Sprachlose Ermittler

Bundesanwaltschaft schweigt weiter zur Auflösungserklärung der »militanten gruppe«. Prozeßunterbrechung möglich

Auch eine Woche nachdem die linksradikale »militante gruppe« (mg) im Szeneblatt Radikal ihre Auflösung bekanntgegeben hat, macht die Bundesanwaltschaft (BAW) keine Angaben darüber, wie sie das Schreiben bewertet. »Wir werden unsere Erkenntnisse zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich machen«, sagte Staatsanwalt Jochen Weingarten am Mittwoch im Kriminalgericht Berlin-Moabit. Dort wird seit September 2008 gegen drei Linke verhandelt, denen ein versuchter Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge sowie die Mitgliedschaft in der »mg« vorgeworfen wird. In der am 7. Juli veröffentlichten Erklärung hatte die »mg«, der seit 2001 etwa 40 Brandanschläge auf private Firmen und öffentliche Einrichtungen zugerechnet werden, zudem die Verantwortung für drei bisher noch ungeklärte Anschläge aus dem Jahre 2009 übernommen. (siehe junge Welt vom 8.7.) Bisher war die BAW davon ausgegangen, daß die »mg« mit der Festnahme der drei Beschuldigten am 31.Juli 2007 zerschlagen wurde.

Entsprechend irritiert reagiert die Anklagebehörde auf das nun aufgetauchte Schreiben. Er werde nicht sagen, wie und von wem das Dokument derzeit untersucht wird, so Weingarten gestern. Dabei hatte bereits vorigen Freitag ein BAW-Sprecher gegenüber junge Welt bestätigt, daß unter anderem das Bundeskriminalamt (BKA) mit der Prüfung befaßt sei. Anscheinend eine behördeninterne Kommunikationspanne. »Die eine oder andere Äußerung aus unserem Hause ist sicher nicht sehr glücklich gewesen«, räumte Weingarten ein.

Am gestrigen 50. Prozeßtag forderte die BAW zudem die Ablehnung aller Beweisanträge der Verteidiger. Die hatten beantragt, die Bekennerschreiben der »mg« von einem Sprachwissenschaftler analysieren zu lassen. Damit wollen sie belegen, daß es sich bei der »mg« um keine Organisation, sondern nur um ein Markenzeichen handelt, unter dem verschiedene Gruppen agieren. Eine weitere Auseinandersetzung gibt es um die Verhandlungsfähigkeit eines der Angeklagten. Die Richter müssen in der kommenden Woche entscheiden, ob sie ihm eine medizinisch notwendige Rehabilitationsmaßnahme genehmigen. Sollte das Gericht dem Antrag zustimmen, müßte der Prozeß für etwa sechs Wochen unterbrochen werden.

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