Bericht vom zehnten Prozesstag (06.11.08)

Der zehnte Prozesstag begann pünktlich um 11 Uhr ohne die erste Zeugin KHKin Dieckmann vom LKA Berlin, da diese anscheinend seit Juni krank ist. Ein Attest liegt dem Gericht bis heute nicht vor, auch wusste das Gericht bis jetzt nichts von ihrer Krankheit.

Zunächst wurden einige Anschlagserklärungen in Augenschein genommen, um deren Layouts zu vergleichen. Es ging dabei um die gestrige Erklärung von RA Hoffmann, in welcher er aussagte, dass die Erklärungen von verschiedenen Zusammenhängen verfasst worden sein könnten (siehe Bericht vom 9. Prozesstag).

Auf Nachfrage des Verteidigers Hoffmann wies der Richter die anwesenden Polizeibeamten einer Einsatzhundertschaft an, die mitgeführte Videokamera aus dem Saal zu bringen, da das mitführen von Aufzeichnungsgeräten gesetzlich verboten ist. Der zuständige Beamte verweigerte dies jedoch zunächst, da seiner Aussage nach, die Videokamera nur der Beweisaufnahme und -sicherung diene, im Falle von Ausschreitungen und Störungen. Hier wurde das Demokratieverständnis der Berliner Polizeibeamten deutlich, da dieser Beamte erst nach erneutem Hinweis des Vorsitzenden Richters Hoch, dass dies aber gesetzlich verboten sei und er die Kamera draußen zu lassen habe, dies zögerlich tat.

Der Vorsitzende Richter Hoch ordnete nun eine Pause an, da der nächste Zeuge erst zu 13 Uhr geladen war.

Der verfremdete Zeuge KOK Christoph Adler, 28 Jahre, vom BKA machte Aussagen zu der Observation, an der er teilgenommen hatte. Zu dieser hatte er auch Observationsberichte geschrieben. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, was er persönlich gesehen habe, gab er den Observationsbericht wieder. Auf spätere Nachfrage der Verteidigung stellte sich heraus, dass er nur teilweise persönlich gesehen hatte, was er wiedergegeben hatte. Er erzählte, dass er am 09.05.07 den Auftrag hatte Florian L., zu observieren. Dieser verließ sein Wohnhaus und traf sich mit dem Angeklagten Oliver R. auf der Straße. Zusammen gingen beide ein Stück spazieren bis zu einem Bolzplatz. Im Anschluss ging Florian L. zu seiner Arbeitsstätte und danach wieder nach Hause. Schließlich traf er sich mit Oliver R. noch einmal und ging danach wieder nach Hause. Die Observation wurde um 23:15 Uhr beendet. Während der Observation wurde Florian L. von ihm aus einer Entfernung von ca. 5m identifiziert, von Oliver R. wurde ein Foto gemacht, um ihn später identifizieren zu können.

Zu der Observation gab der Zeuge Adler an, sie hätten sich bei den Gesprächen mehrfach umgedreht und auf dem Bolzplatz sozusagen aneinander vorbeigeschaut, um andere Personen und vorbeifahrende Autos im Blickfeld zu haben. Insbesondere geachtet habe er auf Häuser, Adressen, Bekleidung und Verhaltensweisen. Unklar blieb, mit wie vielen Kollegen er unterwegs war, diese Angabe sei von seiner Aussagegenehmigung nicht gedeckt.

Während er den Observationsbericht sehr detailliert wiedergeben konnte, konnte er sich an das ihm vorgelegte Foto von Florian gar nicht mehr erinnern, weder ob es ein Schwarz-Weiß-Foto war, noch ein Ganzkörperfoto. Trotzdem könne er sich an diesen Obervationstag so gut erinnern, da es ein sehr lustiger Tag gewesen sei. So habe Florian genau dann das Haus verlassen, als das Essen kam. Insgesamt sei die Essensbeschaffung an diesem Tag sehr schwierig gewesen.

Besonders interessiert hat die Verteidigung die Entstehung seines ergänzenden Berichts. Dieser wurde auf Nachfrage vom BKA, vermutlich Frau KHK Alles, erst ein Jahr später von ihm verfasst, aus der reinen Erinnerung heraus, ohne Unterlagen, obwohl nach seinen eigenen Angaben ein dienststelleninterner Bericht von ihm existiert, den er aber nicht herangezogen hat. Die Bundesanwaltschaft (BAW), hatte wohl eine präzisere Ausführung erbeten. Er selbst war darüber verwundert, dass er ein Jahr später darum gebeten wurde, konnte jedoch dank seiner guten Erinnerung da behilflich sein.

Insbesondere der Vorwurf der Konspirativität kommt erst durch diesen Bericht zustande, da in dem vorangegangenen Bericht keine Rede von mehrmaligem Umdrehen etc. die Rede war.

Bei der Frage nach der Anzahl der angelegten Aktenzeichen in seiner Dienststelle, intervenierte zuerst der Senat und anschließend die BAW, ob das noch was mit dem Verfahren zu tun habe. Zur Klärung dieser Frage wurde der Zeuge hinausgebeten. Bei der anschließenden Erläuterung des RA Lindemann regte sich der Staatsanwalt Weingarten auf. Er beanstandete, dass die Verteidiger und insbesondere Herr Lindemann ständig davon ausgingen, dass das BKA und andere Behörden gegen Gesetze verstießen. Dies sei eine unzulässige Unterstellung. Darauf entgegnete Hoffmann, dass schon ein Gespräch zwischen ihm und einem Mandanten abgehört wurde, welches später in den Akten auftauchte. RA Lindemann ergänzte dass der oberste Gerichtshof auch schon mehrere Urteile gefällt habe, in welchen einige eingesetzte Ermittlungsmethoden als gesetzeswidrig und unverhältnismäßig eingestuft wurden.

Nachdem der Zeuge wieder eingetreten war wurde er weiter befragt, wobei ein RA die Abkürzung "BAW" benutzte. Die Bundesanwaltschaft reagierte empört, da die Abkürzung ein Kampfbegriff der politischen Linken sei, und der Zeuge unter Umständen nicht wisse, was gemeint sei. Da dies doch der Fall war, konnte die Verhandlung nach kurzem Applaus aus dem Publikum und einer Strafandrohung an dieses fortgeführt werden.

Zum Ende gaben noch zwei RA eine Erklärung zu der Verwendbarkeit der Aussagen des Zeugen Adler ab, in welchen thematisiert wurde, dass die Umstände in denen der ergänzende Bericht verfasst wurde und die selektive Erinnerung des Zeugen zu denken gäben. Auch, dass er trotz Aufforderung wiedergab, was nicht seine persönliche Beobachtung sondern lediglich die seiner Kollegen war, sei bedenklich.

Nächster Prozesstermin: Mittwoch, 12.11.08 9:00 Uhr Mit den Zeugen KOK Weiß, LKA Berlin und KKzA Trzcinski, BKA.

Nächster Prozesstermin am Mittwoch, 12.11.08 9:00 Uhr. Vernehmung der Zeugen KOK Weiß, LKA Berlin und KKzA Trzcinski, BKA.

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