Dresdner Bundeswehr-Anschlag bislang schwerster
Dresden. Der Brandanschlag auf Fahrzeuge der Bundeswehr in Dresden war laut Einschätzung eines Generals der bislang schwerste seiner Art auf eine Einrichtung in Deutschland. „Er war nicht vergleichbar mit früheren Anschlägen im Westen“, sagte der Kommandeur der Offizierschule des Heeres (OSH), Brigadegeneral Franz Xaver Pfrengle, am Freitag in Dresden. Das gelte auch für Anschläge auf die Armee in RAF-Zeiten. Bei der Attacke mit mehreren Brandsätzen wurden vor viereinhalb Wochen auf dem OSH-Gelände 42 Fahrzeuge beschädigt oder zerstört. Den Schaden bezifferte Pfrengle auf bis zu 3,3 Millionen Euro. „Dieser Anschlag hat uns schon sehr getroffen.“
Laut Pfrengle kommt die linksextremistische „militante gruppe“ aus Berlin für den Anschlag in Betracht. „Die Hinweise scheinen dorthin zu gehen“, sagte er. Die Täter selbst kämen wohl nicht aus Dresden, hätten aber eventuell logistische Unterstützung erhalten. Die Staatsanwaltschaft Dresden wollte offiziell keine Stellungnahme zu diesen Äußerungen abgeben. Oberstaatsanwalt Christian Avenarius bestätigte aber den Eindruck Pfrengles, dass es bei dem Anschlag in erster Linie um Sachbeschädigung ging. „In der Grundtendenz ging es nicht darum, Menschen zu schaden“, sagte er.
Der zivilen Wache des OSH-Geländes seien aber keine Vorwürfe zu machen, betonte Pfrengle. Als Konsequenzen kündigte er an, dass die Wachen und Zäune verstärkt sowie Kameras angebracht werden sollen. Dennoch werde es in der Absicherung militärischer Liegenschaften immer Lücken geben, mahnte der General. dpa
Die Sächsische Zeitung titelte am gleichen Tag: "Anschlag in Dresden schlimmer als die der RAF" (http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2156513).
Nachfolgend einige ältere Artikel zum Thema aus LVZ online
Ermittlung zum Anschlag auf Bundeswehr ausgeweitet - Noch keine Spur
Dresden. Nach dem verheerenden Brandanschlag auf Fahrzeuge der Bundeswehr in Dresden haben die Fahnder ihre Ermittlungen ausgeweitet. Gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt werde geprüft, ob Zusammenhänge zu ähnlichen Anschlägen in Sachsen-Anhalt oder Berlin bestehen, sagte der Leiter der 30-köpfigen Ermittlungsgruppe „Albertstadt“ im Landeskriminalamt (LKA), Wolfgang Jehle, am Mittwoch in Dresden. Es seien aber noch keine offensichtlichen Tatzusammenhänge erkennbar. In der Nacht zum Ostermontag waren auf dem Gelände der Offiziersschule des Heeres 42 Fahrzeuge zerstört worden. Der Sachschaden beträgt etwa drei Millionen Euro.
Tatverdächtige konnten die Ermittler noch nicht präsentieren. Ermittelt werde wegen Brandstiftung und Sabotage an Verteidigungsmitteln gegen Unbekannt, sagte Oberstaatsanwalt Christian Avenarius. Derzeit würden weiter Zeugen befragt sowie Spuren gesichert und analysiert, fügte Chefermittler Jehle hinzu. Es gebe 36 Zeugenhinweise, aus denen sich 82 verschiedene Spuren ergeben hätten, die nun zu prüfen seien.
Laut LKA verdichten sich die Hinweise auf einen Täterkreis aus der linksextremistischen Szene. „Wir gehen von zwei bis vier Tätern aus“, sagte Jehle. Diese hätten für Anschläge militanter linker Gruppen typische Brandsätze der Art „Nobelkarossentod“ verwendet. „Die bestehen aus mit Benzin gefüllten Flaschen, die durch einfache chemische oder elektrische Mechanismen gezündet werden. Davon haben wir bisher acht bis zehn unter den Trümmern gefunden.“ Jeder der Brandsätze könnte bis zu fünf Kilo gewogen haben, so Jehle.
Hingegen sind die Ermittler inzwischen weitgehend sicher, dass das Bekennerschreiben der bislang unbekannten „Initiative für ein neues blaues Wunder“ das Werk von Trittbrettfahrern ist. „Es ist sehr oberflächlich und enthält kein explizites Täterwissen“, sagte der Leiter der Abteilung Polizeilicher Staatsschutz im LKA, Peter Pählich.
