Bericht vom 34. Prozesstag (26.03.2009)
Am 34. Prozesstag wurde die Vernehmung von KHK Oliver Damm, BKA Wiesbaden, vom 25. und 28. Prozesstag fortgesetzt. Der Zeuge war Ermittlungsführer im sogenannten mg1-Verfahren. Auch dieses Mal brachte er einen Aktenordner mit, den er regelmäßig zu Rate zu ziehen schien.
Militanzdebatte
Anfangs fragte RA Franke den Zeugen, ob dieser die Beiträge für zur "Militanzdebatte" selbst gelesen habe, was der Fall war. Auf Nachfragen beschrieb Damm einige Rückschlüsse, die die Texte auf ihre Verfasser zulassen würden. Neben seiner Vermutung, dass es personelle Ab- und Zugänge bei der mg gegeben habe, würden die Wörter "wir" oder "einige von uns" belegen, dass die mg mindestens drei Mitglieder gehabt habe. Der Zeuge musste aber zugeben, dass er nicht genau sagen könne, ob es immer drei Mitglieder waren. Weiter geht er davon aus, dass die mg sich personell mit anderen Gruppen (z.B. Militante Antiimperialistische Gruppe - Aktionszelle Pierre Overney) zum Teil überschneide, oder gar identisch sei.
Autorenfrage
RA Franke fragte den Zeugen, ob er Erkenntnisse hat, wer die Verfasser der Texte der Militanzdebatte seien. Darauf antwortet KHK Damm er wisse nicht, wer für die Texte verantwortlich sei. Auf Nachfrage, ob das BKA selbst Texte zur Militanzdebatte verfasst habe, sagte KHK Damm, er könne dazu nichts sagen. Dies sei nicht Teil der Ermittlungsakten. Wenn es für die Ermittlungen keine Relevanz hatte, wäre dies nur ein Randbestandteil der Akte.
BKA-Zeuge lügt vor Gericht
Verteidiger Franke hielt dem Zeugen Damm einen Aktenvermerk aus seinem eigenen Sachstandsbericht vom 07.06.2006 vor. Bezüglich des Textes „Quo vadis mg? von Die zwei aus der Muppetshow“ (Interim 611 vom 10.02.2005, siehe Anlage (pdf)) fand sich folgender Hinweis:
„Nur für die Handakte: Der Text wurde vom BKA verfasst und an die Interim versandt, um eine Reaktion bei der „militante gruppe (mg)“ zu provozieren und gleichzeitig auf die Homepage des BKA (Homepageüberwachung) hinzuweisen.“
Dieser Vermerk befand sich aber nur in den am 19.02.2009 nachgelieferten Akten an die Verteidigung und nicht in den Akten die den Richtern vorlagen.
BKA beteiligt sich mit zwei Texten an Militanzdebatte
KHK Damm erklärte, nur durch ein Versehen sei diese „falsche Version“ in die Akten gelangt. RA Franke sagte dem Zeugen, dass er gerade gelogen habe, da er die Verfasser des Textes kennt. KHK Damm antwortete darauf, sich nicht daran zu erinnern. Als RA Franke ausführt, dass es für die Schuld- und Rechtsfrage notwendig sei, welche Version der Akten vorliege, antwortete der Zeuge, das könne man so nicht sagen. Aus der Tatsache das zwei Texte vom BKA verfasst wurden haben sich für das BKA keine weiteren Ermittlungsergebnisse ergeben. Damit gab der Zeuge zu, dass mindestens zwei Texte vom BKA verfasst wurden. Infolgedessen hatte RA Franke keine Fragen mehr an den Zeugen, da er sich nicht von ihm „vorführen“ lassen wollte. Stattdessen beantragte er die Beschlagnahmung der Handakte, die KHK Damm bei sich führte.
Hierauf ordnete der Vorsitzende Richter Hoch eine Pause von 10 Minuten an.
Kopie für den Vorsitzenden
Nachdem die Akteure dieses Prozesses erneut zusammengetreten waren, erklärte die Bundesanwaltschaft, dass Akten von Behörden ja nicht einfach so beschlagnahmt werden können. Zuerst müsse ein konkreter Beweisantrag gestellt, die Behörde um Aushändigung gebeten werden und die Verteidigung sich überhaupt erstmal im Klaren sein, welche Akten sie denn haben möchte. Die Verteidigung entgegnete das dies schwer möglich sei, wenn ihr die Existenz von Akten verschwiegen werde und ihr natürlich alle Akten am liebsten seien. Außerdem könne die Verteidigung ohne die Akten gesichtet zu haben gar nicht einschätzen, ob sie die Meinung des BKAs, dass Teile der Akten nicht verfahrensrelevant seien, teile.
Der Vorsitzende Richter Hoch bemerkte, dass er das umstrittene Papier nicht in seiner Akte habe. Weiter erklärte er, dass er es als relevant ansehe, wenn Texte ausgewertet würden, die vom BKA stammen. Nun merkte auch die Staatsanwältin Greger an, dass die BAW sich auch um Aufklärung bemühen würde.
Verschleierung durch BKA
Bevor Richter Hoch entschied, dass sich der Senat für eine Stunde zur Beratung zurückziehen wird, fragte er den Zeugen, ob dieser seine Akte freiwillig heraus gibt. KHK Damm antwortete, er möchte gerne die Stunde Pause dazu nutzen, darüber nachzudenken.
RA Franke bezeichnete es als Frechheit, dass ein Beamter des BKA hier sitze und lüge. Das BKA entscheide nach eigenem Ermessen welche Version der Akte dem Gericht vorgelegt werde. Das BKA stelle nur Hilfsbeamte für die Staatsanwaltschaft und dürfe nichts verschleiern. Genau dies sei hier aber geschehen.
RA Hoffmann beantragte die Aussage des Zeugen Damm wörtlich zu protokollieren. RA Lindemann ergänzte, es bestehe der Verdacht auf eine Straftat in der Sitzung durch den Zeugen Damm.
Dann folgte die Pause von einer Stunde.
Ablehnung der Anträge durch Richter Hoch
Nach der Pause verkündete der Vorsitzende Richter Hoch die Ablehnung beider Anträge der Verteidigung. Der Antrag auf Protokollierung wurde abgelehnt, da der Zeuge seine Aussage gleich selbst korrigiert habe und er somit von einem Meineid strafbefreiend zurückgetreten sei.
Der Antrag die Handakte des Zeugen zu beschlagnahmen wurde abgelehnt, da es sich nicht um die private Akte des Zeugen, sondern um eine Akte des BKA handele. An dieser Stelle wurde der Zeuge erneut vom Richter gefragt, ob er seine Akte freiwillig herausgibt. KHK Damm antwortete, er brauche die Akte für weitere Termine.
Hier unterbrach der Vorsitzende Richter Hoch die heutige Sitzung, da das Gericht beraten müsse, wie „wir damit umgehen werden“. Der Zeuge Damm ist zum 29. April um 9 Uhr erneut geladen.
Der nächste Verhandlungstag ist Freitag, 27.03.09, um 13 Uhr.
Anlage: BKA-Text aus der Interim 611 vom 10.02.2005, Seite 11