Rotfront-Gruß im Gerichtssaal

Schrille Klänge beim Prozess gegen mögliche Mitglieder der Militanten Gruppe

Von der „Soli-Kundgebung“ auf der Straße schallen Punkrock und Kampflieder der Arbeiterbewegung herein, der Bundesanwalt dringt im Gerichtssaal mit seiner Stimme kaum durch. „Erklärtes Ziel der Vereinigung ist es, durch ständige militante Aktionen die gegenwärtigen staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen zugunsten einer kommunistischen Weltordnung zu beseitigen“, trägt Herbert Diemer mühsam aus der Anklageschrift vor. Die drei Tatverdächtigen schauen mäßig interessiert. Der bullige Oliver R. hat zuvor schon auf die Frage zu seinen Personalien deutlich gemacht, was er von dem Verfahren hält: Anstatt dem Richter die Daten zu nennen, entbietet R. den vielen Bekannten im Zuschauerraum erst mal „ein herzliches Rotfront“.

So startet gestern der Prozess gegen drei mögliche Mitglieder der linksextremen Militanten Gruppe mit schrillen Klängen. Im Saal 700 des Kriminalgerichts Moabit, in den das Kammergericht die Verhandlung aus Sicherheitsgründen verlegt hat, haben sich Zuschauer aus linken Milieus versammelt, darunter die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linkspartei) und der Theologe Heinrich Fink. Als das Publikum beginnt, murrend und lachend mitzumischen, warnt der Vorsitzende Richter Josef Hoch vor Konsequenzen, zum Beispiel einer „großzügigen Spende an die Justizkasse“.

Bundesanwalt Diemer verliest dann den Anklagesatz: Florian L. (36), Oliver R. (36) und Axel H. (47) sollen als Mitglieder der Militanten Gruppe Ende Juli 2007 versucht haben, Lastwagen der Bundeswehr in Brandenburg/Havel anzuzünden. Die Brandsätze konnten von der Polizei, die das Trio observiert hatte, rechtzeitig gelöscht werden. Gleich danach wurden die Männer festgenommen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, versuchte Brandstiftung und versuchte Zerstörung von Arbeitsmitteln vor. Weitere Anschläge und sonstige Taten der seit 2001 agierenden Militanten Gruppe werden in der Anklage erwähnt, den drei Männern aber nicht angelastet.

Axel H. antwortet mit einer politischen Erklärung. Der Sozialpädagoge beklagt den Afghanistankrieg und verkündet, „Widerstand, der das Ziel hat, die Gewalt des Krieges, die Kriegswirtschaft sowie das Militär anzugreifen“, sei legitim. Sabotage sei „ein Teil dieses Rechts auf Widerstand“. Zu den Tatvorwürfen äußert sich Axel H. nicht. Auch Florian L. und Oliver R. schweigen. Und mehrere Anwälte beantragen, den Prozess auszusetzen, da ihnen Teile der Ermittlungsakten vorenthalten worden seien. Ein Verteidiger von Florian L. fordert sogar, das Verfahren einzustellen. Doch der Strafsenat beendet den Prozesstag, ohne über die Anträge entschieden zu haben. Frank Jansen

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