Linke sollen in den Knast.

Am kommenden Freitag endet das »mg«-Verfahren. Bundesanwaltschaft fordert mehrjährige Haftstrafen für die drei Angeklagten

Von Frank Brunner und Sebastian Thalheim

Die Erleichterung über das nahende Prozeßende war Jochen Weingarten anzusehen. Und deshalb hatte sich der Vertreter der Bundesanwaltschaft (BAW) seine kleine Pointe bis zum Ende aufgespart. »Das wird die Leidensfähigkeit der Verfahrensbeteiligten bis an die Grenze des Unerträglichen strapazieren«, begann er am Donnerstag sein Plädoyer. Damit spielte Weingarten auf die Positionspapiere der »militanten gruppe« (mg) an, aus denen er während seines dreistündigen Schlußwortes ausführlich zitierte. Im Kriminalgericht Berlin-Moabit verhandelt der Strafsenat des Berliner Kammergerichts seit September 2008 gegen drei Linke, denen versuchte Brandstiftung sowie die Mitgliedschaft in der »militanten gruppe« vorgeworfen wird.

Oliver R., Axel H. und Florian L. sollen in der Nacht zum 31. Juli 2007 versucht haben, in Brandenburg/Havel auf einem Gelände der Firma MAN drei Bundeswehr-LKW anzuzünden. Am gestrigen 61. Verhandlungstag erklärte der Vorsitzende Richter Josef Hoch die Beweisaufnahme für beendet. In ihren Schlußworten faßten Weingarten und seine Kollegin, Staatsanwältin Greger, noch mal die Indizien zusammen. Für die versuchte Brandstiftung spräche vor allem, daß die Beschuldigten in der Nähe des Tatortes von Beamten beobachtet wurden, so Greger. Zudem sei bei abgehörten Telefongesprächen die Anmietung eines Fahrzeuges besprochen wurden, was auf eine Verabredung zum Anschlag schließen lasse. Als weiteren Hinweis präsentierten die Ankläger einen Kassenbon der Firma »Schlecker«. Der belege den Kauf von Haushaltshandschuhen und Gefrierbeuteln. Beides werde zum Bau der verwendeteten Brandsätze der Marke »Nobelkarossentod« benötigt, so Greger.

Staatsanwalt Weingarten versuchte anschließend, die »mg«-Mitgliedschaft der drei nachzuweisen. Der Gruppe werden seit 2001 insgesamt 25 Anschläge auf staatliche Einrichtungen oder Privatfirmen zugerechnet. Nach der Verhaftung der Verdächtigen am 31. Juli 2007 habe die »mg« keine Erklärung mehr verbreitet, so Weingarten. Dabei habe die Gruppe bis dahin zahlreiche Stellungnahmen veröffentlicht. Nach seiner Ansicht kann die Funkstille nach der Festnahmeaktion nur damit erklärt werden, daß die Beamten in jener Nacht tatsächlich Angehörige der linksradikalen Vereinigung aufgegriffen haben. Eine Anfang Juli 2009 in der Szenezeitschrift interim publizierte Auflösungserklärung, in der die »mg« abstreitet, daß die Berliner Kriegsgegner zur »mg« gehören, bezeichnete Weingarten als »durchsichtiges Manöver«, um die Beschuldigten von den Vorwürfen zu entlasten. Sichergestellte Fotos, auf denen frühere Anschlagsziele festgehalten waren, sowie ein »Minihandbuch für Militante« seien weitere Indizien, erklärte Weingarten.

»Jedes einzelne Beweisanzeichen mag als nicht ausreichend betrachtet werden, in der Summe belegen sie jedoch den versuchten Anschlag sowie die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung«, begründete der Staatsanwalt nach der fast fünfstündigen Verhandlung die Forderung nach mehrjährigen Haftstrafen. So sollen Oliver R. und Axel H. nach dem Willen der BAW für drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Drei Jahre Haft forderte Weingarten für Florian L. Die Strafverteidiger halten das für unangemessen. »Die Argumentation der Bundesanwaltschaft war wenig überzeugend und voller Widersprüche«, sagte Rechtsanwalt Sven Lindemann nach der Verhandlung gegenüber junge Welt. Am kommenden Mittwoch sowie am Donnerstag werden die Verteidiger ihre Plädoyes halten. Das Urteil wird Richer Hoch dann am Freitag verkünden.

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