Bericht vom 47. Prozesstag (24.06.2009)

Der heutige Prozesstag begann um 10 Uhr. RA Lindemann war nicht anwesend. Am Anfang fragte RA Herzog, ob es den BesucherInnen wieder erlaubt werden kann, Kugelschreiber mitzunehmen. Richter Hoch lehnte dies aus Sicherheitsgründen ab, sagte aber man könne gerne 2 oder 3 Bleistifte mitbringen.

DNA-Sachverständiger
Es wurde der Zeuge Dr. Carsten Hohoff, 39, von der Universität Münster als DNA-Sachverständiger aufgerufen. Er wurde zu Untersuchungen auf DNA-Spuren am Mini-Hanbuch und weiteren Papieren befragt. Er habe diese mit DNA-Material von 8 Beschuldigten verglichen. Richter Hoch fragte, ob dies nun ein Behördengutachten sei oder das eines privaten Instituts. Der Zeuge gab an, dass das Institut in Münster ein privates sei. Es hat aber eine Akkreditierung bei der Deutschen Akkreditierungsstelle Chemie und arbeitet nach deren Richtlinien. Richlinien können hier eingesehen werden: http://www.dach-gmbh.de/DACHDok/VA/0900-056_00.pdf

Der Zeuge berichtete im Einzelnen von seinen Untersuchungen und erläuterte dabei auch die Arbeitsweise einer DNA-Spurensuche. Zuerst untersuchte er das Mini-Handbuch und dessen Ninhydrinspuren. Damit werden Vortests auf Aminosäuren gemacht da diese im Schweiß vorkommern. Mittels eines mit destilliertem Wasser angefeuchteten Wattestäbchens wird ein Abrieb vom Objekt gemacht, das untersucht werden soll. Dann werden davon störende Partikel wie z.B. Dreck und Staub abgetrennt damit der menschliche Zellkern und damit die DNA gefunden werden kann. Falls vollständige DNA-Spuren gefunden werden, werden diese in einen DNA-Meldebogen eingetragen und an das BKA zum Abgleich mit der Datenbank geschickt.

Ergebnisse Mini-Handbuch
Für das Mini-Handbuch konnte kein Nachweis menschlicher Zellkern-DNA erbracht werden, so der Sachverständige.

Ergebnisse anderen Papiere
Dem Zeugen wurden weitere Papiere zur Untersuchung vom BKA übergeben. Dies waren Briefumschläge und Selbstbezichtungsschreiben (SBS) die unter anderem bei Medien eingegangen waren. So z.B. das SBS zum Anschlag auf das Berliner Sozialgericht 2001 und ein SBS zum Anschlag auf das Berliner Sozialgericht 2006. Siehe dazu Veröffentlichungen der mg Die Ergebnisse dieser Untersuchung waren so gering, das sie nur für direkte Vergleiche reichen würden. Es wurden darauf schwache DNA-Mischspuren gefunden. Es wurde kein DNA-Meldebogen dazu ausgefüllt.

Weitere Untersuchungen zu Briefumschlägen an die Berliner Morgenpost und an die BZ, sowie am Glückwunschtelegramm (05.05.2006) ergaben ebenfalls keine nachweisbare DNA-Merkmale. Auch hierzu wurde kein Meldebogen ausgefüllt.

Vergleichsproben von 8 Beschuldigten
Weiter hatte der Zeuge ein Ergänzungsgutachten zu den drei vorher gemachten Gutachten erstellt mit DNA-Vergleichsproben von 8 Beschuldigten. 5 DNA-Proben haben keine Übereinstimmung mit den Personen ergeben. Bei einer Person gab es ein komplettes DNA-Profil. Sofern diese Person, keinen eineiigen Zwilling besitze, bestehe kein Zweifel an dieser Spur, meinte der Zeuge.
Bei einer weiteren Probe gab es einzelne DNA-Ausfälle, so dass diese Person als Spurenverursacher nicht ausgeschlossen werden könne.
Bei zwei weiteren Spuren sei die Übereinstimmung mit Personen nicht eindeutig ausgeschlossen. Auf Nachfrage des Richters erklärte der Gutachter an das diese Art Formulierungen in seinem Gutachten auf eine sehr große Bevölkerungsmenge als mögliche Verursacher hinweisen.
Richter Hoch fragte nach, ob bei dem Papier, das in der Wohnung eines Beschuldigten gefunden worden war, Spuren eines anderen Beschuldigten gefunden wurden. Dazu sagte der Sachverständige, nein diese Person könne als Spurenverursacher ausgeschlossen werden.

Wahrscheinlichkeit
Weitere Nachfragen von Richter Hoch, ob der Zeuge zu den gefundenen Spuren nicht eine Wahrscheinlichkeitsangabe machen könne, lehnte der Zeuge ab. Dies sei nicht seine Profession nur die Zahlenwerte zu sehen. Er könne keine Angaben zu Wahrscheinlichkeit machen, dies sei eine andere Art von Untersuchung und Herangehensweise. Sein Institut arbeitet mit dem Frequenzansatz. Das heißt man untersucht wie häufig kommen die DNA-Hinweise in der Bevölkerung vor. Dann macht man eine Schnittmenge, die weiter untersucht werden müsse. Falls eine Wahrscheinlichkeitsanalyse gewünscht würde, müsse man einen anderen Gutachter konsultieren.

