Angeklagte sollen der linksextremen "militanten gruppe" angehört haben / Revision angekündigt
Nach
acht Jahren Ermittlungsarbeit hat die Bundesanwaltschaft einen ersten
Teilerfolg gegen die linksextremistische Vereinigung "militante gruppe"
(mg) erzielt. Der Staatsschutzsenat des Berliner Landgerichts sprach am
Freitag drei angebliche mg-Angehörige wegen eines versuchten
Brandanschlages und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung
schuldig. Die Männer im Alter zwischen 37 und 48 Jahren erhielten
Haftstrafen zwischen drei und dreieinhalb Jahren. Ihre Verteidiger
kündigten nach dem Urteil umgehend Revision an.
Die drei aus
Berlin stammenden Angeklagten hatten nach Überzeugung des Gerichts am
31. Juli 2007 in Brandenburg/Havel versucht, auf dem Gelände eines
Reparaturbetriebes drei Lkw der Bundeswehr in Brand zu setzen. Die
Brandsätze wurden von Polizeibeamten, die die Männer observierten,
rechtzeitig entfernt, so dass das Feuer nicht auf die Lkw übergreifen
konnte.
Vage Indizien
Während eine Verurteilung
wegen des misslungenen Brandanschlages absehbar war, blieb bis zur
gestrigen Urteilsverkündung die Frage offen, ob das Gericht auch eine
Zugehörigkeit der Angeklagten zur mg feststellen würde. Fraglich war
dies vor allem deshalb, weil die von der Bundesanwaltschaft im Prozess
vorgelegten Indizien für eine mg-Mitgliedschaft der drei Männer äußerst
vage waren: So präsentierten die Ankläger Dokumente, die bei
Wohnungsdurchsuchungen gefunden wurden und auffällige Ähnlichkeiten mit
Veröffentlichungen und angekündigten Publikationen der mg aufwiesen.
Als belastend wertete die Bundesanwaltschaft auch einige
Kalendereinträge. So hatte einer der Angeklagten an vier Tagen in den
Jahren 2005 und 2006 das Wort "Auto" in seinen Kalender eingetragen,
und zwar stets am Vorabend von Brandanschlägen auf Kraftfahrzeuge, zu
denen sich später die mg bekannt hatte.
Für das Gericht waren
diese Indizien aber überzeugend genug, um eine Zugehörigkeit der drei
Angeklagten zur mg festzustellen. Seit 2001 habe die Vereinigung mit
gemeingefährlichen Brandanschlägen einen als sozialrevolutionär und
antiimperialistisch apostrophierten Kampf geführt mit dem Ziel, die
gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der
Bundesrepublik zu verändern und eine kommunistische Weltherrschaft zu
errichten, erklärte der Vorsitzende Richter Josef Hoch in seiner
Urteilsbegründung. Die drei Angeklagten seien 2005 und 2006 zur mg
gestoßen, hätten zu diesem Zeitpunkt aber bereits von den Anschlägen
der Gruppe gewusst.
Auffällig undeutlich blieb der Richter
allerdings in der Beschreibung der militanten gruppe. So ging er nicht
darauf ein, wie die mg strukturiert ist, wie viele Personen ihr
angehören und wie sie agiert. Aus gutem Grund: Polizisten und
Geheimdienstlern, die seit 2001 der mg nachspüren, ist es bis heute
nicht gelungen, sich ein Bild von der Gruppe zu machen. Längst gibt es
in Ermittlerkreisen bereits Zweifel daran, ob die mg als Organisation
überhaupt existiert. Denn abgesehen von den jetzt verurteilten
verhinderten Brandstiftern musste die Bundesanwaltschaft inzwischen die
Ermittlungen gegen die übrigen 13 vermuteten mg-Mitglieder ergebnislos
einstellen. Lediglich ein Verfahren läuft noch, gegen den Berliner
Soziologen Andrej Holm.
Die fehlenden Ermittlungsergebnisse
zur Struktur und Vorgehensweise der mg könnten sich bei der Revision
vor dem Bundesgerichtshof zugunsten der Angeklagten auswirken. Denn
eine Gruppe, die als kriminelle Vereinigung eingestuft wird, muss laut
Strafprozessordnung mindestens drei Mitglieder haben. Im Prozess wurde
aber nicht klar, ob diese mindestens dreiköpfige mg bereits bestanden
hat, als sich ihr die Angeklagten angeschlossen haben sollen.
Quelle: Berliner Zeitung | 17.10.2009 | http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/142643/142644.php
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