Zudem sei es für den angenommenen Täterkreis untypisch, sich zu Taten zu bekennen, erst recht nicht auf dem Postweg, ergänzte Jehle. „Diese Täter minimieren eher jedes Risiko, entdeckt zu werden.“ Bekennerschreiben ziehen Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft nach sich. Diese prüfe, ob ein Verfahren gegen eine kriminelle oder terroristische Vereinigung einzuleiten ist.
Der Tathergang sei weitgehend rekonstruiert worden, sagte der Ermittlungsleiter. Die Täter hätten den Stacheldraht auf der Zaunkrone am Kasernengelände am Ostermontag in der Zeit zwischen 1.45 und 2.45 Uhr gekappt und die Brandsätze unter den Fahrzeugen - Motorräder, Kleinbusse, Lastwagen und Reisebusse - platziert.
„Dann verließen sie höchstwahrscheinlich auf dem selben Weg das Gelände und zündeten die Brandsätze.“ Der noch während der Löscharbeiten eingesetzte Fährtenhund habe aber keine verwertbaren Spuren gefunden. Es werde parallel untersucht, ob die Brandsätze bereits vorher in die Kaserne geschmuggelt und dort deponiert worden sind. cs/dpa
Hintergrund: Die Offiziersschule des Heeres
Hamburg. Die Offiziersschule des Heeres (OSH) in Dresden ist - wie der Name schon andeutet - die zentrale Ausbildungsstätte für Offiziere des Heeres. Jährlich werden dort rund 1300 Offiziere, Offiziersanwärter und zivile Angehörige der Bundeswehr in bis zu vier Monate dauernden Lehrgängen aus- und fortgebildet. Bis 1974 gab es Heeresoffiziersschulen in Hannover, Hamburg und München. Dann übernahm die zentrale OSH in Hannover deren Aufgaben. Seit 1998 ist das historische Militärgelände in der Dresdner Albertstadt der Standort. Brigadegeneral Franz Xaver Pfrengle ist seit Juni 2008 Kommandeur der dem Heeresamt unterstellten Schule. dpa
Anschläge auf die Bundeswehr in Deutschland
Hamburg. Bei einem Brandanschlag auf dem Gelände der Offizierschule des Heeres in Dresden ist ein Millionen-Schaden entstanden. In den vergangenen Jahren wurden wiederholt Attentate auf Einrichtungen der Bundeswehr in Deutschland verübt. Einige Beispiele:
16. Januar 1986: Bei einem Bombenanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Marburg (Hessen) wird erheblicher Sachschaden angerichtet. Die Täter hatten vor der Explosion das Gelände mit Schildern und rotweißem Band abgesperrt und politische Parolen hinterlassen.
1. Juli 1986: Die Gruppe „Die feurigen Ratten“ bekannt sich zu einem Brandanschlag auf ein Bürogebäude der Standortverwaltung in Göttingen (Niedersachsen). Der Sachschaden beträgt rund 36 000 Euro.
31. Juli 1986: Durch einen Brandanschlag auf Gebäude der Bundeswehr-Pionierschule München entsteht ein Sachschaden von schätzungsweise 200 000 Euro.
18. November 1992: Ein 26-Jähriger dringt nachts in das Gelände der Steuben-Kaserne bei Gießen (Hessen) ein und erschießt einen Feldwebel. Ein weiterer Soldat wird schwer verletzt. Anschließend begeht der Täter, der offenbar Waffen erbeuten wollte, Selbstmord.
28. Oktober 1994: In einer leerstehenden Kaserne in Bad Freienwalde (Brandenburg) explodiert eine Bombe. Niemand wird verletzt, der Sachschaden wird auf 100 000 Euro geschätzt. Zu der Tat bekennt sich deine linksterroristische Gruppe mit Namen „Das K.O.M.I.T.E.E.“.
14. Juni 2003: Geringer Sachschaden entsteht bei einem Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge in Schwerin. Eine „Kämpfende Brigade Wolfgang Grams“ bekennt sich zu dem Attentat. Der RAF- Terrorist Grams starb 1993 in Bad Kleinen nahe Schwerin bei einem Polizeieinsatz.
31. Juli 2007: Bei einem versuchten Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge in Brandenburg/Havel werden vier Verdächtige gefasst. Sie legten Brandsätze unter drei Lastwagen und zündeten diese an. Drei der noch vor Gericht stehenden Männer sollen laut Verfassungsschutz der linksextremen „militanten gruppe“ angehören.
Quelle: dpa
Siehe auch den folgenden Artikel mit Fotos: http://einstellung.so36.net/de/ps/1369 (Dresden: Feuer zerstört Bundeswehr-Fuhrpark)