Prozeßbeginn im mg-Verfahren angekündigt

Berlin: Antimilitaristen nach Paragraph 129 angeklagt. Kritik an übertriebenen Sicherheitsauflagen des Kammergerichts. Von Wera Richter

Am 25. September soll vor dem Berliner Kammergericht der sogenannte mg-Prozeß gegen drei Kriegsgegner beginnen. Die Bundesanwaltschaft wirft den Berlinern Oliver R., Florian L. und Axel H. versuchte Brandstiftung an Bundeswehr-LKW und die Mitgliedschaft in der »militanten gruppe« (mg) vor. Die drei Angeklagten waren am 31. Juli vergangenen Jahres festgenommen worden, nachdem sie versucht haben sollen, Bundeswehrfahrzeuge in Brand zu setzen. Ohne auch nur Indizien für die Tatbeteiligungen an Brandanschlägen der »militanten gruppe« vorzulegen, hat die Bundesanwaltschaft Anklage nach Paragraph 129 (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung) erhoben. Sollte sie sich damit durchsetzen, drohen den Antimilitaristen mehrjährige Haftstrafen.

Ursprünglich wollte die Bundesanwaltschaft den Antimilitaristen die »Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« (Paragraph 129 a) anhängen. Im Oktober 2007 mußte sie aber feststellen: Die Aktionen der »militanten gruppe« seien nicht geeignet, die gesellschaftliche Ordnung ernsthaft zu gefährden. Am 28. November wurden daher die Haftbefehle außer Vollzug gesetzt. Aus dem Schneider waren die Angeklagten damit nicht. »Festzuhalten bleibt, daß der Paragraph 129 nicht etwa die harmlose Variante des Terrorismus-Paragraphen 129a ist«, erklärte die Initiatve Libertad am Mittwoch anläßlich der bevorstehenden Prozeßeröffnung. Beide Paragraphen seien Sondergesetze mit klarer Funktion: »Bespitzelung, Ausforschung, Kriminalisierung nicht nur der Linken«. Die Initiative Liber­tad ruft ebenso wie das »Bündnis für die Einstellung der §129-Verfahren« zur Prozeßbeobachtung und Solidarität mit den Angeklagten auf.

Die Sicherheitsvorkehrungen für das anstehende Verfahren gehen weit über die Standards von Gerichtsverfahren hinaus. Der vorsitzende Richter Josef Hoch ordnete nach Informationen des Einstellungsbündnisses an, die Personalausweise sämtlicher Prozeßbesucher zu kopieren. Außerdem sollen bewaffnete Polizisten mit und ohne Uniform im Gerichtssaal anwesend sein. »Hier werden drei Antimilitaristen schon durch die Rahmenbedingungen im Gericht in die Nähe von organisierter Kriminalität gestellt«, kritisierte Arthur Schüler vom Bündnis in einer Erklärung am Donnerstag. Vom Anklagekonstrukt über die lange Untersuchungshaft von vier Monaten bis hin zum Verfahrensprozedere sei alles völlig überdimensioniert, so Schüler.

Das Einstellungsbündnis rechnet nicht mit einem fairen Prozeß. So seien den Anwälten der drei noch immer nicht alle vorhandenen Ermittlungsakten zugestellt worden. Trotz dieser Einschränkung der Verteidigung hat der vorsitzende Richter die Prozeßeröffnung beschlossen. Zum Prozeßauftakt ist eine Solidaritätskundgebung angekündigt (25. September, 8.30 Uhr, Kriminalgericht Moabit, Turmstraße 91). Allein für Oktober sind sieben weitere Prozeßtermine angekündigt.

einstellung.so36.net

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