V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r
Vor dem Kammergericht Berlin findet derzeit ein Verfahren statt, in dem mehrere Angeklagte beschuldigt werden, als Mitglieder einer angeblichen „militanten gruppe“ versucht zu haben, Bundeswehrfahrzeuge anzuzünden.
Die Hauptverhandlung wird vom Bundeskriminalamt (BKA) beobachtet. In einem Schreiben des BKA an das Berliner Kammergericht, das während des Verfahrens verlesen wurde, heißt es, die Beobachtung geschehe „zu Informationszwecken“.
Neben Aus- und Fortbildungszwecken soll die Beobachtung „aber auch als Grundlage für die Unterrichtung der Leitung des BKA und der politischen Entscheidungsträger dienen“. Es sollten auch Lageerkenntnisse, „z. B.Resonanz des Umfeldes der Beschuldigten“und Erkenntnisse „aus dem Bereich des linken Spektrums“, gewonnen werden. Außerdem geht es dem BKA darum, „möglicherweise mit der Verhandlung in Verbindung stehende Aktionen sympathisierende(r) Personen/Gruppen zu bewerten und entsprechend zu reagieren“.
Diese Sätze lassen deutlich erkennen, dass das BKA alle, die das Verfahren besuchen und vom BKA als „links“klassifiziert werden, für verdächtig hält. Die Betroffenen müssen demzufolge damit rechnen, dass in Lageberichten an dieBKA-Leitung und an „politische Entscheidungsträger“ihre Prozessteilnahme erwähnt und ihre Daten in entsprechenden Amts- und Falldateien gespeichert werden. Das lässt Verstöße gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung befürchten, davon abgesehen drängt sich der Verdacht auf, dass Prozessbesucher/ Prozessbesucherinnen und allgemein Freunde und Bekannte der Beschuldigten eingeschüchtert werden sollen.
Die Fragesteller können nicht erkennen, warum das BKA pauschal und ohne konkreten Verdacht Erkenntnisse „aus dem Bereich des linken Spektrums“ gewinnen sollte. Gemeinhin wird das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) für derartige Zwecke, wo es um die Beobachtung linker Zusammenhänge geht, in Anspruch genommen. Dies haben die Fragesteller wiederholt als illegitime Diffamierung linker Gruppen kritisiert. Besser wird das allerdings nicht, wenn nun das BKA diese Aufgabe übernimmt.
Grundsätzlich sind Hauptverhandlungen sowie die Verkündigung von Urteilen und Beschlüssen öffentlich (§ 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Die prozessbeobachtenden Personen aus dem Bundeskriminalamt (BKA) haben den
gleichen rechtlichen Status wie alle anderen Vertreter der Öffentlichkeit. Die Einholung einer Zustimmung der Vorsitzenden Richterin/des Vorsitzenden Richters zur Prozessbeobachtung durch die Polizei ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern erfolgte im vorliegenden Fall aufgrund interner Regelungen des BKA.
Ein Auftrag der Bundesregierung lag nicht vor.
Die Prozessbeobachtung wird durch das BKA als der in diesem Fall von der Bundesanwaltschaft mit der Ermittlungsführung beauftragten Behörde mit dem Ziel geführt, neue im Rahmen der geführten Ermittlungen bisher nicht bekannt gewordene Hinweise unmittelbar aufzunehmen und polizeilich zu bewerten. Zudem dient sie Aus- und Fortbildungszwecken, um die Arbeiten der ermittlungsführenden Polizeibehörde mit Blick auf die Bedarfslage der erkennenden Gerichte zu optimieren.
Das für die Dienst- und Fachaufsicht über das BKA zuständige Bundesministeriumdes Innern und die Leitung des BKA wurden im Rahmen der allgemeinen Lagedarstellung anlassbezogen unterrichtet.
Aufgrund der bereits im Vorfeld feststellbaren bzw. absehbaren Reaktionen zum Prozess aus dem Bereich des linken Spektrums musste mit „Aktionen“, d. h. polizeilich relevanten Sachverhalten wie eine mögliche Gefährdung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung oder das Begehen von Straftaten, im Zusammenhang mit dem Prozess gerechnet werden.
Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen.
Auf die Antwort zu den Fragen 6 und 7 wird verwiesen.
Nein.
Ein Auftrag zur Erhebung von Erkenntnissen über diesen Personenkreis liegt nicht vor.
Das Anfertigen von Fotokopien von den Ausweisen der Prozessbesucher/innen ist eine Maßnahme der Justiz gemäß § 176 GVG. Weder das BKA noch eine andere Bundesbehörde haben Zugriff auf diese Kopien.
Das BKA führt Prozessbeobachtungen nach Einzelfallprüfungen durch. Einezahlenmäßige und inhaltliche Erfassung findet nicht statt. In der Vergangenheit erfolgte eine Unterrichtung des Bundesministeriums des Innern in Einzelfällen, wie z. B. im so genannten Kofferbomberfall, in dem die im Sommer 2006 fehlgeschlagenen Anschläge auf Regionalzüge Gegenstand
des Strafverfahrens sind.
Nein.
Auf die Antwort zu Frage 1 und die Tatsache, dass die Prozessbeobachtung durch das BKA mit Zustimmung des erkennenden Gerichts stattfindet, wird verwiesen. Eine „einschüchternde“ Wirkung ist daher nicht ersichtlich.