Prozess um linksextreme "militante gruppe" beginnt Donnerstag

Erst Terrorgruppe, jetzt kriminelle Vereinigung

(AFP). Ein gutes Jahr nach ihrer Festnahme beginnt am Donnerstag vor dem Kammergericht Berlin der Prozess gegen drei mutmaßliche Mitglieder der linksgerichteten "militanten gruppe" (mg). Die Bundesanwaltschaft wirft den Männern die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie versuchte Brandstiftung vor. Schon im vergangenen Jahr hatte der Fall für einigen Wirbel gesorgt, weil der Ermittlungsrichter nicht nur die drei Beschuldigten unter Terrorismusverdacht in Haft nahm, sondern auch einen Berliner Uni-Dozenten. Die recht dünne Begründung des Haftbefehls gegen den Soziologen Andrej H. rief auch international Kritik hervor.

Die drei Angeklagten Florian L., Oliver R. und Axel H. waren am 31. Juli 2007 in Brandenburg an der Havel festgenommen worden, nachdem sie mehrere Brandsätze unter drei Lastwagen der Bundeswehr gezündet hatten. Polizisten konnten ein Übergreifen des Feuers auf die Fahrzeuge und damit größeren Sachschaden verhindern. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft handelt es sich bei den heute 36 bis 46 Jahre alten Männer um Angehörige der "militanten gruppe", die sie damals als terroristische Vereinigung nach Paragraph 129a des Strafgesetzbuches eingestuft hatte. Entsprechend begründeten die Karlsruher Ermittler ihren Antrag auf Haftbefehl gegen die drei sowie den Soziologen Andrej H.

Laut Bundesanwaltschaft ist es das erklärte Ziel der "mg", "durch fortgesetzte militante Aktionen eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu etablieren". Bis Mai 2007 habe sich die "militante gruppe", die erstmals im Juni 2001 unter diesem Namen in Erscheinung trat, zu 25 Brandanschlägen im Raum Berlin bekannt. Die Anschläge richteten sich gegen öffentliche Einrichtungen wie Bezirks-, Finanz-, Arbeits- und Sozialämter sowie gegen Polizei- und Justizeinrichtungen. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden.

Doch im November entschied der Bundesgerichtshof (BGH) nach einer Beschwerde der Beschuldigten, dass die "militante gruppe" nicht als terroristische Vereinigung gesehen werden könne. Zwar handele es sich bei den Brandanschlägen der Gruppe um "potenziell terroristische Delikte". Für die Einstufung als Taten einer terroristischen Vereinigung müssten diese jedoch geeignet sein, die Bundesrepublik "erheblich zu schädigen", argumentierte der BGH. Dazu reichten die Anschläge nicht aus. Die drei Verdächtigen wurden daraufhin unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Haftbefehl gegen Andrej H. war bereits im Oktober aufgehoben worden, da der BGH keinen dringenden Tatverdacht sah.

Wenn Florian L., Oliver R. und Axel H. jetzt vor Gericht stehen, geht es vor allem um die Frage, ob die drei Angeklagten zumindest wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt werden können. Zwar gehe es in dem Prozess natürlich auch um den Vorwurf der versuchten Brandstiftung, sagt der Anwalt Sven Lindemann, der Florian L. vertritt. Aber der Schwerpunkt liege auf dem Anklagepunkt kriminelle Vereinigung. "Dieser Vorwurf ist nach dem, was uns an Akten vorliegt, unzureichend belegt". Allerdings glaubt der Rechtsanwalt, dass die Bundesanwaltschaft dem Gericht mindestens 50 Din-A4-Ordner nicht zur Verfügung gestellt habe, in die die Verteidigung dadurch keine Einsicht habe. Eine Vorwurf, den ein Sprecher der Behörde zurückweist.

Müssten sich die drei Angeklagten nur wegen Brandstuftung veranworten, stünden sie wahrscheinlich vor dem Amtsgericht Brandenburg/Havel, "und das Ganze wäre ein entspannteres Verfahren", sagt Lindemann. In diesem Fall wäre es um geringe Freiheitsstrafen gegangen, die womöglich zur Bewährung ausgesetzt worden wären. So aber müssen die Angeklagten in dem Prozess mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.

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