Filmtipp: Der Tag des Spatzen

Es gibt Filme, die das Leben verändern, den Lauf der Geschichte oder das Weltgeschehen beeinflussen. Um nichts weniger geht es in "Der Tag des Spatzen" – nur, dass der Film diese Geschichte andersherum aufrollt. Philip Scheffner, selbst leidenschaftlicher Hobby-Vogelbeobachter, widmet in seinem neuen Film einem ganz bestimmten Spatzen, der es in dieser entscheidenden Rolle zu Weltruhm gebracht hat, eine kühne Hommage.

Mit der Akribie eines Detektivs macht sich Scheffner auf eine fantastische Spurensuche, die von der Ermordung des Spatzen durch einen niederländischen Medienkonzern zu einem fast vergessenen Ferienort an der Ostsee führt und schließlich an den Zäunen verbotener Zonen der west- und ostdeutschen Provinzen und Vorstädte endet. Eine bis zur Besessenheit präzise Kamera und eine überaufmerksame Tonspur leiten dieses filmische Ermittlungsverfahren, das sich zu einem zeitgenössischen Polit-Thriller wandelt. Völlig verblüffend, außer vielleicht für gewisse Vogelbeobachter und Piloten, denen die Ähnlichkeiten zwischen lieblichen Mosellandschaften und afghanischen Schlachtfeldern schon lange aufgefallen ist.

So war es wohl kein Zufall, dass sich der Heldentod des Spatzen am selben Tag begab, als der 18. deutsche Soldat in Afghanistan fiel.

Deutschland, 2010, 100 min
Niederländisch, Englisch, Deutsch
Regie: Philip Scheffner

Der Film lief im Februar 2010 auf der Berlinale und wird hoffentlich bald in Programmkinos gezeigt. Webseite des Films: http://www.dertagdesspatzen.de

Der Trailer

Presse

"Soll man doch endlich sagen, dass das dort ein Krieg ist." Interview des Neuen Deutschlands mit Philip Scheffner.

Flugblatt des Einstellungsbündnisses für Kinobesucher

Rettet die Spatzen!

...und stürzt das Kriegssystem!

Am 14. November 2005 wird in Leeuwarden ein Spatz erschossen, gleichzeitig stirbt ein deutscher Soldat in Afghanistan. Der Spatz hatte einen grossen Schaden angerichtet und wurde zum Feind.

Im Oktober 2009 werden Axel, Florian und Oliver für ihren aktiven Widerstand gegen die deutsche Kriegspolitik verurteilt: für eine versuchte Brandstiftung an Bundeswehr-LKWs und als vermeintliche Mitglieder der "militanten gruppe", die sich seit 2001 zu 24 Brandanschlägen bekannte. Nach über 60 Verhandlungstagen lassen sie den Gerichtssaal hinter sich - verurteilt zu einer Gefängnisstrafe von 3,5 bzw. 3 Jahren ohne Bewährung.

Während das deutsche Militär in Afghanistan weiter Zivilisten/innen tötet, soll unbedingt verhindert werden, dass „an der Heimatfront“ aktive Abrüstung betrieben wird und sich die Anti-Kriegsstimmung in deutliche praktische Aktionen umsetzt. Dabei ist den Staatsorganen alles recht, um Aktionen gegen die Kriegspolitik zu kriminalisieren. Wie das Massaker von Kundus der Öffentlichkeit vor Augen geführt hat, bezeichnet die deutsche Außenpolitik in Afghanistan die Tötung von Teilen der afghanischen Bevölkerung als Kollateralschaden. Der Angriff auf Afghanistan hat die Situation im Land verschlimmert - steigende Armut, tausende Tote und Verletzte zeugen davon, dass der Krieg selbst der brutalste Angriff auf die Menschenrechte ist.

Axel, Oliver und Florian wurden verurteilt, weil sie versucht haben, Bundeswehrfahrzeuge unschädlich zu machen. Beweisanträge dazu ließ das Gericht nicht zu, mit den möglichen Motiven wollte sich der Staatsschutzsenat nicht beschäftigen. 1968 hieß es, die Freiheit Westberlins werde in Vietnam verteidigt. Heute wird die Freiheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt.

Das Berliner Einstellungsbündnis organisiert seit der Verhaftung von Oliver, Florian und Axel im Jahr 2007 politische Unterstützung für die Beschuldigten in den mg-Verfahren.

Die kontinuierliche Solidaritätsarbeit hat zwar nicht verhindern können, dass das Gericht eine Gefängnisstrafe verhängt hat, mit der künftiger Widerstand abgeschreckt werden soll, doch hat die Kritik an Krieg und Militarisierung während des Prozesses mehr Aufmerksamkeit und Präsenz bekommen. Der Widerstand gegen den Krieg ist notwendig und legitim!

http://einstellung.so36.net

Nachträge

Der "Klaus-Wildenhahn-Preis"(Hamburger Dokumentarfilmpreis) der 7. Hamburger Dokumentarfilmwoche geht an: Der Tag des Spatzen. http://www.dokfilmwoche.com

Erneuter Artikel zum Film im ND vom 20.04.2010: http://www.neues-deutschland.de/artikel/169414.der-tag-des-spatzen.html

Der Film lief am 02.02.2011 um 23.40 Uhr auf arte: http://www.arte.tv/de/woche/244,broadcastingNum=1220572,day=5,week=5,yea...

Tags: mg-verfahren