Kurzmelder: Wegen Aufkleber vor Gericht

Aufkleber sollen im April 2008 an Fallrohre und Laternenmasten angebracht worden sein mit dem Motiv, das Celestino Piatti bereits vor mehr als vierzig Jahren für die erste Auflage von Heinrich Bölls »Ende einer Dienstfahrt« entworfen hat: ein brennender Jeep. In Anlehnung an das berühmte Antikriegsplakat aus Vietnamkriegszeiten waren die Aufkleber darüber hinaus mit der Überschrift »Why not?« versehen. Ergänzt wurde das Ganze durch ein Y auf dem Kennzeichen des Jeeps.

Am 1. Dezember 2008 wurde zwei Beschuldigten im Amtsgericht Tiergarten deswegen der Prozess gemacht. Vorwurf: Belohnung und Billigung einer Straftat (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StGB) Zur Überraschung von Richterin und Staatsanwalt füllten 25 ZuschauerInnen den Gerichtssaal bis auf den letzten Platz.

Die Verteidigung verlieh ihrer Verwunderung über die Anklage Ausdruck: Sie bezogen sich dabei u.a. auf eine Antwort von Innensenator Ehrhard Körting (SPD) auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Frank Henkel in einer Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses. Eine Woche vor der Veranstaltung »Kriegsgerät interessiert uns brennend« am 23. Februar 2008, mit der mit selbigem Motiv geworben worden war, hatte der Innensenator ausgeführt, dass eine Überprüfung durch Polizei und Staatsanwaltschaft ergeben habe, dass keine strafrechtlich relevanten Vorgänge im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung vorlägen. Insofern – so die Verteidigung – hätten ihre MandantInnen davon ausgehen können, dass die von ihnen geklebten Motive keinen Straftatbestand darstellen.

Richterin und Staatsanwalt verstanden nichts mehr. Die Veranstaltung ebenso wie die Werbung dafür war ihnen völlig unbekannt. Die entsprechende Sitzung im Abgeordnetenhaus versetzte sie in Staunen. Das Gericht vertagte sich. Zunächst soll der genaue Wortlaut von Körtings Erklärungen in Erfahrung gebracht werden.

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