Fragen der Verteidigung
Nach einer 30 minütigen Pause befragte RA Franke den Sachverständigen zum Prozedere der Untersuchung. Der Zeuge gab an, dass die Objekte vom BKA gebracht würden. Sie sind dann in mindestens einer durchsichtigen Schutzhülle und ettiketiert. Das Institut fertigt ein Protokoll des Asservats an und hält fest u.a. wie es verpackt ist. Dies entspreche den Kriterien zur Untersuchung von der Deutschen Akkreditierungsstelle. Richtlinien: http://www.dach-gmbh.de/DACHDok/VA/0900-056_00.pdf
Ob das BKA dort auch für Untersuchungen akkreditiert sei, konnte der Sachverständige nicht angeben. Er konnte auch nicht sagen, ob es bei Asservaten zu externen Kontaminationen vor der Untersuchung in seinem Institut kommen könnte. Den Weg vorher müssen andere verantworten, meinte der Zeuge. Der Zeuge bejahte die Frage von RA Franke, dass eine Hautspur flüchtiger ist, als andere Spuren. Weiter ergänzte der Zeuge, das bei Standardspuren keine zeitliche Eingrenzung bezüglich des Alters der Spuren möglich sei. RA Franke fragte, ob denn die gefundenen Spuren z.B. auch schon 3 Jahre alt sein könnten. Auch dies bejahte der Zeuge. Deshalb können man ja Altfälle aufklären, die schon 30 Jahre oder mehr zurückliegen.
RA Fanke fragte weiter, ob eine Fremdkontamination von Hautspuren eines Asservats ausgeschlossen werden könne. Dies sei sehr unwahrscheinlich meinte der Zeuge. Denn bei Papier sei die Oberfläche mikroskopisch betrachtet eher rau.

Plastikflaschen
RA Franke wollte dann vom Sachverständigen wissen, wie Objekte mit glatter Oberfläche z.B. Plastikflaschen untersucht werden und ob dabei kenntlich gemacht wird, wo Spuren an der Flasche gefunden werden. Der Zeuge sagte aus, dass bei einer Flasche zwei Spurenkomplexe untersucht werden. Zum Einen die Trinkfläche und der Deckel und zum Anderen der Abrieb der gesamten Oberfläche. Es wird auch kenntlich gemacht, wo die Spuren an der Flasche gefunden wurden. Der Zeuge meinte, dies gehöre auch zum Standard.
RA Weyers fragte den Zeugen wie sich DNA-Material beim Lesen eines Buches anhaftet. Der Zeuge sagte, dass dies vom Leseverhalten abhängt. Es könne auf jeder Seite DNA sein, aber es muss nicht so sein. Wenn mit dem angefeuchteten Finger die Seiten umblättert werden oder beim Lesen gesprochen wird und Speicheltropfen auf die Seiten gelangen, gäbe es sicher DNA auf den Seiten.
Der Sachverständige wurde um 12.30 Uhr entlassen.

Ergänzungen zum 46. Prozesstag
Nun ergänzte Fr. Greger von der BAW Fragen vom 46. Prozesstag unklar zum Thema retrograde Verbindungsdaten. Sie habe sich mit EHKHin Alles (LKA) besprochen. Es seien bei mehreren Verfahren, aber nicht bei allen, Funkzellendaten ausgewertet worden. In keinem Fall gab es einen Treffer mit den Daten der Angeklagten. Für einen Beschuldigten gab es zwei Vermerke einen am 16.03.2007 und einen am 23.07.2007. Alle Daten befänden sich aber auch in den Sachakten. Bezüglich der Telefonnummer eines Beschuldigten im Terminplaner eines anderen Beschuldigten, sagte Fr. Greger, dass dies die Handynummer eines Telefons gewesen sei, das dessen Mutter angemeldet hatte. Die Dienstpläne, eines Beschuldigten von denen ebenfalls am letzten Verhandlungstag die Rede war, wurden nicht erhoben.

Handydaten
RA Franke fragte nach, ob bei Handydaten eine umgekehrte Prüfung gemacht worden wäre. Dass heißt eine Prüfung, wo sich die Handys zu den Anschlagszeiten befunden haben. Diese könnten ja auch in Mexiko gewesen sein. Darauf sagte Fr. Greger, dass es für 2001 fort folgende keine gespeicherten Daten mehr gebe und wenn ein Handy ausgeschaltet sei, gebe es auch keine Daten. Wenn es gespeicherte Daten gäbe, stehen diese in den Sachakten unter der jeweiligen Telefonnummer.

Erklärung zu DNA-Gutachten
RA Franke gab dann eine Erklärung zum heute gehörten Sachverständigen ab. Vielmehr nicht zu ihm, sondern zum BKA-Gutachten. Dabei wurden Plastikflaschen untersucht und dieses Gutachten wurde am 29.10.08 verlesen. Diesem Gutachten sei nicht zu entnehmen so RA Franke, ob sich das BKA Standards unterwirft, oder ob es eine Zertifizierung besitzt. Ihm reiche ein bloßes Verlesen des Gutachtens nicht.

Es folgte die Mittagspause bis 13.50 Uhr. Danach gab am Einlass einen Eklat. Einer Prozessbesucherin wurde der Zugang zum Gerichtssaal vom Justizvollzugsbeamten Kübler durch Einsatz körperlicher Gewalt verwehrt. Die Besucherin hatte gefragt, ob sie 2 Bleistifte mit in den Saal nehme könne. Richter Hoch hatte zu Beginn der Sitzung 2 bis 3 Bleistifte genehmigt. Erst auf den Protest anderer ProzessbesucherInnen im Gerichtssaal wurde die Besucherin eingelassen.
Es wurden dann noch die Behördenauskünfte an das LKA von Handydaten eines Beschuldigten verlesen.

Präsident des BKA
Richter Hoch gab im Anschluss noch bekannt, dass man von Amtswegen keinen Anlass mehr sieht den Präsidenten des BKA, Jörg Ziercke, zu hören.
Damit endete Verhandlung um 14.15 Uhr. Nächste Verhandlung Donnerstag, 25.06.2009 um 9 Uhr.

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