1. Mai – Solidarität statt Krieg führen

Während die Journaille den politischen 1. Mai denunziert und die organisierten linken Strukturen für Gewalttaten aller Art schon in hetzerischem Vorauswahn verantwortlich macht, wird in aller Ruhe in Afghanistan Krieg geführt. Um 500 Soldaten/innen wird das deutsche Afghanistan-Kontingent erhöht und weitere 350 stehen als „flexible Reserve“ für besondere Situationen bereit. Die Bundeswehr rüstet auf. In den nächsten 12 Monaten bekommen die Kriegshandwerker zusätzlich 271 Millionen Euro sowie mehr als eine Milliarde für so genannte Zusatzkosten für den Krieg in Afghanistan. Diese Kosten tragen natürlich wieder die Leute, die selbst kaum etwas in der Tasche haben.

Wer bezahlt im Krieg?

Natürlich zuallererst die Menschen, die im Krieg getötet werden. Also hauptsächlich die Frauen, Kinder und Männer, die in Afghanistan leben. Die Angaben über die Zahl der bisherigen Opfer unter der afghanischen Zivilbevölkerung variieren. Alle Berichte von Augenzeugen sowie von regierungsamtlichen Beobachtern haben eines gemein: Je länger der Krieg andauert, desto mehr Menschen sterben.

Die Bundesanwaltschaft stuft den Einsatz der Bundeswehr jetzt als „nicht internationalen bewaffneten Konflikt“ ein. Ab sofort gilt das Völkerstrafrecht und deutsche Soldaten/innen dürfen diesem zufolge unbeteiligte Zivilist/inn/en töten, „wenn die Getöteten in angemessenem Verhältnis zum erwartenden militärischem Vorteil stehen“. Die Hemmschwelle für die Tötung unbeteiligter Zivilist/inn/en wird damit weiter heruntergesetzt. Diese Situation als legalisierten Staatsterrorismus zu bezeichnen ist aus unserer Sicht zutreffender. Gebetsmühlenartig wird behauptet, es gehe bei dem Krieg darum, mit Hilfe der Bundeswehr den demokratischen Aufbau eines Staates abzusichern, der dann keinen Terror mehr exportiere. Eine glatte Lüge, denn die Lebensbedingungen der Bewohner/innen Afghanistans werden gezielt vernichtet. Laut der Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI) verschlechterte sich die soziale Situation im Land dramatisch seit Beginn des Krieges: 40% der Bevölkerung sind arbeitslos. Die meisten Menschen sind chronisch unterernährt und haben keinen gesicherten Zugang zu Trinkwasser. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist drastisch gesunken, ebenso wie die Alphabetisierungsrate. Der Krieg soll die Afghanen/innen befreien, aber das Gegenteil ist der Fall. So wird der Krieg angeblich auch für die Frauenrechte geführt. Aber den Frauen in Afghanistan geht es momentan schlechter denn je, wie auch UN-Berichte belegen: Frauen werden vermehrt körperlich angegriffen und von ihren öffentlichen Positionen verdrängt.

Es liegt auf der Hand, dass es sich um einen Eroberungskrieg aus geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen handelt und nicht um einen Krieg aus humanitären Gründen.

Aber wir erleben derzeit auch einen kleinen Krieg gegen auserkorene Feinde im Inneren des Landes. Er geht mit Hetze, mit Polizeimaßnahmen, mit Überwachung und Kontrolle gegen Andersdenkende, die den Normalzustand von Krieg und Ausbeutung nicht hinnehmen wollen, einher. Besonders vor und nach dem 1. Mai in Kreuzberg wird offensiv gehasst.

Der Mai ist gekommen…

Seit langem gibt es Versuche gegen die politischen 1. Mai-Umzüge vorzugehen. Rund um den 1. Mai 2009 wurden drastische Strategien der Abschreckung entwickelt: Einzelne Aktivisten/innen wurden angeklagt, erhielten lange Untersuchungshaft-Zeiten und wurden in der Presse vorverurteilt. Die Unschuldsvermutung wurde speziell bei Angeklagten vom 1. Mai außer Kraft gesetzt und die Untersuchungshaft als präventive Strafe benutzt. Jedoch konnte eine zum Teil breite Solidarität einige Angeklagte unterstützen und deren Freilassung erwirken. Eine Spaltung zwischen den so genannten Gewalttätern/innen und dem vermeintlich gewaltfreien Rest der Gesellschaft gelingt den Verfolgungsorganen allerdings immer wieder. Einige Angeklagte und deren Umfeld distanzierten sich vehement von jeder Gewaltausübung. Ein Ziel von Herrschaft ist mit der erfolgten Spaltung erreicht. Gewalt ist aber nicht gleich Gewalt: Unsere Gesellschaft ist von Strukturen der Gewalt durchzogen: Stichworte sind Krieg, Rassismus und Sexismus.

Wen stört es schon, wenn an den Außengrenzen Europas Tausende von Flüchtlingen grausam ertrinken, verdursten oder Opfer von Gewalttaten werden. Europa lebt. Demgegenüber gelten Aktionen, die diese Politik angreifen, als Gewalt, die bekämpft werden muss. Für diese legitimen Aktionen müssen wir eintreten und mit ihnen sollten wir solidarisch sein, wenn wir noch etwas ändern wollen.

Was nun?

Wir müssen aber auch mit folgender Realität leben: Immer wieder kommt es zu Aktionen, Steinwürfen, die Unbeteiligte verletzen. Es werden ziellose militante Aktionen unternommen, für die später keine Verantwortung übernommen wird. Emanzipatorische Politik könnte und sollte anders aussehen. Deshalb müssen wir uns bemühen, den 1. Mai wieder politischer zu gestalten. Es sollte im Vorfeld mehr diskutiert werden. Organisierte Gruppen sollten Aufgaben zum 1. Mai übernehmen, damit dessen Organisierung auf vielen Schultern ruht. Auf den Demos sollten Inhalte vermittelt werden, die von den Menschen aufgenommen werden können und keine sich ewig wiederholende abgehobene Kapitalismuskritik.

Wir sollten uns auf den Demonstrationen selbstdiszipliniert verhalten: wir bilden Ketten, sind drogenfrei und vertreten bewusst unsere Inhalte und verteidigen unsere Utopien. Unsere momentane Schwäche ist die mangelnde Organisierung. Wir schreiben in jedes Flugblatt: „Organisiert euch“, schaffen es im Alltag aber kaum, uns aufeinander zu beziehen oder gemeinsame Perspektiven zu entwickeln. Deshalb ist der 1. Mai auch ein Symbol, das wichtig ist, um die politischen Unterschiede nicht in Abgrenzung wirken zu lassen. Allein dafür lohnt es sich schon, am 1. Mai auf die Straße zu gehen.

Natürlich ist den Körtings, Glietschs und Co´s das Gesaufe und Geraufe während des Myfestes lieber als der zielgerichtete Protest und die politische Gesinnung, die ihren terroristischen Lebensnerv angreifen wollen. Diese Herrschaften wollen, dass immer mehr Freiheitsrechte eingeschränkt und Grundrechte in Frage gestellt werden, und dass sie dies mit der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung begründen können.

So einfach wollen wir es ihnen nicht machen. Deshalb wird es auch dieses Jahr wieder einen Revolutionären 1. Mai geben, um ihnen in die Suppe zu spucken!

Die Hoffnung auf eine Welt ohne Krieg, ohne Herrschaftsverhältnisse lebt im 1. Mai weiter!

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