Zur Entscheidung des BGH über die Haftbeschwerde von Axel H., Florian L. und Oliver R.

Pressemitteilung, 29. November 2007

Gestern hat der Bundesgerichtshof (BGH) über die Haftbeschwerde der drei Antimilitaristen Oliver R., Florian L. und Axel H. entschieden und damit über die Frage, ob der Antiterrorismus-Paragraph 129a, der deutsche Gesinnungs- und Ausschnüffelungsparagraph, weiter Haftgrund bleiben soll oder nicht.

Der Bundesgerichtshof ist der Anklage der Bundesanwaltschaft (BAW) nicht gefolgt, sondern hat die den Inhaftierten vorgeworfene versuchte Brandstiftung an Bundeswehrlastwagen nicht als terroristischen, sondern als kriminellen Akt definiert. "Wir freuen uns für die Gefangenen über die Konsequenzen dieser Entscheidung, nämlich dass die Haftbefehle – nach fast 4 Monaten Haft unter den Bedingungen des §129a - außer Vollzug gesetzt sind," so Maria  Müller vom Bündnis  zur Einstellung der §129a-Verfahren in Berlin.

"Dennoch protestieren wir gegen die Politik der Ausschnüffelung linker Szenen, die die Anwendung des §129a in diesem Verfahren ebenso wie in anderen laufenden §129a Verfahren längst ermöglicht hat. Wir protestieren gegen die Politik der Überwachung, die mit massiver Bespitzelung, Strategien so genannter „präventiver Kriminalitätsbekämpfung“ arbeitet, mit dem Ziel der Ausforschung linker Szenen und der Einschüchterung des politischen und persönlichen Umfeldes der Angeklagten."

Im Zentrum des Protestes stehe aber für das Bündnis die in der Entscheidung des BGH aufrechterhaltene Kriminalisierung antimilitaristischen Widerstandes: "Wir protestieren gegen die Unverhältnismäßigkeit dieser Entscheidung – dagegen, dass eine direkte Aktion des aktiven Abrüstens, der Versuch Kriegsmaterial, unschädlich zu machen, als Verbrechen, als krimineller Akt eingestuft wird. Demgegenüber gelten die eigentlichen kriminellen Akte, die im Zuge von deutschen Kriegseinsätzen geschehen, insbesondere Angriffe auf Zivilbevölkerungen -  genannt „Kollateralschäden“ – als legitim und bleiben die dafür Verantwortlichen straflos. Die Anti-Kriegs-Aktion, die den drei Beschuldigten vorgeworfen wird, verstehen wir als Beitrag zu antimilitaristischen Bewegungen und Friedensbewegungen, die seit dem Jugoslawienkrieg gegen deutsche Kriegseinsätze protestieren. Dieser Krieg etablierte neue Verhältnisse einer deutschen „Normalität“ – er erinnerte aber auch so manche daran, dass es ein im Grundgesetz verankertes Recht des Widerstandes gegen völkerrechtswidrige Kriege gibt."

Die Normalisierung von militärischen Auslandseinsätzen zur Absicherung geopolitischer Strategien Deutschlands oder der EU in der Sicherung von Einflusszonen, Wirtschaftsmärkten und Rohstoffquellen und auch die schleichende Militarisierung von Innenpolitik machen demgegenüber die verschiedensten Formen des Widerstandes, antimilitaristische Kampagnen, Bewegungen und Aktionen notwendig. "Wenn wir bedenken, in welchem Maße wir es in den letzten Jahren mit einer Militarisierung deutscher Innen- und Außenpolitik zu tun haben – durch die Ausweitung von deutschen Kriegseinsätzen, die Aufstockung des Rüstungsetats, den Aufbau von EU-Eingreiftruppen, die zivil-militärische Kooperation im Innern, den Versuch, das Kriegsrecht anlässlich des Abschussrechtes für zivile Flugzeuge einzuführen, begleitet von einer massiven Werbung von Arbeitslosen und Jugendlichen für die Bundeswehr - dann können wir nur erklären: Die Bundesregierung und die Bundeswehr als ausführendes Organ sind die eigentliche kriminelle Vereinigung. In diesem Sinne müssen die Verfahren gegen Axel H., Oliver R. und Florian L. und alle anderen 129a-Beschuldigten sofort eingestellt werden," forderte die Bündnissprecherin.