Haftstrafen wegen Brandattacke auf Bundeswehrfahrzeuge

Gericht verurteilt Angehörige der linksextremistischen Militanten Gruppe - 115 politisch motivierte Anschläge in Berlin seit Januar

Von Martin Lutz

Berlin - Das Berliner Kammergericht hat erstmals wegen eines versuchten Brandanschlags auf Bundeswehrfahrzeuge drei Linksextremisten der sogenannten Militanten Gruppe zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Richter sahen es am Freitag als erwiesen an, dass die Männer im Alter von 37 bis 48 Jahren vor zwei Jahren in der Stadt Brandenburg an der Havel Brandsätze unter Lastwagen der Armee legten. Zwei Verurteilte müssen für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, der dritte für drei Jahre. Damit folgte das Gericht den Strafanträgen der Bundesanwaltschaft.

Die Strafverteidiger hatten auf Plädoyers verzichtet. Sie kritisierten, der Prozess sei von politischen Vorgaben bestimmt gewesen. "Wir werden in diesem Verfahren mit den offenkundigen Grenzen des Rechtsstaats konfrontiert", erklärten die Verteidiger. Der Vorwurf der Mitgliedschaft in der Militanten Gruppe beruhe lediglich auf Indizien und Informationen des Verfassungsschutzes. Die Bundesanwaltschaft stehe unter Druck, nach jahrelangen erfolglosen Ermittlungen gegen die Militante Gruppe Erfolge vorzuweisen. An die vor einigen Wochen erklärte Selbstauflösung der Gruppe glaubt die Bundesanwaltschaft hingegen nicht. Aus ihrer Sicht hat sich die Gruppe nur umorientiert. Weitere Anschläge seien zu erwarten, hieß es im Plädoyer der Ankläger.

Die Militante Gruppe wird von der Justiz als kriminelle Vereinigung eingestuft. Für die Strafverfolger waren sie ursprünglich sogar eine terroristische Vereinigung. Dem Bundesgerichtshof ging dies aber zu weit. Der Militanten Gruppe werden neben der Tat in der Stadt Brandenburg mindestens 25 Brandanschläge in den Jahren 2001 bis 2007 mit einem Sachschaden von rund 840 000 Euro zur Last gelegt.

"Abgefackelte Autos", wie es im Jargon der Szene heißt, sind dabei vor allem ein Berliner Phänomen. Nirgendwo sonst in der Republik ist das Parken teurer Autos so gefährlich wie in der Hauptstadt. Seit Jahresbeginn hat die Polizei 115 vermutlich politisch motivierte Brandanschläge auf Autos registriert. Dabei wurden 172 Fahrzeuge direkt beschädigt oder in Mitleidenschaft gezogen. Die Brandstifter nehmen nach Überzeugung der Fahnder Tote und Verletzte billigend in Kauf - doch dazu ist es bisher noch nicht gekommen. Die Brandattacken gehen den Ermittlern zufolge allerdings nicht alle auf das Konto von Linksextremisten. Etliche Pyromanen seien Trittbrettfahrer, sogar Touristen aus dem In- und Ausland kämen mit den entsprechenden Brandstifterutensilien im Gepäck nach Berlin, um meistens hochwertige Fahrzeuge zu attackieren.

In Berlin läuft derzeit noch ein Prozess gegen eine mutmaßliche Autobrandstifterin. Doch die Angeklagte verweigert die Aussage. Die 21-Jährige soll versucht haben, in der Nacht zum 18. Mai mit Grillanzündern einen Geländewagen in Brand zu setzen. Aus Sicht der Verteidigung ist die Beweislage gegen die mutmaßliche Linksextremistin, die in Untersuchungshaft sitzt, "äußerst dünn". Es seien keine Spuren an der Kleidung oder in der Wohnung aufgefunden worden. Die Anwältinnen sprachen von einer Vorverurteilung in den Medien. Der Erfolgsdruck seitens des Polizeipräsidenten und des Innensenators sei groß. Neben den Aussagen von Polizisten liegen nach Angaben eines Justizsprechers hingegen mehrere Indizien vor. In der Wohnung der Frau seien Fotos von brennenden Fahrzeugen, Brandbeschleuniger sowie Schriften aus der linksextremen Szene entdeckt worden.

Feuerattacken haben bisher nicht nur die Bundeswehr direkt getroffen. So wurden Fahrzeuge des Postdienstleisters DHL in Berlin, Hamburg und Karlsruhe angezündet. In einem Selbstbezichtigungsschreiben war von der "Wut über die bestehenden Verhältnisse" die Rede, die von der "Deutschen Heeres-Logistik" gestützt würden. Dem Tochterunternehmen der Post warfen die Täter vor, dass es seine Dienste der Bundeswehr angeboten hat.

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