Für eine Engagierte Wissenschaft - gegen ihre Kriminalisierung!

Wir, der Verein Engagierte Wissenschaft (EnWi e.V.), haben mit Entsetzen die Festnahme des Sozialwissenschaftlers Andrej H. sowie die Durchsuchung der Wohnungen weiterer kritischer Wissenschaftler unter Berufung auf § 129a StGB zur Kenntnis genommen.

EnWi steht für und unterstützt eine kritische Auseinandersetzung mit sozialen und politischen Fragen und Konflikten der Gegenwart. EnWi steht vor allem aber auch für Einmischung durch Hinterfragen, für eine Demokratisierung von Wissen im Dienste einer Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen. Das Vorgehen der Ermittlungsbehörden richtet sich gegen eine von uns angestrebte „Engagierte Wissenschaft" (Bourdieu), die sich nicht in einem der Gesellschaft äußerlichen Elfenbeinturm verortet, sondern sich kritisch in Gesellschaft einmischt.

Die Mitglieder und der Freundeskreis von EnWi (ca. 30 StudentInnen, Promovierende, NachwuchswissenschaftlerInnen) fordern die Generalbundesanwältin auf, die Ermittlungen gegen kritische WissenschaftlerInnen einzustellen und den Haftbefehl gegen Andrej H. aufzuheben. Wir schließen uns damit dem internationalen Protest namhafter WissenschaftlerInnen und politisch Engagierter an. Wir protestieren weiterhin gegen die unverhältnismäßige Anwendung einer auf Terrorismusbekämpfung ausgerichteten Gesetzgebung, insbesondere des Paragraphen 129a StGB, gegen legitimen politischen Protest bzw. geringfügige kriminelle Delikte.

Die Begründung des Verdachts gegen Andrej H. durch die Bundesanwaltschaft setzt Jede(n), der/die intellektuell in der Lage ist, komplexe Schriften zu verfassen, in denen bestimmte Schlüsselwörter auftauchen, Zugang zu Bibliotheken hat sowie die „Verhältnisse" hinterfragende Analysen publiziert, einer Verdächtigung aus. Die Praxis, Forschungsschwerpunkte zum Anlass für Überwachungen und Festnahmen zu nehmen, bedeutet nicht nur eine erhebliche Einschränkung der Freiheit von Forschung und Lehre, sondern auch eine massive Beschneidung der grundrechtlich garantierten Meinungsfreiheit. Das Vorgehen der Bundesanwaltschaft gegen die WissenschaftlerInnen richtet sich unseres Erachtens generell gegen kritische und emanzipatorische Wissenschaft innerhalb der politischen Praxis!

Für die Mitglieder von "Engagierte Wissenschaft" e.V., Leipzig
Der Vorstand (i.A. Elena Buck)
Leipzig, den 28.08.07
www.engagiertewissenschaft.de