Bericht vom 31. Prozesstag (18.03.2009)

Vernehmung von KHK Weisel
Der 31. Prozesstag begann mit der Vernehmung von KHK Harald Weisel, 49 Jahre, BKA Wiesbaden. Er sollte nicht nur als Zeuge, sondern auch als Sachverständiger aussagen. Zu seinen Aufgaben beim BKA gehört die Auswertung von Spuren. Konkret ging es hier um 172 Spuren in Form von Fingerabdrücken, die unter anderem bei Hausdurchsuchungen der Angeklagten gefunden wurden. Durch eine Vorauswertung wurden 59 Spuren als unbrauchbar aussortiert. Die verbliebenen 113 geeigneten Spuren wurden mit den Fingerabdrücken der Angeklagten und anderen so genannten "Hinweispersonen" verglichen. Davon konnten 79 Spuren den Hinweispersonen zugeordnet werden, 17 Spuren stimmten teilweise mit den Abdrücken der Hinweispersonen überein. Weitere 17 Spuren ließen sich nicht zuordnen. Im Folgenden las Weisel 20 Minuten die Aktenzeichen der Spuren vor, die seiner Beurteilung nach den Fingerabdrücken der Anklagten zugeordnet wurden.
Dann erläuterte er die Vorgehensweise bei der Zuordnung von Spuren, die so genannte Daktyloskopie. Dieses basiert auf den biologischen Unebenheiten der Papillarleisten auf den Handinnenflächen. In diesem Verfahren werden z. B. das Ende einer Linie oder eine Gabelung betrachtet. Dabei sollten wenigstens 12 Merkmale eines Fingerabdrucks mit denen einer Spur eindeutig übereinstimmen. Die Bewertung der Übereinstimmung lässt einen Ermessensspielraum offen, da durch Handhaltung, Druck auf die Gegenstände, an denen Spuren sichergestellt werden oder durch Übereinanderliegen der Finger die Abdrücke nicht leicht zu identifizieren sind. Daher werden bei der daktyloskopischen Auswertung die Identifizierungen von zwei Leuten ausgeführt. Die Auswertungen finden unabhängig von einander statt und werden nacheinander durchgeführt. Daher ist es möglich, dass sich der zweite Sachverständige die Ergebnisse des ersten anschaut. Weisel beteuerte jedoch, dies in der Regel nicht zu tun. Die einzelnen Ergebnisse können kopiert und aufbewahrt werden, müssen sie aber nicht. So liegen im diesen Fall nur die Ergebnisse des Zeugen vor, nicht aber die seiner Kollegin. Über das Alter der Spuren konnten keine Angaben gemacht werden. Dies ist nur in Ausnahmefällen möglich, beispielsweise bei einer Tageszeitung oder anderen datierten Dokumenten.

Erklärung der Verteidigung zur Spurenauswertung
RA Lindemann erklärte nach der Entlassung des Zeugen Weisel, dass die gefundenen Spuren eines Angeklagten im Wesentlichen auf einer Broschüre von Rosa Luxemburg mit dem Titel „Sozialreform oder Revolution“ sichergestellt wurden. Die BAW stütze sich in ihrer Anklage darauf, dass in dem "Minihandbuch für Militante" aus diesem viel gelesenen Klassiker zitiert werde. Allerdings berücksichtige die BAW nicht, dass im "Minihandbuch für Militante" aus dem Kapitel "Militär und Militanz" des Luxemburgwerkes zitiert werde, die Fingerabdrücke des Angeklagten jedoch nicht in diesem Kapitel gefunden wurden, sondern im Wesentlichen im Kapitel "Geld und Kapital".
Nach der Erklärung gab es eine Pause von einer Stunde bis um 11 Uhr.

Vernehmung von KFZ-Mechaniker Blau
Der zweite Zeuge des Tages war Uwe Blau, 46 Jahre, KFZ-Mechaniker der Daimler-Benz-Nutzfahrzeuge GmbH in Strausberg. Er wurde zu Digitalfotos befragt, die auf dem Computer eines Angeklagten sichergestellt wurden. Das Autohaus hat zwei Niederlassungen. In der Zweigstelle Eggersdorf werden PKWs betreut. In der anderen Niederlassung werden regelmäßig Nutzfahrzeuge der Bundeswehr und der Bundespolizei gewartet. Bis auf ein Graffiti an einem Bundespolizeifahrzeug habe es noch keine Anschläge auf dem Gelände gegeben, so Blau. Das Gelände sei nicht abgeschlossen und eine Alarmanlage gebe es nicht. Der Zeuge konnte die Fotos nicht eindeutig zuordnen. Auf den später durch die Polizei erstellten Bildern erkannte er jedoch seinen Arbeitsplatz.

Nachfrage der Verteidigung
Nach der Entlassung des Zeugen fragte RA Franke, ob der Senat auch den Beamten vernehmen werde, der die Digitalfotos sichergestellt haben soll. Es erscheine nämlich fraglich, wie die auf dem Computer befindlichen Fotos dort hinkamen. Der vorsitzende Richter Hoch entgegnete, dass bei der verwendeten Kodak-Kamera beim Übertragen von Fotos auf den Computer eine Seriennummer mit übertragen wird, die auf die entsprechende Kodak-Kamera hinweisen würde.
Im Anschluss wurden weitere Prozesstermine bekannt gegeben. Der heutige Prozesstag endete um 11.30 Uhr.

Nächster Verhandlungstag ist Donnerstag, 19.03.2009 um 9 Uhr.

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