Prozess gegen Antimilitaristen wegen kritischer Aufkleber gegen Bundeswehr vertagt
Von Peter Nowak
Mit einer Vertagung endete am Montagnachmittag vor dem Berliner
Amtsgericht ein Verfahren gegen die beiden Berliner Antimilitaristen
B.A und D.G. Sie werden beschuldigt, am 13. April in Charlottenburg
Aufkleber verklebt zu haben, auf denen ein brennendes
Bundeswehrfahrzeug mit der Aufschrift „Why not?“ zu sehen ist. Die
Anklage sieht darin eine Billigung von Straftaten und verweist auf
Anschläge gegen Bundeswehrfahrzeuge im letzten Jahr. In einer
gemeinsamen Erklärung bekunden die beiden Angeklagten ihre Verwunderung
über das Verfahren. Schließlich sei mit dem gleichen Motiv unter dem
Titel „Kriegsgerät interessiert uns brennend“ am 23.Februar in Berlin
für eine antimilitaristische Veranstaltung mobilisiert worden. Dort
berichteten Antimilitaristen aus Belgien, Irland und Deutschland über
ihre Arbeit. Der CDU-Abgeordnete und innenpolitische Sprecher seiner
Fraktion Frank Henkel hatte im Vorfeld vom Innensenator Körting wissen
wollen, ob die Veranstaltung nicht wegen Werbung für Straftaten
verboten werden könne. Körting verneinte das. Auf Nachfrage erklärte
er, bei dem Plakat handelt es sich um eine „schäbige aber
strafrechtlich nicht relevante Meinungsäußerung.“
Bildquelle: http://urs1798.wordpress.com/2008/12/01/lehrstunde-uber-kunst-und-kunstfreiheit/
Nach dieser Einschätzung hätten seine Mandanten davon ausgehen können,
dass das Motiv nicht strafbar ist, erklärten die beiden Verteidiger
Stephan Schrage und Sven Lindemann. Zusätzlich machten sie für das
Motiv die Kunstfreiheit geltend. Schließlich sei es auf den Cover des
Romans „Ende einer Dienstfahrt“ von Heinrich Böll zu finden. Dort wird
geschildert, wie ein Vater und sein Sohn aus Protest gegen die
Wiederbewaffnung einen Bundeswehrjeep anzünden und mit milden Strafen
davon kommen. „Der Roman wurde mit diesen Cover 1966 unbeanstandet
verkauft. Im Jahr 2008 führt Deutschland selber wieder Krieg und das
Motiv wird kriminalisiert“, meinte Prozessbeobachterin Brigitte Asdonk
gegenüber ND. Noch ist der Ausgang des Verfahrens allerdings offen. Bis
zum nächsten Verhandlungstermin soll geklärt werden, ob Körting das
gleiche Motiv meinte, das auf den Aufkleben zu finden ist, als er eine
Strafbarkeit verneinte. Sollte sich die Frage nicht durch eine
Internetrecherche und durch das Studieren der Protokolle des
Abgeordnetenhauses beantworten lassen, soll der Innensenator wie von
den Verteidigern beantragt, als Zeuge geladen werden. Der nächste
Termin soll Anfang März stattfinden.
Quelle: Neues Deutschland | 02.12.2008 | http://www.neues-deutschland.de/artikel/139966.innensenator-koerting-als-entlastungszeuge.html
https://einstellung.so36.net/de/ps/1198