Webseite, Prozessberichte und eigene Zeitung

aus dem Buch "Das zarte Pflänzchen der Solidarität gegossen. Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)", S. 39f, ISBN 978-3-942885-00-3, edition assemblage, März 2011.

In der Öffentlichkeitsarbeit war der erste Schritt – wie heute üblich – die Webseite. Dort sind alle uns bekannten Presseartikel, Erklärungen, Audiofeatures, Plakate etc. dokumentiert. Außerdem haben wir mit einem Newsletter regelmäßig über aktuelle Entwicklungen informiert. Die Prozessbegleitung, vor allem die Prozessberichte der Schreiber_innen, waren ein wichtiger und zentraler Teil der Webseite. Die Gruppe der Prozessschreiber_innen war eine eigene Struktur. Die Personen haben sich abgewechselt, waren während der insgesamt 63 Verhandlungstage oft zu zweit anwesend und haben danach oft stundenlang noch zusammengesessen und geschrieben. Das war viel Arbeit. Aber sie hat sich gelohnt. Die Prozessberichte waren sehr wichtig, um Öffentlichkeit zu schaffen und zu belegen: Die Gegenseite hält sich noch nicht mal an ihre eigene Regeln. So konnte der Prozess auch außerhalb von Berlin verfolgt werden. Und viele haben dieses Angebot genutzt. Auch BKA, BAW und Gericht lasen regelmäßig unsere Berichte. Die Polizeizeug_innen haben sich mit ihnen auf den Prozess vorbereitet. Wir haben dies gewusst und in Kauf genommen, denn entscheidend für uns war, dass auf diese Weise viele Menschen den Prozess auch außerhalb des Gerichtssaals verfolgen konnten.

Wie bei anderen Schritten, in denen wir an die Öffentlichkeit gingen, gab es zu Beginn bezüglich der Webseite viele Diskussionen darüber, was wir veröffentlichen und in welcher Struktur. Auch hier ließen die Diskussionen nach, irgendwann blieb die Pflege der Webseite an wenigen Personen hängen, die die Webseite ohne größeren Austausch bestückten. Auch in diesem Fall hat sich ein Vertrauen entwickelt, das sich durch stillschweigende Zustimmung ausdrückte. Die Ausrichtung war klar, die konkrete Arbeit haben dann wenige übernommen. Vor allem durch die Öffentlichkeitsarbeit und unsere Aktivitäten ist ein Eindruck von uns entstanden, der nicht real war. Ironisch könnte mensch festhalten, dass wir es gut hinbekommen haben, zu vermitteln, dass wir viele sind und viel leisten. Faktisch waren wir gar nicht so gut aufgestellt. Wir hätten Unterstützung gebrauchen können.
Unsere Zeitung „Ende einer Dienstfahrt“ ist bislang in fünf Ausgaben erschienen. Die Zeitung lag immer der Tageszeitung „junge Welt“ bei, die erste Ausgabe auch der „taz“, die zweite Ausgabe der „Graswurzelrevolution“. Damit konnten wir mit unseren eigenen Inhalten direkt Leser_innen erreichen, ohne auf die Vermittlung durch Dritte angewiesen zu sein.