hätte eben zu dem Treffen am 22.02.07 sein Haus nicht wie sonst verlassen, sondern mit dem Fahrrad und dies auch noch sehr schnell, so dass er wohl schon im Hausflur Schwung aufgenommen haben muss, so der Zeuge.
Bei dem Treffen im Café war er auch dabei, hat das BKA unterstützt. Wie viele Kollegen vom LKA dabei waren, meint er auf Grund seine Aussagegenehmigung nicht sagen zu dürfen, weiß er aber auch nicht mehr. Andrej H. hätte sich aber auch hier sehr auffällig Verhalten, so z.B. geguckt, wer nach ihm die Treppe zur U-Bahn hinunter geht, wer noch auf dem Bahnsteig ist, dort auch den Platz gewechselt, und auch geguckt wer noch in den Zug einsteigt. Auf Nachfrage der Verteidigung sagte er, dass dies eben so sei, wenn Leute das Gefühl hätten beobachtet zu werden und dies versuchen wollen zu verifizieren. Er wurde jedoch nicht erkannt, davon würde er ausgehen.
Ansonsten hat er Andrej H. in das Café gehen sehen, weiß aber nicht ob die Kontaktperson schon drin war. Als die Kontaktperson dann das Café verließ, waren sie der Meinung, dies könnte schon die Person vom letzten Mal sein, weil ähnliche Jacke und Körpergröße und Gang hätten auch gestimmt. Also ist er ran, zweimal um das festzustellen, einmal auf ca. 15 m und einmal unter 10 m und hat dabei festgestellt, dass es dieselbe Person sei. Diese haben sie dann bis zur Tegeler Straße gebracht und dann im Nachhinein anhand der Ausweisanträge vom Landeseinwohneramt die Person als Florian L. identifiziert. Was später aus diesen Unterlagen geworden ist, weiß er auch nicht.
Er hat sich die Unterlagen auf jeden Fall alleine angesehen, das würde ja sonst keinen Sinn machen und außerdem war der Kollege Kaebelmann zu einem anderen Zeitpunkt damit beschäftigt.
Die Fotos von Andrej H. und der Kontaktperson hat vermutlich eine Kollegin gemacht, denn diese hat in der Regel gute Fotos gemacht, deshalb geht er davon aus, dass sie das war. Grundsätzlich aber können alle Fotos machen.
Im Allgemeinen legte Andrej H. eine hohe Grundaufmerksamkeit an den Tag und wurde über einen längeren Zeitraum observiert. Der Zeuge kann nicht ausschließen, dass er dies gemerkt hätte.
Der Zeuge wird entlassen.

Nächster Verhandlungstag, Mittwoch 11.02., 9 Uhr.

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